Ein unmoralisches Angebot
diese Verwahrlosung zugelassen hat!“ Ihre Miene erhellte sich. „Ich habe mich gefragt, was ich anfangen soll, derweil du deiner geheimnisvollen Aufgabe nachgehst, mein Schatz! Nun, jetzt habe ich die Antwort gefunden! Ich werde Ordnung in Blanchland schaffen und für Sauberkeit sorgen!“
In Gedanken zog Sarah bei der Vorstellung, wie Amelia wie ein neuer Besen durch das Haus fegte, die Augenbrauen hoch. Sie war überzeugt, ihr Vetter werde über diese Aussicht entsetzt sein.
„Du wirst mir erzählen, worum das ganze Geheimnis ging, wenn du es aufgeklärt hast, nicht wahr?“, fragte Amelia in bittendem Ton und zeichnete mit der Zeigefingerspitze das Muster auf der Bettdecke nach. „Ich weiß, es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, aber ich hasse Geheimnisse!“
„Natürlich!“ Sarah berührte die Hand der Cousine. „Es tut mir leid, Milly, dass ich so geheimnisvoll tun muss. Lediglich die Tatsache, dass es nicht an mir ist, die Geschichte zu erzählen, hält mich davon zurück, dich einzuweihen!“
„Sir Ralph schien nicht sehr neugierig gewesen zu sein“, bemerkte Amelia nachdenklich. „Ich bin überrascht, dass er dich nicht beharrlicher nach den Gründen für deine Anwesenheit gefragt hat!“
„Ich glaube, er war zu verlegen“, meinte Sarah kichernd. „Der arme Ralph! Ich denke, er befürchtet, wir könnten ihm seine Nachtschwärmereien vergällen!“
„Nun, wir könnten das versuchen!“ Amelia stand auf. „Ich habe darüber nachgedacht, Sarah, welche Gründe Renshaw haben mag, uns zu begleiten. Ich weiß, du hast gesagt, sein Vater habe das angeordnet, aber bist du sicher, dass er nicht auch hergekommen ist, weil er in deiner Nähe sein will? Mir scheint, er ist hinter dir her, auf die eine oder andere Weise!“
Sarah spürte verräterische Röte in die Wangen steigen. Sie war nicht sicher, ob es schlimmer wäre, Amelia die Wahrheit über Lord Renshaws Heiratsantrag zu berichten oder sie dadurch abzulenken, indem sie ihr erzählte, was sie am vergangenen Abend zufällig gehört hatte. Doch das hätte zu viele Erklärungen bedeutet. Außerdem wusste sie, dass Amelias Hauptinteresse der romantischen Seite des Falls galt.
„Nun, Lord Renshaw hat mir ein Angebot gemacht, Milly, aber die Sache ist überhaupt nicht so, wie du denkst!“
Verständlicherweise sah Amelia verwirrt aus. „Ein Angebot? Nicht so, wie ich denke? Bitte, was denkst du, was ich denke, Sarah?“
„Nein, ich meine, die Sache ist überhaupt nicht romantisch.“ Sarah hielt inne, weil sie gemerkt hatte, dass sie alles nur noch komplizierter machte. „Das heißt, Lord Renshaw hat mir den Schutz seines Namens in mehr oder weniger der gleichen Weise angeboten, wie Sir Greville das bei dir getan hat! Hast du mich jetzt begriffen?“
„Oh, ich verstehe!“ Amelias Miene erhellte sich. „Mir scheint, die Herren leiden an einer überaus großen Anwandlung von Ritterlichkeit“, fügte sie in ätzendem Ton hinzu. „Was hast du Renshaw geantwortet, Sarah?“
„Ich habe ihm gesagt, er könne sich die Mühe sparen. Ich gebe zu, dass ich nicht sehr nett gewesen bin, aber ich fand sein Verhalten anmaßend und arrogant.“
„Er hat dir den Heiratsantrag nicht gemacht, weil er sich beim Ball dir gegenüber so benommen hat?“, erkundigte Amelia sich leichthin. „Falls er begriffen hat, dass er ein anständiges Mädchen schlecht behandelt hat …“
Sarah errötete stark. „Nein! Er hat den … Zwischenfall nicht erwähnt, jedoch geäußert …“ Zögernd hielt sie inne. „Er hat geäußert, er bedauere die Dinge, die er zu mir gesagt hat, bereue jedoch nicht, was er getan habe!“
„Nun, das war wenigstens ehrlich!“ Amelia lachte. „Warum hast du ihn nicht erhört, Sarah? Du weißt, dass du ein Faible für ihn hast.“
„Das habe ich nicht!“, widersprach Sarah hitzig. Sie fing einen amüsierten Blick der Cousine auf und fügte ein wenig beschämt hinzu: „Ich gebe zu, dass der Viscount ein ungemein attraktiver Mann ist, und vielleicht habe ich früher eine Schwäche für ihn gehabt, aber damit ist es längst aus! Wirklich, ich habe ein Dutzend Gründe dafür, dass ich ihn nicht erhört habe. Ich finde ihn viel zu überheblich und sich seiner Wirkung zu sicher! Und das müsstest vor allem du verstehen, Amelia, denn du kannst Sir Grevilles anmaßendes Benehmen nicht ausstehen!“
Amelia kräuselte die Lippen. Sie war so abgelenkt, wie Sarah das beabsichtigt hatte. „Nein, das kann ich wirklich
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