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Ein unmoralisches Angebot

Ein unmoralisches Angebot

Titel: Ein unmoralisches Angebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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war klar, dass der andere etwas verschwieg. Man begann, sich über Blanchland zu unterhalten, ein Thema, das bis zum Haus ergiebig war und von dem sie beide wussten, dass es nur ein Vorwand war, um nicht über wichtigere Dinge reden zu müssen.
    Amelia hatte es mit Hilfe des Hausmädchens geschafft, die Eingangshalle zu säubern und ihr ein freundlicheres Aussehen zu geben. Sarah hörte jemanden die Treppe herunterkommen und sah die Cousine missbilligend die Lippen zusammenkneifen, nachdem sie Mary in den Dienstbotenflügel geschickt hatte. Sarah zog die Augenbrauen hoch.
    „Nanu, nanu, wen haben wir denn hier?“
    Die Stimme hatte ölig geklungen. Sarah fand, der auf dem Treppenabsatz stehende Mann mache einen schmierigen und verderbten Eindruck. Er war hoch gewachsen und dünn und ganz in Schwarz gekleidet. Ein Einglas hing an einer Goldkette um seinen Hals. Sarah schätzte ihn auf ungefähr vierzig Jahre, doch der Ausdruck in seinen Augen, der gleichzeitig misstrauisch und wissend war, ließ vermuten, dass er in seinem Leben schon genug gesehen hatte. Das war also einer von Ralphs Gästen und vielleicht sogar einer von Olivias Verehrern.
    „Ich nehme an, Sie sind die ehrenwerte Miss Sheridan“, sagte er und lächelte in leicht raubtierhafter Weise. Sein vorspringendes spitzes Kinn erinnerte Sarah an den Schnabel eines Raubvogels. Er hatte die Halle erreicht und verneigte sich. „Wir haben von Ihrer Ankunft gehört. Entzückt, Sie kennenzulernen, meine Liebe. Ich bin Lord Allardyce. Stets zu Ihren Diensten.“
    Er blieb vor Sarah stehen und hob ihre Hand zum Kuss an die Lippen. Sein Blick schweifte über sie. „So ein Vergnügen, nach einem Aufenthalt in diesem Haus pure Unschuld zu treffen!“
    Sarah merkte, dass Lord Renshaw sich versteifte. Sein Gesicht sah aus, als sei es gemeißelt. Er verneigte sich knapp und so kurz, dass man es beinahe als beleidigend hätte empfinden können.
    „Guten Tag, Allardyce!“
    „Guten Tag, Renshaw!“ Lord Allardyce schien Lord Renshaws frostigen Ton nicht bemerkt zu haben. „Ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, alter Junge!“ Er warf Sarah einen Blick zu. „Ich glaube, als wir uns das letzte Mal in London trafen, haben Sie diese entzückende Opernsängerin ausgehalten! Gut zu sehen, dass Ihr Geschmack sich verbessert hat!“
    Flüchtig presste Guy die Lippen zusammen. „Miss Sheridan ist die Patentochter meines Vaters, und ich bin hier, um ihr in einer Familienangelegenheit behilflich zu sein“, erwiderte er steif. „Ich gehe nicht davon aus, dass sie länger als absolut nötig hierbleiben will!“
    „Das nehme ich an!“ Lord Allardyce zuckte affektiert mit den Schultern. Seine dunklen Augen glänzten. „Das Haus ist schmutzig und das Essen abscheulich! Ich versichere Ihnen, ich war im Begriff abzureisen, aber dann hat Miss Sheridans Ankunft alles sehr viel interessanter gemacht!“
    Guy machte einen Schritt auf Allardyce zu. Sarah sah ihm an, wie angespannt er war. Er war kurz davor zu platzen.
    „Ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden, Allardyce.“
    Einen Moment lang wirkte Lord Allardyce unschlüssig, dann lachte er. „Ich habe verstanden, Renshaw. Die untadelige Miss Sheridan ist tabu, für Sie ebenso wie für mich!“ Er drehte sich um und schlenderte in bewusst aufreizender Haltung davon. „Zu schade! Aber letzten Endes gibt es in diesem Haus noch mehr Vergnügungen!“
    Guy sah beinahe mordlüstern aus. Er ging einen Schritt hinter dem sich entfernenden Lord Allardyce her, doch Sarah legte ihm die Hand auf den Arm und hielt ihn zurück.
    „Nein! Das ist die Sache nicht wert!“
    Einen Moment lang sah er so wütend aus, dass Sarah befürchtete, er habe sie nicht gehört. Dann glättete seine Miene sich jedoch, und kurz legte er die Hand auf die ihre.
    „Ich bitte um Entschuldigung, Miss Sheridan. Ich wünschte, Sie hätten das nicht hören müssen.“
    „Nicht der Rede wert“, erwiderte sie mit leicht bebender Stimme. „Ich glaube, ich werde, wenn ich hierbleibe, noch Schlimmeres zu hören bekommen!“
    „Ja.“ Guys Miene wirkte grüblerisch. „Das kann sehr gut zutreffen! Aber ich bitte Sie, Miss Sheridan, vor Allardyce auf der Hut zu sein. Er ist …“ Guy hielt inne. „Er ist widerwärtig und niemand, mit dem Sie Umgang haben sollten!“
    Sarah fragte sich, ob das der Grund sei, weshalb Amelia das kleine Hausmädchen so hastig fortgeschickt hatte. Als sie die Treppe hinaufging, um sich für das Abendessen umzuziehen, dachte sie

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