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Ein unmoralisches Angebot

Ein unmoralisches Angebot

Titel: Ein unmoralisches Angebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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habe gehofft, dass du mir etwas über sie erzählen kannst, Tante Sarah!“
    Sarah überlegte nicht lange, stand auf und schloss die Nichte in die Arme. „Ich weiß nicht, wer dir gesagt hat, dass deine Mutter eine Bedienstete war, Olivia. Selbst wenn das zuträfe, würde es keine Rolle spielen! Wir beide wissen, dass dein Vater mein Bruder ist, und das macht dich zu einer Sheridan. Nachdem ich jetzt das Medaillon gesehen habe, bin ich vielleicht imstande herauszufinden, wer deine Mutter war. Hab Geduld! Ich werde tun, was ich kann!“
    Olivia drückte die Tante. „Es ist genug, dass ich dich gefunden habe, Tante Sarah, mehr als genug, denn ich kann mein Glück kaum fassen!“
    Sarah schluckte und ließ Olivia los. „Es ist auch für mich schön, Verwandte zu haben! So, hat Tom einen raffinierten Plan, wie er dich heimlich aus dem Haus bringen kann?“
    Olivia zog den Mantel an. „Ich muss zum Dienstboteneingang. Tom wartet da!“ Ihre Augen glänzten vor Aufregung. „Das ist alles sehr dramatisch, nicht wahr?“
    „Sehr!“, stimmte Sarah zu und fragte sich, ob es an ihrem Alter lag, dass sie ein etwas ruhigeres Leben vorzog. „Tom erwartet doch bestimmt nicht von dir, dass du die Haupttreppe hinuntergehst, nicht wahr? Er enttäuscht mich! Ich hatte mir etwas viel Einfallsreicheres vorgestellt!“
    Sie ging zur Tür. „Ich gehe zuerst hinaus und sehe nach, ob die Luft rein ist. Halte dich in den nächsten Tagen gut versteckt, Olivia, und falls du mich brauchen solltest, lass mir durch Tom eine Nachricht zukommen. Sobald deine Mama reisefähig ist, werden wir nach Bath aufbrechen!“
    Sarah küsste die Nichte auf die Wange. „So, sei vorsichtig! Ich werde dich bald sehen, denn wir haben noch viel zu besprechen!“
    Sie sah die Nichte die Treppe hinuntereilen und im Schatten verschwinden. Mit leisem Klicken schloss sich die Tür zum Dienstbotenflügel hinter Olivia, und Sarah kehrte in ihr Zimmer zurück. Ohne Olivias belebende Anwesenheit kam es ihr sehr still vor. Sie seufzte. Sie musste über vieles nachdenken, aber sie war zu müde, um das jetzt noch zu tun. Erschöpft kleidete sie sich zur Nacht um und schlief beinahe umgehend ein.
    Am nächsten Tag erzählte sie Amelia auf deren Drängen hin, warum sie zum Zierturm gegangen war, und berichtete ihr von Olivia. Das Einzige, was sie nicht erwähnte, war die offenkundige Ähnlichkeit der Nichte mit der Familie des Viscounts.
    „Dieser abscheuliche Allardyce!“, äußerte Amelia seufzend. „Können wir Olivia nicht sofort von hier wegbringen?“
    Langsam schüttelte Sarah den Kopf.„Ich wünschte, wir könnten das tun, Milly, aber Mrs. Meredith wird ihre Adoptivtochter kaum Fremden anvertrauen! Ich befürchte, wir müssen einige Tage warten, so schwer uns das auch fallen mag!“
    Amelia nickte resignierend. Sarah überlegte, ob sie Lord Renshaw von Olivia erzählen solle, entschied jedoch, es sei besser, das zu unterlassen. Je weniger Leute wussten, dass sie Olivia getroffen hatte, desto besser. Aber irgendwann musste sie mit ihm reden. Sobald jemand ihre Nichte sah, würde er sofort die Ähnlichkeit mit seiner Familie bemerken, doch ehe das geschah, musste Sarah die Wahrheit herausgefunden haben. Das Herz war ihr schwer bei dem Gedanken, dass sie mit dem Viscount über Olivia reden musste.
    Entschlossen, die ihr aufgezwungene Wartezeit so gut wie möglich zu verbringen, ging sie zum See und traf Tom Brookes in dem alten, verfallenen, am Ufer stehenden Sommerhaus an. Er reinigte Schlittschuhe, entfernte Spinnen, die sich in den Stiefeln eingenistet hatten, und polierte die Kufen auf Hochglanz. Sarah war erst wenige Augenblicke bei ihm, als plötzlich Lord Renshaw die Hütte betrat.
    „Guten Morgen, Miss Sheridan! Haben auch Sie vor, Schlittschuh zu laufen, Madam?“
    „Warum nicht?“, erwiderte sie steif. „Der Tag ist zu schön, um im Haus zu bleiben!“ Sie wandte sich zu Tom Brookes um. „Vielleicht wären Sie so gut, auch meine Schlittschuhe zu polieren, wenn Sie mit Lord Renshaws fertig sind, Tom. Sie sind alt, aber ich hoffe, sie passen mir noch!“
    „Und in der Zwischenzeit könnten Sie mit mir rodeln gehen, Miss Sheridan!“, schlug Guy vor. „Der Schlitten wurde schon von Tom hergerichtet, und ich bin geneigt, ihn auf dem langen Abhang hinter dem Haus auszuprobieren!“
    Er bedankte sich bei Mr. Brookes, nahm den Schlitten hoch und trat beiseite, damit Miss Sheridan vor ihm aus der Hütte gehen konnte. Der Schnee glitzerte in der Sonne.

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