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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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entschuldigendes Lächeln veranlasste ihn, die Zeitung wegzulegen, aufzustehen und sie fest und zugleich zärtlich zu umarmen.
    »Pass auf!«, rief sie und hielt die heiße Kanne möglichst weit auf Abstand.
    Aber wenn sich solche Gefühle in ihm regten, scherte er sich nicht um heiße Kannen. Dann musste er sie einfach in die Arme schließen und ihr sagen, wie sehr er sie liebte.
    Sie stellte die Kanne auf den Tisch und ließ sich von ihm hochheben.
    »Du bist so stark«, flüsterte sie ihm spöttisch ins Ohr.
    Er trug sie zum Bett und ließ sie auf die Tagesdecke sinken.
    »Dabei habe ich das Bett gerade erst gemacht«, erklärte sie, lachte laut und schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr die Haare wieder ins Gesicht fielen.
    Er strich Strähne für Strähne fort, küsste sie und knöpfte sein Hemd auf. Als er sich auf sie legte, war sein Körper gespannt wie ein Bogen.
    Sie war so zierlich, dass er es nicht wagte, sich mit seinem vollen Körpergewicht auf sie zu legen, gleichzeitig wollte er ihr jedoch möglichst nahe sein. Was er empfand, war stärker als alles andere. Er fühlte sich vollkommen frei, und wenn sie ihm entgegenkam, war es jedes Mal, als liefe ein heißer Stoß durch seinen Körper. Sie war so zart, so schön und schenkte ihm ungeahnte Lebenskraft, die vom Unterleib zu seinem Gehirn und wieder zurück strömte. Es war wie der Kreislauf des Lebens.
    Nichts, dachte er, nichts kann natürlicher sein als das. Als so vollkommen zu lieben.
    Die Wanduhr tickte, jeder Schlag schien durch den Raum zu hallen und zu verklingen, sobald das nächste Ticken ertönte, eine Art Rückkoppelung, die sich mit ihren Atemzügen vermischte, die nun tief und träge, nicht mehr atemlos wie kurz zuvor waren.
    Sie lagen nebeneinander auf dem Rücken. Andreas zündete sich eine Zigarette an und summte etwas vor sich hin, ohne genau zu wissen, was es war. Aber die Melodie klang vertraut, und er machte mehr als eine Minute weiter, ehe er innehielt und dachte: Tschaikowskis Violinkonzert, das er schon immer so geliebt hatte. Er begann von Neuem.
    »Andreas«, sagte Madeleine.
    »Ja?«
    Er hörte auf zu summen.
    »Woran denkst du?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja«, sagte Madeleine und wandte sich ihm zu, »du warst heute Morgen so schweigsam.«
    »War ich?«
    »Nein, vielleicht nicht schweigsam, aber irgendwie … verschlossen, in dich gekehrt. Und dann hast du dich den halben Morgen gewaschen. Das tust du doch sonst nie.«
    »Hab ich das getan? Daran erinnere ich mich gar nicht.«
    Sein Blick schweifte ab.
    »Madeleine … du weißt doch, dass ich dir niemals wehtun würde? Ich meine, absichtlich … das weißt du doch, oder?«
    »Wie dumm du bist, natürlich weiß ich das.«
    Sie kicherte, und er konnte nicht anders und ließ sich davon anstecken, es war so unglaublich entwaffnend. Er drehte sich auf die Seite und küsste sie auf die Stirn.
    »Und woran denkst du, geliebte Ehefrau? Außer an meine morgendlichen Hygienegewohnheiten.«
    Sie schien einen Moment zu überlegen, spitzte den Mund und runzelte die Stirn.
    »Ich habe diese Nacht so seltsam geträumt. Glaubst du, dass man nur von dem träumt, was man verdrängen will, wenn man wach ist, oder können es auch Dinge sein, die man noch einmal erleben will?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er. »Da musst du meinen Bruder fragen.«
    Erst wurde es ganz still, dann lachten sie, fast schon besinnungslos. Und als es abebbte, bekam es gleich darauf wieder neuen Schwung, und sie bogen sich vor Lachen. Sie fühlten sich wie zwei Siebzehnjährige, lächerlich und kindisch, aber auf eine herrlich frisch verliebte Art.
    »Aber jetzt mal im Ernst. Was glaubst du?«
    »Bevor du mir nicht erzählt hast, wovon du geträumt hast, glaube ich gar nichts.«
    »Das werde ich dir nicht erzählen!«
    »Warum nicht?«
    »Ein paar Geheimnisse darf ich hoffentlich auch noch haben, oder etwa nicht?«
    »Du darf so viele Geheimisse haben, wie du willst. Aber wenn du meine Einschätzung hören willst, muss ich wissen, worum es in deinem Traum ging.«
    »Du verhandelst mit harten Bandagen. Ich sage nur so viel: Er handelte von dir.«
    »Tja, dann kann es wohl kaum um Verdrängung gehen. Das ist meine Expertenmeinung.«
    »Dann darf ich dich beim Wort nehmen«, sagte sie und drehte sich so, dass sie auf seinem Bauch landete. Sie küsste ihn, und ihre offenen Haare umschlossen sie beide. Sie streichelte seinen Brustkorb, zog mit dem Zeigefinger darüber und beschrieb kleine Muster.
    »Kannst du noch

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