Ein Vampir für alle Fälle
Und sie wird Sandra Pelt nicht mehr gehorchen wollen. Körperlich wird sie gar nicht darunter leiden.«
»Wird es sie denn seelisch verändern?«
»Nein«, schaltete Octavia sich ein. »Und es ist kein so radikaler Zauberbann wie der zum Beispiel, bei dem sie einfach die Gegend verlassen und nie mehr zurückkehren würde.«
Darüber dachte Calvin kurz nach. »Irgendwie mag ich das alte Mädchen ja«, sagte er. »Sie ist so lebhaft. Aber ich bin natürlich auch besorgt über den Unfrieden, den sie zwischen Crystal und Jason stiftet, und ich würde gern was gegen Crystals Verschwendungssucht tun. Denn so kann es nicht weitergehen.«
»Sie mögen sie?«, fragte ich. Es sollten alle Karten auf dem Tisch liegen.
»Wie gesagt.«
»Nein, ich meine, Sie mögen sie?«
»Nun, wir beide ... wir haben schon einige schöne Abende miteinander verbracht.«
»Sie wollen also nicht, dass sie die Gegend verlässt«, sagte ich. »Sie wollen lieber das andere ausprobieren.«
»Darauf läuft's hinaus. Denn mit einem haben Sie recht: Tanya kann nicht hierbleiben und weitermachen wie bisher. Entweder ihr Verhalten ändert sich, oder sie verlässt die Gegend.« Das Letzte schien ihn unglücklich zu machen. »Arbeiten Sie heute, Sookie?«
Ich sah auf den Wandkalender. »Nein, heute habe ich frei.« Ich hatte sogar zwei Tage hintereinander frei.
»Dann werde ich sie mir schnappen und sie heute Abend hierherbringen. Bleibt den Ladys dann noch genug Zeit?«
Die beiden Hexen blickten einander an und berieten sich schweigend.
»Ja, das reicht uns«, meinte Octavia schließlich.
»Ich bringe sie gegen sieben her«, sagte Calvin.
Das lief ja alles unerwartet reibungslos.
»Danke Calvin«, sagte ich, »das hilft uns ungemein.«
»Es schlägt einen Haufen Fliegen mit einer Klappe«, erwiderte Calvin. »Falls es nicht funktioniert, werden diese beiden Ladys hier allerdings nicht gerade zu meinen Freunden zählen.«
Die Hexen wirkten nicht sonderlich glücklich.
Calvin musterte Bob, der eben zur Tür hereingelaufen kam. »Hallo, Bruder«, sagte er zu dem Kater und warf dann Amelia einen skeptischen Blick zu. »Sieht aus, als würde das mit Ihrer Magie nicht immer funktionieren.«
Amelia wirkte schuldbewusst und angriffslustig zugleich. »Es wird schon klappen«, sagte sie entschlossen. »Sie werden sehen.«
»Ich hoffe es.«
Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir die Nägel zu machen, Wäsche zu waschen, Bettlaken zu wechseln - all die Dinge eben, die man an freien Tagen so erledigt. Ich ging in die Bücherei, gab Bücher ab, lieh neue aus, ohne dass irgendetwas Unerwartetes passierte. Zum Glück hatte eine von Barbara Becks Teilzeithilfen Dienst. So musste ich die entsetzliche Messerattacke nicht noch einmal durchleben, was mir jetzt sicher eine ganze Zeit lang bei jeder Begegnung mit Barbara blühen würde. Mir fiel auf, dass der Blutfleck vom Fußboden verschwunden war.
Danach ging ich in den Supermarkt. Kein Angriff von Werwölfen, kein Überfall von Vampiren. Niemand versuchte mich oder irgendwen, den ich kannte, umzubringen. Keine geheimen Verwandten, die sich plötzlich zu erkennen gaben, und niemand, der versuchte, mich in seine Probleme hineinzuziehen, seien es eheliche oder andere.
Ich war schon geradezu stinknormal, als ich wieder nach Hause kam.
Heute Abend war ich mit Kochen dran, und ich hatte mich für Schweinekoteletts entschieden. Ich machte eine große Menge meiner Lieblingspanade, tunkte das Fleisch in Milch und wendete es dann in der Mischung, so dass es nur noch in die Röhre musste. Dann bereitete ich Bratäpfel zu, mit Rosinen, Zimt und Butter, schob sie in den Ofen und setzte noch einen Topf mit Erbsen und Mais aus der Dose, leicht gesalzen und bei niedriger Temperatur, auf den Herd. Nach einer Weile öffnete ich die Backröhre und tat das Fleisch dazu. Einen Augenblick dachte ich daran, auch noch Kekse zu backen, aber es kamen auch so schon genug Kalorien zusammen.
Während ich kochte, beratschlagten sich die Hexen im Wohnzimmer. Die beiden schienen sich prächtig zu verstehen, und ich konnte Octavia ihrer Schülerin in dozierendem Ton etwas erklären hören. Amelia warf gelegentlich eine Frage ein.
Ich führte einige Selbstgespräche, während ich in der Küche hantierte, und hoffte, dass dieses Magieritual auch wirklich funktionierte. Sicher, ich war den Hexen dankbar, dass sie mir so bereitwillig halfen, aber ich fühlte mich auch etwas an den Rand gedrängt im häuslichen Miteinander. Als
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