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Ein Vampir für alle Fälle

Ein Vampir für alle Fälle

Titel: Ein Vampir für alle Fälle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Film den Abwasch mit einem einzigen Wink des Zauberstabs erledigen könnte. Doch als ich das mal ansprach, schnaubte sie bloß verächtlich.
    Das Haus war blitzblank. Und auch wenn ich mich nicht darüber aufregen wollte, bemerkte ich doch, dass Amelia sogar in meinem Schlafzimmer gesaugt hatte. Unsere eiserne Regel lautete eigentlich, dass wir das Zimmer der anderen nicht betraten.
    »Ich war übrigens in deinem Zimmer, tut mir leid«, sagte Amelia plötzlich, und ich schrak zusammen - ich, die Gedankenleserin. »Eine meiner verrückten Eingebungen, die ich manchmal habe. Ich war beim Staubsaugen und dachte, da mache ich den Teppich bei dir doch auch gleich. Und ehe ich noch drüber nachdenken konnte, war ich schon fertig. Deine Hausschuhe habe ich unters Bett gestellt.«
    »Okay«, erwiderte ich und versuchte, gelassen zu klingen.
    »Hey, es tut mir wirklich leid.«
    Ich nickte, trocknete weiter Geschirr ab und räumte es in den Schrank zurück. Das Menü, das Amelia zusammengestellt hatte, bestand aus gemischtem grünem Salat mit Tomaten und in Scheibchen geschnittenen Karotten, Lasagne, warmem Knoblauchbrot und gedünstetem frischem Gemüse. Und weil ich ja angeblich absolut nichts von gedünstetem frischem Gemüse verstand, durfte ich all die rohen Zutaten schnippeln - Zucchini, Paprikaschoten, Pilze, Blumenkohl. Am späteren Nachmittag wurde ich für würdig befunden, den grünen Salat zu mischen, und ich durfte das Tischtuch auf den Tisch legen, die Vase mit den Blumen obendrauf stellen und die Gedecke anrichten. Vier Gedecke.
    Ich hatte Amelia angeboten, mit Mr Marley ins Wohnzimmer zu gehen und dort mit ihm am Couchtisch zu essen. Man hätte meinen können, ich wollte ihm die Füße waschen, so entsetzt war Amelia gewesen.
    »Nein, du bleibst bei mir«, bestimmte sie.
    »Du hast sicher was mit deinem Vater zu besprechen«, sagte ich. »Irgendwann muss ich euch sowieso mal allein lassen.«
    Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Okay, ich bin erwachsen«, murmelte sie vor sich hin.
    »Du bist ein Angsthase«, sagte ich.
    »Du kennst ihn eben nicht.«
    Um Viertel nach vier ging Amelia nach oben, um sich umzuziehen. Ich saß im Wohnzimmer und las ein Buch aus der Leihbücherei, als ich ein Auto auf dem Kies der Auffahrt vorfahren hörte. Die Uhr auf dem Kaminsims zeigte genau 16.48 Uhr. Ich rief die Treppe hinauf, ehe ich ans Fenster lief. Der Nachmittag neigte sich langsam dem Ende entgegen, aber da wir noch Sommerzeit hatten, war die Lincoln-Limousine gut zu erkennen. Sie parkte vor dem Haus, und ein Mann mit kurz geschnittenem dunklem Haar in einem Geschäftsanzug stieg auf der Fahrerseite aus. Das musste Marley sein. Leider trug er keine Chauffeursmütze, stellte ich ein wenig enttäuscht fest. Er öffnete eine der hinteren Wagentüren, und dann erschien Copley Carmichael.
    Amelias Vater war nicht sehr groß und hatte kurzes, dickes graues Haar, das wie ein richtig guter Teppich dicht und weich und exzellent geschnitten war. Er war sehr braun gebrannt, und seine Augenbrauen waren immer noch dunkel. Keine Brille. Keine Lippen. Okay, jeder Mensch hat Lippen, aber seine waren so schmal, dass sein Mund wie ein Schlitz wirkte.
    Mr Carmichael sah sich auf meinem Grundstück um, als wollte er eine Steuerschätzung vornehmen.
    Ich hörte Amelia hinter mir die Treppe herunterstürmen, während ich dem Mann da draußen bei seiner Begutachtung zusah. Marley, der Chauffeur, blickte direkt zum Haus und schien mein Gesicht am Fenster entdeckt zu haben.
    »Marley ist noch ziemlich neu«, sagte Amelia, die jetzt neben mir stand. »Er ist erst seit zwei Jahren bei meinem Dad.«
    »Hatte dein Vater schon immer einen Fahrer?«
    »Ja. Aber Marley ist außerdem auch Bodyguard«, erzählte Amelia ganz beiläufig, als hätte jeder einen Vater mit Bodyguard.
    Jetzt gingen die beiden Männer den Kiesweg entlang auf das Haus zu, ohne die ihn säumenden, schön geschnittenen Ilexsträucher auch nur eines Blickes zu würdigen. Dann die Holzstufen hinauf. Über die Veranda. Schließlich klopfte jemand an die Tür.
    Ich dachte an all die furchterregenden Geschöpfe, die mein Haus schon betreten hatten: Werwölfe, Gestaltwandler, Vampire und sogar ein oder zwei Dämonen. Warum sollte ich mir da wegen dieses Mannes Sorgen machen? Ich richtete mich kerzengerade auf, beruhigte mein aufgewühltes Inneres und ging an die Haustür - auch wenn Amelia mich fast hinprügeln musste. Schließlich sei es immer noch mein Haus, fand

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