Ein Vampir ist nicht genug - Roman
das Gesicht.
»Eine Schlange!«, keuchte ich. »Schau doch, da ist sie!«
Ich deutete auf eine Stelle zu Füßen des Anzugträgers, der sofort einen Schritt zurücktrat und auf den Boden starrte.
»Es ist zu kalt für Schlangen«, sagte Graubart, aber es war zu spät. Vayl hatte seine Chance erkannt. Er schoss seine Schwertscheide auf den Anzugträger ab und stieß ihn damit zur Seite. Der Bolzen aus dessen Armbrust flog in die Büsche. Vayls Klinge blitzte auf, und der Anzugträger fiel und hielt sich stöhnend den Arm, aus dem in regelmäßigen Schüben das Blut quoll. Ich wartete nicht ab, um zu sehen, was Vayl mit Jesus-rettet-Uns und Betende-Hände anstellte. Die Verwirrung, die Graubarts Reaktion verzögert hatte, ließ nach. Gleich würde er seine Magnum zum Einsatz bringen.
Ich hielt meine Hand steif wie ein Messer und schlug so hart zu, dass ich fast sehen konnte, wie sich die Nerven in seinem Ellbogen zu einem Ball zusammenzogen. Seine Finger verweigerten den Dienst, und die Waffe fiel in das Gestrüpp. Ich ließ einen Schlag in die Leistengegend folgen, den er jedoch abwehrte, genauso wie die beiden Tritte, mit denen ich es als Nächstes versuchte, und die ihm
zumindest die Luft hätten nehmen sollen. Er war trainiert, und das nicht schlecht.
Ich ließ eine ganze Serie von Schlägen und Tritten auf seinen Oberkörper los, und das so schnell, dass er aufkeuchte, als er versuchte, mit mir mitzuhalten. Sobald ich sah, dass ich ihn dazu gebracht hatte, seine Brust und den Bauch zu schützen, riss ich im Sprung den Fuß hoch und traf ihn hart an der Schläfe. Sein Kopf flog zur Seite, und er taumelte ein paar Schritte zurück. Sofort setzte ich nach, aber er erholte sich schneller als erwartet. Der Schlag, den er mir verpasste, hätte mir die Rippen gebrochen, wenn er nicht noch auf dem Rückzug gewesen wäre. Aber auch so würde ich ihn für mindestens eine Woche spüren.
Ich wirbelte herum und trat ihn von hinten in die Kniekehlen, begleitet von einem unausgesprochenen Fluch, da meine Rippen schmerzhaft protestierten. Graubart schlug mit einem Geräusch auf den Boden, das an einen fallenden Baum erinnerte. Er versuchte sich abzurollen, aber ich nagelte ihn mit zwei harten Tritten gegen den Kopf fest. Danach blieb er liegen und blutete still in das Gestrüpp.
Bei Gott, jetzt war ich aufgewärmt. Voll in meinem Element stürmte ich voran, bereit, noch ein paar Arschlöcher fertigzumachen. Das Adrenalin hatte nicht nur die Zeit so weit verlangsamt, dass ich das Mondlicht hätte einfangen und als ultimative Taschenlampe benutzen können, es ließ mich auch erkennen, was hinter mir passierte. Irgendwie wusste ich, auch wenn ich ihm den Rücken zudrehte, dass Betende-Hände sich aus dem Gefecht mit Vayl zurückgezogen hatte und nun hinter mir her war.
Ich wirbelte herum, um ihn zu erwarten. Er lief auf mich zu, offenbar mit der Absicht, mich umzurennen und mich durch sein größeres Gewicht und seine überlegene
Muskelmasse zu überwältigen. Aber er verkündete sein Vorhaben so deutlich wie ein Amateur-Pokerspieler und erlaubte es mir so, einen meiner liebsten Aikidowürfe vorzubereiten. In dem Moment, als er mich erreichte, warf ich mich zur Seite, packte seine Schulter und riss ihn herum, während ich gleichzeitig meinen anderen Arm ausstreckte und ihm ins Genick schlug, so dass er nach hinten geschleudert wurde.
Er ging zu Boden wie ein Profiwrestler, grunzend, als die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Ich war nicht so dumm, mich auf ihn zu stürzen, aber er zögerte, vielleicht in der Hoffnung, ich wäre es doch. Ich trat nach seinem Kopf. Er rollte sich zur Seite.
Als er auf die Füße kam, taumelte er leicht und streckte die linke Hand aus, um sich zu stabilisieren. Ich konnte mich nicht entscheiden. War das alles, was er noch zu bieten hatte? Oder spielte er den Verletzten und hoffte, mich damit in eine Falle zu locken? Auf keinen Fall würde ich diesen Kerl unterschätzen. Das war mir in meiner Karriere einmal passiert. Und manchmal fiel es mir immer noch schwer zu atmen, wenn ich an die Folgen dachte.
Ich ließ die Schultern und die Hände ein Stück sinken, damit er dachte, dass ich in meiner Wachsamkeit nachließ. Und wieder rettete mich meine adrenalingesteuerte Hypersicht. Ich spürte mehr als dass ich sah, wie das Springmesser in seiner rechten Hand aufflog.
Ein Teil von mir weiß immer ganz genau, wie weh es tun würde, von der Waffe getötet zu werden, die gerade auf mich gerichtet
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