Ein Vampir ist nicht genug - Roman
genauso schockiert wie sie, und wir erholten uns alle ziemlich gleichzeitig davon.
»Nicht schießen!«, schrie Rudy und warf sich mit einem Satz vor Amy Jo, womit er zweifelsohne genug Punkte bei ihr gutmachte, um sich lebenslänglich Brownies zu sichern.
»Wenn ihr euch benehmt, werde ich das nicht müssen«, sagte ich mit der professionellsten Stimme, zu der ich gerade fähig war. Amy Jo erinnerte mich stark an Evie, und außerdem trugen sie und Rudy schwarze Kleidung, auf die leuchtend gelbe Kreuze aufgedruckt waren. »Ihr zwei seht aus, als solltet ihr in der Sesamstraße den Buchstaben T vorstellen.«
Der Blick, den sie tauschten, zeigte, dass sie diese Diskussion bereits geführt hatten.
»Wer sind Sie?«, fragte Rudy, ziemlich herablassend, wie ich fand. Schließlich war er nicht nur angezogen wie ein Großbuchstabe, sondern sah insgesamt aus wie ein junger Mr. Magoo.
»CIA«, erwiderte ich scharf. »Und ihr zwei flirtet hier gerade mit einer ganzen Reihe von Straftaten, die euch hinter Gitter bringen können, bis euer ungeborenes Kind eine künstliche Hüfte braucht.«
»Wir machen hier nur unseren Job«, sagte Amy Jo und strich sich mit einer Hand die erdbeerblonden Haare aus der Stirn, während sie die andere schützend auf den angeschwollenen Bauch legte.
»Für wen arbeitet ihr?«
Rudy kniff die Augen zusammen, bis man hinter seinen
flaschenbodendicken Brillengläsern nur noch zwei glitzernde schwarze Punkte sah. »Wer will das wissen?«
Ich seufzte. »Die C-I-A«, sagte ich ganz langsam, damit sie es auch ja nicht falsch verstanden. Diese Abkürzung kann ja so verwirrend sein.
Amy Jo rammte ihren rechten Ellenbogen in Rudys Rettungsringe. »Sie ist die mit der Knarre. Also sag ihr, was sie wissen will!«
Jetzt war es Rudy, der seufzte. »Wir wissen es nicht. Sie haben uns übers Internet angeheuert, uns die Hälfte des Geldes überwiesen und versprochen, dass wir die andere Hälfte kriegen, wenn wir den Vampir plattgemacht haben.«
Ich senkte Kummer so weit, dass ich direkt auf Rudys Weichteile zielte. »Ihr zwei würdet das Internet doch nicht mal erkennen, wenn euch ein Server auf den Kopf fällt. Also rück mit der Sprache raus, Rudy, bevor ich die Geduld verliere und dafür sorge, dass Junior als Einzelkind aufwächst.« Rudy stieß einen Schrei aus, der stark an Homer Simpson erinnerte, und kreuzte die Hände über meinem Zielgebiet. »Schon gut, schon gut! Dieses Pärchen ist in die Bar gekommen, in der wir öfter rumhängen.«
»Wie haben sie ausgesehen?«
»Sie hatte dicke Möpse und hellweiße Haare, die ihr bis auf den Hintern hingen«, sagte Amy Jo und spähte an Rudy vorbei, um sicherzugehen, dass ich sie auch gut hören konnte.
»Und er hatte lange rötliche Haare«, ergänzte Rudy. »Ich glaube, sie waren beide Vampire.«
Aidyn und Liliana. Sollte mich das noch überraschen? Ja, doch. Man engagiert nicht zwei Dorfdeppen, um sich zwei der besten Auftragskiller der Welt vom Hals zu
schaffen. Es sei denn, es ist gar nicht das, was man für sein Geld erwartet. Vielleicht ist das Geld ja auch gut angelegt, wenn man damit nur die beiden genannten Auftragskiller von ihrer eigentlichen Mission ablenken will. Das ergab einen Sinn, vor allem wenn man diesen Vorfall als völlig unabhängig von den anderen Mordversuchen sah, die alle ziemlich echt gewirkt hatten.
»Der Vampir, hinter dem ihr her seid, hat sich schon in Rauch aufgelöst«, sagte ich den beiden.
»Was?«, quietschten sie wie ein Paar aufgeregter Eichelhäher.
»Jepp. Er dachte wohl, er bräuchte mal wieder etwas Farbe. Ist heute Morgen einfach in den Sonnenschein hinausspaziert.«
»Verdammter Idiot !« Amy Jo boxte den armen Rudy in den Arm.
»Passt auf«, unterbrach ich sie, bevor sie Rudy noch einen Schlag verpassen konnte, ohne dass er eine Chance hatte, auszuweichen. »Sagt denen, ihr hättet den Vampir erledigt. Er ist weg, es spielt also keine Rolle mehr, ob ihr das auf eure Fahnen schreibt. Und dann verschwindet aus der Stadt. Weit weg. So kriegt ihr das Geld und helft gleichzeitig der CIA.«
Amy Jo schien Zweifel zu haben, aber Rudy grinste breit und rieb sich die Hände, als wären sie schon geschmiert worden. »Das können wir machen.«
»Und, ähm«, ich deutete auf ihre Kostüme, »ich würde mir das noch mal überlegen mit dem Vampirvernichtungsunternehmen. Die alten Vampire sind zu clever, um sich im Schlaf pfählen zu lassen. Und die meisten anderen halten sich härtere Kaliber als euch zum Schutz,
Weitere Kostenlose Bücher