Ein verführerischer Akt
Diamanten.«
»Und warum hat er ihn dann nicht verkauft?«, fragte sie und sah ihm fest in die Augen. Die Unterhaltung beanspruchte jetzt anscheinend einen größeren Teil ihrer Aufmerksamkeit als seine Nähe. »Reine Geldgier wäre schließlich der einzige Grund für einen Raub gewesen, oder nicht?«
»Vielleicht erschwerte die Berühmtheit des Colliers den Verkauf.«
»In Frankreich?«
»Man muss trotzdem die richtigen Leute kennen, um sicherzustellen, dass die Transaktion nicht herauskommt.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er die richtigen Leute kennt – und ich glaube auch nicht, dass er die Kette gestohlen hat. Sie lag mit anderen Schmuckstücken in einer Schachtel. Offensichtlich hielt Eastfield den Stein für Strass. Warum hätte er mir sonst erlaubt, ihn zu nehmen?«
»Um irgendetwas in Gang zu setzen vielleicht.«
»In Gang zu setzen? Ich verstehe nicht, was Sie damit meinen. Er fühlte sich genötigt, das Gemälde zu Geld zu machen, nicht jedoch den Diamanten.«
Er runzelte nachdenklich die Stirn, während er ihr eine Locke hinters Ohr strich. »Ja, stimmt. Wie lange hat er denn für das Malen des Bildes gebraucht?«
Sie sah ihn leicht lächelnd an, fuhr sich dabei durchs Haar, als wollte sie überprüfen, ob auch alles richtig saß. »Was hat das mit dem Collier zu tun? Oder sind Sie jetzt wieder bei der Wette? Vielleicht wollen Sie und Ihre Freunde unsere Geschichten ja vergleichen, um herauszufinden, wer einen Fehler macht.«
Es fiel leichter, über Roger Eastfield zu reden, als scheinbar leidenschaftslos über das Bild nachzudenken, das ihn verfolgte und erregte: der dunkle Hintergrund, die Kerzen, die ihrem Körper einen sinnlichen Schimmer verliehen. In seiner Fantasie sah er sich an ihrer Seite, wie sie nur für ihn posierte. Gewaltsam riss er sich aus seinen begehrlichen Gedanken, kehrte zurück zu dem Diamanten und seinem Geheimnis. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, weiterhin Rebeccas Hüften zu streicheln und ihre wachsende Unruhe zu registrieren.
»Ich möchte, dass Sie mir alles über den Künstler erzählen«, erklärte er mit weicher Stimme. »Vielleicht sagen Sie etwas, das ganz unerwartet weiterhilft.«
»Na gut«, sagte sie. »Das Gemälde entstand im Laufe von mehreren Wochen mit jeweils zwei Sitzungen.«
»Dann haben Sie viel Zeit mit ihm verbracht. Worüber haben Sie sich unterhalten?«
»Er wollte nicht von oberflächlichem Geplapper bei der Arbeit gestört werden. Er sagte meistens nur ›Kinn hoch. Rücken durchdrücken‹.« Ihre Stimme hatte einen sachlichen Tonfall angenommen.
Bemerkte sie eigentlich, dass allein schon diese Worte etwas Erregendes an sich hatten? Oder glaubte sie, dass ihn die Erinnerung an das Aktporträt überhaupt nicht berührte? Wenn er ihre Position auf seinem Schoß nur ein bisschen veränderte, würde sie eines Besseren belehrt werden.
Um sich abzulenken, sagte er: »Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass Sie eine Frau sind, der es schwerfällt, nicht zu reden.«
»Das ist ja wohl kaum ein Kompliment. Aber ein Gespräch verbindet man mit Ungezwungenheit, und so eine Atmosphäre herrschte eben nicht.«
»Haben Sie irgendwann Ihre Entscheidung bedauert, Rebecca, und überlegt aufzuhören? »
»Ich bringe Dinge zu Ende, die ich einmal angefangen habe«, erklärte sie. »Julian, das sind sinnlose Fragen. Das Gemälde ist fertig, und damit erübrigen sich andere Überlegungen.«
Da sie keinerlei Bedauern darüber äußerte, fragte er sich allmählich, ob sie tatsächlich keines empfand. Was ihn gleichermaßen erstaunte und faszinierte, doch es war nicht der richtige Zeitpunkt, um dem tiefer auf den Grund zu gehen. »Wie haben Sie Eastfield kennengelernt?«
»Über meine Schwester Susanna. Sie wurden einander in London bei einer Ausstellung seiner Werke vorgestellt. Sie standen in Briefkontakt und trafen sich gelegentlich, um über ihre Arbeit zu sprechen, und zufälligerweise war ich bei einem Treffen dabei. Er äußerte sein Interesse daran, mich zu malen.«
Er verspürte ein unangenehmes Ziehen in seinem Innern, wenn er sich die beiden zusammen vorstellte. War diese heftige Gefühlsaufwallung, die zum einen aus Wut und zum anderen aus Verlangen bestand, etwa Eifersucht? Wie unerwartet. »Und Sie haben sofort zugestimmt?«
»Nein, ich ließ es mir durch den Kopf gehen und zog Erkundigungen über ihn und seine Arbeiten ein. Er fragte mich noch mehrmals.«
»Und dann wurden Sie von Ihrer Sehnsucht nach Abenteuern
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