Ein verfuehrerischer Handel
den Jahren ihrer Ausbildung hatte sie gelernt, dass sie dies niemals erreichen würde, wenn sie sich von einem Mann aushalten ließe. Sie wollte einen Gatten und eine Familie, das wusste sie genau. Es ging ihr um ein ehrbares Dasein und um Freunde wie Kassandra Wentworth.
Sie hatte vor, so zu leben wie der Mensch, der sie nach all der harten Arbeit geworden war, es verdiente.
Und dennoch, wenn sie an den Grafen dachte ...
Als die Kutsche auf das Haus zurollte, schaute sie wieder aus dem Fenster. Sie versuchte, ihre Sorge um Justin beiseite zu schieben, die wie ein Splitter in ihrem Herzen steckte.
Justin saß in dem verräucherten Schankraum einer Taverne -war es der Hare-and-Garter oder der Garter-and-Hare? Vielleicht war es auch eine ganz andere Adresse - er wusste es nicht, und es interessierte ihn auch nicht wirklich. Wo auch immer er sich gerade aufhielt, es war kalt - wenigstens Justin verspürte die Kälte, eine kriechende, eisige Benommenheit, die seine Gelenke steif machte und das Blut langsamer durch seinen Körper fließen ließ. Aber im Kamin brannte ein Feuer, und niemand sonst in dem Raum schien so zu frieren wie er.
Ihn beschlich die Vermutung, dass die Kälte aus seinem Inneren kam.
Er sah sich in der Taverne um, einem Raum mit niedriger Decke, schweren Holzbalken und Dielen; hier war er einmal mit Clay gewesen. Glücklicherweise lag sie nicht weit von der Spielhölle entfernt und in einer nicht völlig heruntergekommenen Gegend der Stadt.
Er schwankte ein wenig auf der zerkratzten Bank, auf der er saß, lehnte sich gegen die raue Mauer hinter ihm und trank seinen Humpen Bier aus.
Was nur sehr selten vorkam. Aber jetzt war er bereits betrunkener als sieben Lords, was ihn auch nicht kümmerte. Er wollte seinen Verstand betäuben, wollte die Szene mit Ariel in der Kutsche aus seinen Gedanken verbannen. Glasig blickte er auf den schwindenden Stapel Geld vor sich, den er langsam vertrunken hatte - Ariels Gewinn, Geld, das sie ihm gegeben hatte als erste Rate ihrer Schuldsumme.
Justin fluchte leise, doch heftig. Glaubte sie wirklich, dass ihm etwas an dem verdammten Geld lag? Er besaß mehr davon, als er in einem ganzen Leben ausgeben konnte, und seine Investitionen brachten ihm jeden Tag zusätzlich etwas ein.
Ihr Geld wollte er nicht - sondern sie. Er wollte sie in seinem Bett, wollte sie besitzen, die sonnige Wärme in sich aufnehmen, die sie ausstrahlte, wie das Feuer im Kamin. Er wollte seine so trübe Welt aufhellen, wenn auch nur für einen Augenblick.
Es waren ihre Briefe, das wusste er. Die Briefe hatten sie ihm ans Herz wachsen lassen, auf eine Art, wie es ihr sonst niemals gelungen wäre. Er hatte ihre Entschlossenheit bewundert, den eisernen Willen, den sie aufbrachte, um ihrem Leben in Armut zu entfliehen und etwas aus sich zu machen. Sogar das Mittel, das sie dafür eingesetzt hatte, bewunderte er: den Mut und die Klugheit eines vierzehnjährigen Mädchens, das einen solchen Handel abschloss, mit einem Mann wie seinem Vater!
Also, er respektierte Ariel Summers, obwohl er nicht ganz sicher war, ob er ihr vertrauen konnte. Und er verabscheute sich selbst für die Gewissenlosigkeit, mit der er sie behandelt hatte. Gütiger Himmel, er hatte niemals die Absicht gehabt, auf dem lüsternen Handel seines Vaters zu bestehen. Ehe er sie kennen gelernt hatte, plante er lediglich, ihr bei ihrem Neuanfang zu helfen, auf den sie sich mit so viel Ausdauer vorbereitet hatte.
Und dann war er direkt in ihr Stelldichein mit Phillip Marlin geplatzt! Die alte Feindschaft hatte ihn wie ein Blitz getroffen und ihn dazu getrieben, sich völlig danebenzubenehmen.
Einen Augenblick lang war er wieder zurückgereist in die Vergangenheit und hatte Margarets Gesicht gesehen anstatt das von Ariel, hatte sich daran erinnert, wie sie nackt in
Phillip Marlins Armen gelegen hatte. Die wunderschöne und feurige Margaret Simmons, Tochter eines Vicomtes! Justin hatte sich sofort zu ihr hingezogen gefühlt, als er sie auf einer Party im Landhaus ihres Vaters traf - nicht weit von Oxford, seinem Studienort, entfernt. Clay hatte sie einander vorgestellt, und monatelang hatten sie sich heimlich getroffen, weil Margaret ihrem Vater nicht verraten wollte, dass sie sich mit dem unehelichen Sohn des Grafen von Greville angefreundet hatte.
Mit der Erziehung, die er genoss, war Justin davon überzeugt, dass er für sie angemessen sorgen könnte. Er war verrückt genug gewesen zu glauben, dass sie ihn wirklich heiraten
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