Ein verführerischer Schuft
Liste ohne größeren Aufwand weiter einschränken ließe, wurde debattiert.
Tony beteiligte sich nicht daran. Er streckte die Hand aus, nahm das Blatt, das vor Christian lag, und las die Namen.
»Also«, erklärte er, als sich eine Pause ergab, weil man einsah, dass es nicht einfach sein würde, »hat A.C. eine Verbindung zu einem dieser drei hier.«
»Ja, aber«, wandte Christian ein, »zwei von ihnen haben nichts mit ihm zu schaffen. Ausgehend von dem, was wir in Erfahrung bringen müssen, um den Teilhaber im Hintergrund zu entlarven, müssen wir vorher sicher sein, welcher der drei es ist, ehe wir den nächsten Schritt unternehmen.«
Tony nickte.
»Wenn wir es falsch machen, warnen wir A.C., und da wir ja wissen, wie weit er geht, um von sich abzulenken, stehen wir am Ende nur mit noch einer Leiche da.«
Jack Warnefleet beugte sich vor.
»Also, wie finden wir den richtigen Händler?«
»Schiffe des richtigen Händlers sind sicher in den Hafen eingelaufen, bevor die anderen gekapert wurden.«
Tony blickte über den Tisch zu Jack Hendon.
»Du hast gesagt, wenn wir die Schifffahrtsgesellschaft eines Händlers wüssten, könnten wir über die Aufzeichnungen bei Lloyd’s die sichere Ankunft von A.C.s Fracht überprüfen. Wir haben drei Händler - wenn wir die von ihnen genutzten Reedereien herausfinden, könnten wir für alle drei die Register auf sicheres Einlaufen der Schiffe in den relevanten Wochen vor dem Kapern durchsehen.«
Jack erwiderte seinen Blick einen Moment lang, dann fragte er:
»Wie viel Zeit haben wir?«
»Meinen Schätzungen nach nicht viel. A.C. hat lange Ruhe bewahrt, beinahe eine ganze Woche, aber er muss doch wissen, dass wir nicht aufgegeben haben. Er wird etwas anderes versuchen, um die Ermittlungen zu stören. Dabei wird er keinen Erfolg haben, aber je eher wir es zu Ende bringen, desto besser.«
Tony machte eine kleine Pause, dann fügte er hinzu:
»Wer weiß, was er als Nächstes tut?«
Das war etwas, worüber er nicht zu sehr nachzudenken versuchte, aber es nagte an ihm. Es war eine ständige Bedrohung - das konnte er nicht verdrängen. Für Alicia, für sich, für ihre gemeinsame Zukunft.
Jack überlegte, überschlug im Geiste - er blickte in die Runde, dann nickte er.
»Wenn man bedenkt, wie viele wir sind, könnte es klappen. Und es wird der beste Weg sein. Das Erste, was wir herausbekommen müssen, ist, welche Reedereien die drei Tee- und Kaffeekontore benutzen. Dabei dürfen wir aber keinesfalls die Betroffenen alarmieren, daher müssen wir die Schifffahrtsgesellschaften befragen.«
»Kannst du das übernehmen?«, wollte Christian wissen.
»Nein. In dem Moment, wo ich als Besitzer von Hendon Shipping anfange, solche Fragen zu stellen, ist die Hölle los.«
»Egal.« Charles zuckte die Achseln.
»Dann sag uns, welche Antworten wir brauchen und welche Fragen sie am ehesten zu Tage bringen. Den Rest überlass uns.«
»Richtig.«
»Das dürfte leicht genug sein.«
Die anderen nickten. Tony jedoch fragte:
»Wie viele Schifffahrtsgesellschaften gibt es?«
Jack erwiderte seinen Blick.
»Dreiundsiebzig.«
Als die anderen aufgehört hatten zu stöhnen, fuhr Jack fort:
»Ich werde euch heute Nacht noch eine Liste zusammenstellen - wir treffen uns dann hier gleich morgen früh. Wenn wir uns beeilen, müssten wir es bis zum Abend geschafft haben. Und dann« - er sah wieder Tony an - »müssen wir uns erst Zugang zu den Schiffsregistern verschaffen, dann die Namen der Schiffe herausfinden. Damit können wir dann wieder zu Lloyd’s. Dort werden wir die entscheidende Antwort finden können - hinter welcher Handelsgesellschaft A.C. steht.«
Tony schaute Jack an und nickte.
»Dann machen wir es so.«
19
Der nächste Tag war das reinste Chaos.
Sechs Mitglieder des Bastion Clubs trafen sich um acht Uhr früh in einer Aufmachung, in der sich gewöhnlich kein Gentleman blicken ließ, mit Jack Hendon im Versammlungsraum. Beim Frühstück teilten sie unter sich seine Liste nach den Adressen auf, unter denen die Niederlassungen zu finden waren, dann übernahm jeder einen Bereich und brach auf. Sie hatten sich als Kaufleute verkleidet, wirkten allesamt älter und konservativer, als sie es in Wirklichkeit waren.
Wenn einer von ihnen irgendeine Beziehung zwischen einem der drei Händler und einer der Schifffahrtsgesellschaften entdeckte, sollte er Jack benachrichtigen, der im Club blieb und wartete. Sie hatten sich dagegen entschieden, aufzuhören, bevor nicht alle
Weitere Kostenlose Bücher