Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
Vom Netzwerk:
Träge, dicke Tropfen fielen vom Himmel. Und genau in diesem Augenblick raste ein gezackter Blitz über den Himmel, und der Druck ließ spürbar nach. Beinahe sofort folgte der Donner wie ein Trommelschlag
    Ein Gewitter. Der graue Himmel wurde von einem weiteren blendend hellen, gegabelten Blitz erhellt, der sich grell und golden in der Meeresoberfläche spiegelte. Es sah aus, als würde etwas, das unter Wasser geschwelt hatte, nun anfangen zu kochen.
    Die Bar- und Cafébesitzer eilten hinaus, schnappten sich Stühle, Tische und Sonnenschirme und zerrten sie ins Trockene. Menschentrauben drängten sich in Hauseingängen, zogen Kapuzen hoch, wickelten sich in Schals oder hielten sich wirkungslos die Hände über den Kopf. Rennend brachten sie sich in Sicherheit, nach Hause.
    Endlich drehte er sich zu ihr um. »Geh zurück, Tess.« Er sah müde aus. »Fahr zurück nach Hause, nach England.«
    Sie gab nicht auf, obwohl es mittlerweile in Strömen regnete und sie innerlich ebenfalls weinte, wenngleich sie nicht vorhatte, sich das anmerken zu lassen. »Warum?«, konterte sie. »Habe ich kein Recht, hier zu sein? Habe ich nicht das gleiche Recht wie jeder andere, hier zu sein?«
    Sie hatte diese Worte geschrien, aber trotzdem gingen sie beinahe unter in einem Windstoß und dem Donnern der Wogen, die in der Bucht auf die Felsen krachten. Sie hörte auch die Unterströmung, die die Wellen zurückzog, als sie abebbten.
    Tonino schüttelte den Kopf. »Hier passieren schlimme Dinge«, schrie er. »Und es ist noch nicht vorbei. Wenn du bleibst …« Er ließ den Satz unvollendet. »Ich kann dich nicht immer beschützen.«
    Tess war pikiert. Hatte sie etwa um seinen Schutz gebeten? Wenn es hätte sein müssen, wäre sie schon allein mit Giovanni fertiggeworden. Er hätte es doch nicht gewagt, ihr etwas zu tun, oder? Und außerdem lagen all diese Ereignisse so lange zurück. Sie hatten nichts mit ihr, mit der Gegenwart zu tun. Was hatten diese Leute alle bloß?
    Der Wolkenbruch war so heftig, dass er alles zu ertränken schien. Das Kopfsteinpflaster des baglio war schon überflutet, und die Häuser ringsumher sahen bei diesem Wetter traurig und heruntergekommen aus.
    Tess war bis auf die Haut durchnässt. Aber sie stand immer noch da, während Tonino seufzte, mit den Schultern zuckte und begann, seine Sachen in Sicherheit zu bringen. Er arbeitete jetzt an einem viel größeren Stück, das aus türkisfarbenem und meergrünem Seeglas bestand. Nass vom Regen, glänzten die Glas- und Steinstückchen wie Edelsteine.
    »Ich behalte das Haus«, schrie sie. »Und niemand kann mich daran hindern.« Wem erzählte sie das? Sich selbst? Tonino? Ganz Cetaria? »Ich habe keine Angst vor Giovanni Sciarra.«
    »Das solltest du aber«, murmelte Tonino, als er an ihr vorbeiging und die Tür zu seinem Atelier öffnete.
    Schön. Sie war wütend auf ihn. Er hatte aufgegeben, oder? »Und woher hattest du das Geld?«, schrie sie. »Sag mir das.« Eigentlich wollte sie nur seine Aufmerksamkeit, aber im selben Moment wusste sie, dass sie zu weit gegangen war.
    Er erstarrte. »Was?«
    Sie hätte den Mund halten sollen. Aber er brachte sie auf die Palme mit seinem Rückzug, seiner Weigerung, sich der Vergangenheit zu stellen, sich mit ihr und dem, was zwischen ihnen war, auseinanderzusetzen. »Das Geld deines Großvaters. Dein Geld. Das Geld, mit dem du deine Werkstatt eröffnet hast.« Sie konnte ihn nicht ansehen.
    Er fluchte leise und kam auf sie zu. Ein weiterer Blitz fuhr hinter ihm in den Boden. Er hob ihr Kinn an und schüttelte betrübt den Kopf. »Nicht auch noch du, Tess«, sagte er. »Glaubst du das etwa auch?«
    Sie hielt seinem Blick stand. »Woher soll ich denn wissen, was die Wahrheit ist, was ich glauben soll«, gab sie zurück. »Du und Giovanni … Ihr tut die ganze Zeit so verdammt finster und geheimnisvoll.«
    Wieder seufzte er. Sein Haar war patschnass und klebte ihm auf der Stirn, und er blinzelte sich den Regen aus den dunklen Augen. »Ich habe es geerbt«, erklärte er. »Von einem Onkel, der kinderlos gestorben ist. Nichts weiter. Aber weil das zur selben Zeit geschah wie …« Er zögerte. »Wie alles andere, haben alle angenommen, dass es da eine Verbindung gäbe.« Er sah sie an. »Es gab aber keine.«
    Tess nickte. Sie glaubte ihm. Wahrscheinlich würde sie ihm immer glauben, immer vertrauen, obwohl er sie so wütend machen konnte. »Es ist auch ein Mann verschwunden«, flüsterte sie dennoch.
    »Ja. Ein Mann ist ebenfalls

Weitere Kostenlose Bücher