Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)
konnte ihn dorthin bringen.«
Sie beobachtete, wie es ihm dämmerte.
»Du glaubst, er hat den Schatz in einer unterseeischen Höhle versteckt?«
Ja, es klang verrückt. »Warum nicht? Der obere Teil der Höhle ist immer trocken. Es wäre ein sicheres Versteck gewesen. Niemand würde den Schatz finden oder auch nur ahnen, dass er sich dort befindet. Du hast auch nicht daran gedacht.« Nicht einmal Tess war darauf gekommen, bis sie das Gefäß gesehen hatte.
»Du glaubst, dass der tesoro , um was es sich dabei auch immer handeln mag, in diesem Topf versteckt ist, den du gesehen hast?«
»Ich halte es für möglich.« Allerdings gab es da noch etwas, was sie nicht verstand. »Aber wenn der tesoro in der Höhle versteckt war und dein Großvater wusste, dass der Höhleneingang durch einen Steinschlag verschlossen war«, sagte sie, »warum hat er dann allen erzählt, dass der Schatz verschwunden sei?«
Tonino runzelte die Stirn. »Vielleicht hat er es nicht so ausgedrückt«, meinte er. »Vielleicht hat er gesagt, er könne ihn nicht finden. Vielleicht hat er den Leuten sogar von der Höhle erzählt, und sie haben ihm nicht geglaubt.«
Das klang logisch. Aber selbst wenn Enzo Sciarra ihm geglaubt hätte, hätte er ganz bestimmt dafür gesorgt, dass Tess’ Großvater es nicht tat.
»Die Fundamente Siziliens«, murmelte Tonino. »Er hat gesagt, dort sei er versteckt. Wo ihn niemand finden kann.« Er sah sie an. »Du könntest recht haben.«
»Ja, verdammt!« Sie trank ihren Kaffee aus. »Hast du noch eine Tasse für mich?« In der Ecke sah sie das große Werkstück, an dem Tonino gearbeitet hatte. Langsam nahm es Formen an. Obwohl es nicht angestrahlt wurde, schienen die Türkistöne und das durchscheinende Grün auf der Basis aus transparentem Glas zu leuchten.
Er folgte ihrem Blick. »Ich kann es nicht beenden.«
»Warum nicht?« Sie war sich noch nicht sicher, was das Mosaik darstellen sollte.
Er wich ihrem Blick aus. »Mir fehlt noch ein wichtiges Stück«, erklärte er.
Das konnte er laut sagen. Seine Mosaiken waren hier nicht das einzige Puzzle. »Und vergiss das Skelett nicht«, erinnerte Tess ihn.
»Ach ja.« Er sah sie an, als hätte sie sich das Skelett nur eingebildet.
Aber das hatte sie nicht. Wer war da unten einen feuchten Tod gestorben? Es musste ziemlich lange her sein. Wenn ihre Theorie stimmte, war es vor 1945 passiert, jedenfalls einige Zeit, bevor Alberto Amato den tesoro hatte holen wollen. Also hatte noch jemand anderes gewusst, wo er versteckt war. Und wenn es zu einer Zeit passiert war, in der Tauchausrüstungen noch nicht so leicht zugänglich waren … Hatte sich jemand, der nicht die Taucherfahrung von Toninos Großvater besaß, den Schatz holen wollen und war gescheitert?
»Vielleicht«, meinte Tonino, »sollten wir die Behörden benachrichtigen?« Er ging zum Herd, um ihr Kaffee zu holen.
Tess starrte ihn an. War er verrückt geworden? »Wären das nicht dieselben Behörden, die dazu neigen, enge Verbindungen zur Mafia zu haben?«, fragte sie. Und vielleicht auch zu Giovanni Sciarra.
Er schenkte ihr Kaffee ein und sah sie an. »Ich verstehe, was du meinst.«
»Deswegen müssen wir auch zurück und uns die Sache als Erste ansehen«, erklärte Tess.
»Wir?«
»Wir, wie in du und ich.« Welchen Teil davon verstand er nicht? Und wie würde er sich entscheiden?
Sie wartete. Ohne ihn konnte und wollte sie es nicht tun. Aber sie musste es tun, keine Frage. Sie hatte nie verstanden, warum Edward Westerman bestimmt hatte, dass sie sich die Villa erst ansehen musste, bevor sie ihr Erbe antreten durfte. Vielleicht hatte er geglaubt, das sei der einzige Weg, um ihre Familie dahin zurückzubringen, wo sie seiner Meinung nach hingehörte. Vielleicht hatte er ja selbst bedauert, nicht nach England zurückkehren zu können, zu seinen eigenen Wurzeln. Möglicherweise wollte er ihnen einfach diese Chance geben. Oder er hatte gehofft, dass sie das Rätsel um den vermissten Schatz lösen und die Wahrheit aufdecken konnte. Also … »Willst du mein Tauchpartner sein?«, fragte sie.
Er grinste. »Du kannst ja versuchen, mich davon abzuhalten.«
70. Kapitel
G inny führte die entspannende Atemübung durch, die Jayne ihr gezeigt hatte, dann rief sie ihre Mutter an.
»Wir müssen reden«, erklärte sie. Jayne hatte sie von den Vorteilen des Gesprächs überzeugt. Wenn du kommunizierst, sagte Jayne, hast du auch eine Chance, verstanden zu werden. Ginny hatte es in letzter Zeit versucht und
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