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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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nicht allein waren? Sie blickte zu Tonino, der sich gebückt hatte, um seine Ausrüstung auf den Boden zu legen, und sah, wie plötzlich ein Schatten über ihn fiel.
    »Tonino!«, schrie sie.
    Der Mann war von der Seite gekommen und stand jetzt in der offenen Tür der Werkstatt. Er hatte einen Arm erhoben und hielt etwas in der Hand.
    »Que …?« Tonino blinzelte.
    Dann ging alles furchtbar schnell. Tess stürzte zu Tonino und zog ihn beiseite. Die Waffe, die Toninos Kopf treffen sollte, ein Stück Treibholz, wie sie erkannte, landete stattdessen auf seiner Schulter.
    Tonino fuhr herum und war innerhalb von Sekunden auf den Beinen. »Du?«
    Es war Giovanni.
    Einen Moment lang stand Tess wie erstarrt da. Sie hatte ein Gefühl, als wären sie alle drei in einer Szene gefangen, die ein Widerhall der Vergangenheit war. Sie kämpfte sich auf die Beine.
    Die beiden Männer standen einander gegenüber. Tonino trug noch seinen Taucheranzug. Seine dunklen Augen glühten vor Zorn, und die Narbe in seinem Gesicht war so angeschwollen und hochrot, wie Tess sie noch nie gesehen hatte. Giovannis Gesicht war vor Hass verzerrt und sein Mund zu einem höhnischen Grinsen verzogen.
    »Was zum Teufel?«, schrie Tonino, rieb sich die Schulter und stieß einen wütenden italienischen Wortschwall hervor.
    Giovanni lachte nur. Er schloss die Tür hinter sich mit einem Fußtritt und streckte die Hand aus. »Gib mir die Tasche.«
    Sie hatte recht gehabt. Er hatte ihnen nachspioniert und gesehen, wie sie heute Nachmittag tauchen gegangen waren. Um Himmels willen, er hatte sie auf Schritt und Tritt beobachtet. Wahrscheinlich wusste er, was in der Tasche war. Er wusste alles. Und Gott allein wusste, mit wem er unter einer Decke steckte.
    Tess stand der Tasche am nächsten und bezog davor Stellung. Auf keinen Fall würde sie sie Giovanni überlassen.
    Aber die beiden Männer beäugten einander immer noch wie wilde sizilianische Hunde, die ihr Revier verteidigten. Und so war es auch, wurde ihr klar. Wusste Tonino, dass Tess’ Theorie richtig war und der Schatz ursprünglich seiner Familie gehört hatte? Giovanni glaubte jedenfalls, dass er den Sciarras gehörte, uraltes Schutzgeld, wie es die Mafia verlangte.
    Giovanni landete den ersten Schlag und überrumpelte seinen Gegner. Tonino wich zurück, rieb sich den Kiefer und ging dann in Kampfstellung.
    O mein Gott, dachte Tess. Was konnte sie tun? Was sollte sie tun? Sie wollte nicht als hilfloses Frauchen danebenstehen, wenn die beiden sich prügelten. Aber …
    Sie gingen mit Beleidigungen und Fäusten aufeinander los, wie sie es wahrscheinlich schon auf dem Spielplatz getan hatten. Zwischen ihnen herrschte eine alte, unerbittliche Rivalität, und irgendwie war Tess in ihr Zentrum geraten. Es war nicht ihr Kampf, aber als Giovanni einen gemeinen Schlag in Toninos Gesicht landete und dieser sich krümmte, erkannte Tess ihren Irrtum. Das war keine Spielplatzprügelei, sondern der Höhepunkt von etwas, was schon seit Jahren schwelte. Es hatte mit ihren Vorfahren begonnen und dann in Siziliens tiefem, dunklem Kessel gebrodelt. Und heute, zwischen diesen beiden Männern, würde es sich entscheiden.
    Tonino … Wie konnte sie ihm helfen?
    Während sie noch panische Blicke in die Runde warf, erlangte Tonino sein Gleichgewicht wieder. Er holte mit der Faust aus und traf Giovannis Nase – mehr aus Glück als aus Zielsicherheit, wie sie vermutete.
    »Ufff.« Noch ein wütender italienischer Wortschwall.
    Wieder schlug Giovanni zu, und plötzlich prügelten beide wild aufeinander ein. Die Fäuste flogen, und die Schläge trafen Gesicht, Augen und Hals.
    »Aufhören!«, schrie sie. »Es reicht!« Aber sie hätte ebenso gut unsichtbar sein können.
    Tonino war schmächtiger als Giovanni und wurde von seinem Taucheranzug behindert, doch er war auch schneller und beweglicher und besser in der Lage, sich zu ducken und den Schlägen auszuweichen. Gott sei Dank! Merkwürdigerweise schien Toninos Taucheranzug ihm im weiteren Verlauf des Kampfes behilflich zu sein, denn er war schlüpfrig, und Tonino war so nur schwer festzuhalten.
    Beide Männer atmeten mittlerweile schwer und wurden ein wenig langsamer, obwohl sie trotzdem noch in der Lage waren, einander mit Beleidigungen zu überschütten. Sie standen einander in nichts nach. Der Kampf war fair, und etwas sagte Tess, dass sie nicht einschreiten sollte. Sie musste sich heraushalten. Dies war etwas, was die beiden unter sich ausmachen mussten.
    Doch dann nahm

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