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Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)

Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)

Titel: Ein vortrefflicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Jeffries
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einstieg und sich neben sie setzte, spürte sie seinen Oberschenkel an ihrem und beobachtete, wie er gekonnt die Zügel aufnahm und die Pferde hinter Olivers Kutsche hertraben ließ – und schon gerieten ihre Gefühle aufs Neue in Aufruhr.
    »Geht es dir gut?«, fragte er mit gedämpfter Stimme.
    Sie erstarrte. Konnte er etwa Gedanken lesen? »Warum sollte es mir nicht gut gehen?«
    »Weil du gerade gehört hast, wie jemand deinen Bruder des Mordes beschuldigt.«
    Oh,
das
meinte er! »Mir fehlt nichts, ich mache mir nur Sorgen um Gabe.« Sie dachte an seinen leiderfüllten Gesichtsausdruck. »Ich verstehe, warum Miss Waverly zornig ist, doch sie hat kein Recht dazu, Gabe für Mr Waverlys Tod verantwortlich zu machen.« Als Giles schwieg, brauste sie auf: »Bist du etwa anderer Meinung?«
    Er sah sie nachdenklich an. »Würdest du Chetwin dafür verantwortlich machen, wenn Gabe heute umgekommen wäre?«
    Auf eine solche Frage war Minerva nicht gefasst gewesen. Sie prüfte ihr Gewissen. »Da er Gabe herausgefordert hat … würde ich es vermutlich tun. Doch Gabe hat Mr Waverly damals nicht zu dem Rennen herausgefordert.«
    »Bist du dir sicher? Hat Gabe das jemals gesagt?«
    Sie überlegte und ging ihre Erinnerungen noch einmal durch, dann seufzte sie. »Nein, ich habe nur angenommen …« Sie sah ihn an. »Weißt du es?«
    »Außer ihren engsten Freunden weiß es niemand, und die wollen sich nicht dazu äußern. Was mir den Eindruck vermittelt, dass Gabe der Herausforderer war. Hätte Waverly ihn herausgefordert, könnten es die Freunde ruhig zugeben, weil er inzwischen tot ist.«
    Minerva sah ihn mürrisch an. »Ich hasse es, wenn deine Schlüsse logisch sind.«
    Ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. »Nur weil du nicht klarsiehst, wenn es um deine Familie geht.«
    »Aber Miss Waverly schon?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Doch ich dachte, dass gerade du nachvollziehen kannst, wie es ist, wenn man will, dass jemandem, den man liebt, Gerechtigkeit widerfährt, man dieses jedoch mit legitimen Mitteln nicht erreichen kann.«
    Etwas an der Art, wie er »Gerechtigkeit« und »legitime Mittel« betonte, ließ Minerva aufhorchen und rief ihr in Erinnerung, dass sein Vater Selbstmord begangen hatte, nachdem er – wahrscheinlich beim Glücksspiel – viel Geld verloren hatte. »Reden wir immer noch von mir und meiner Familie?«
    Und schon verschloss sich Giles’ Miene wieder. »Natürlich. Du willst die Wahrheit darüber erfahren, was deinen Eltern zugestoßen ist, und du bist bereit, dafür einiges auf dich zu nehmen – zum Beispiel in Desmonds Zimmer einzudringen. In dieser Hinsicht seid ihr euch ähnlich, du und Miss Waverly.«
    Warum hatte sie nur das Gefühl, dass es etwas gab, das er nicht sagen wollte? »Sie will keine Gerechtigkeit – sie will Rache«, erwiderte sie.
    »Das würdest du auch wollen, wenn du davon überzeugt wärst, dass Desmond deine Eltern tatsächlich umgebracht hat.«
    »Vielleicht.« Sie sah ihn prüfend an. »Wolltest du denn Rache für den Tod deines Vaters?«
    Seine Miene verriet keine Regung. »Er hat sich umgebracht. Wie soll man dafür Rache nehmen?«
    »Ich weiß es nicht – ich frage
dich
. Du hast gesagt, ich sei blind für die Fehler meiner Familie. Ich habe nur überlegt, ob du genauso blind für die deines Vaters warst.«
    »Wohl kaum. Ich kannte die Fehler meines Vaters so gut, wie ich meine eigenen kenne.« Sein abweisender Ton mahnte sie, nicht allzu neugierig zu sein.
    »Oh? Und welche Fehler hast du, Giles? Abgesehen davon, dass du deine Abende gern in zwielichtigen Etablissements verbringst und das Leben nicht ernst nimmst?«
    In seiner Wange zuckte ein Muskel. »Anscheinend kennst du meine Fehler schon. Ich möchte nur ungern dazu beitragen, dass deine Liste noch länger wird.«
    Sie legte den Zeigefinger an ihr Kinn. »Ich weiß nicht genau, ob ich es als Untugend oder Vorzug ansehen soll, dass du Schlösser mit einer Haarnadel öffnen kannst. Deine erstaunliche Begabung, überzeugend zu lügen, ist jedoch ganz gewiss eine Untugend.«
    »Die du mit mir gemein hast«, bemerkte er trocken.
    »Wie bitte?«, empörte sie sich.
    Er sah sie durchdringend an. »Du hast deinen Brüdern erzählt, Desmonds Tür wäre nicht abgeschlossen gewesen, und sie haben dir geglaubt. Also bist du eine ebenso gute Lügnerin wie ich.«
    Sie wandte den Blick ab. Wo er recht hatte, hatte er recht.
    Giles fuhr fort, mit augenscheinlichem Vergnügen. »Es wäre deinen Plänen förderlich

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