Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
Knäuel auf den Boden geworfen, und ihre leeren, traurigen Augen sind voller Tränen. Neben ihr liegt das gerahmte Hochzeitsbild von ihr und Will. Vorsichtig räume ich es beiseite und lege es mit dem Gesicht nach unten auf das Nachtschränkchen. Dann schüttele ich die Bettdecke aus und breite sie über ihr aus und ziehe sie ihr bis unters Kinn. Sie murmelt etwas Unverständliches, und ich streiche ihr beruhigend über die Haare. Dann krabbele ich zu ihr ins Bett und lege mich neben sie, meine Hand auf ihrer, und hoffe, dass es sie ein kleines bisschen tröstet, dass ich bei ihr bin. Sie nimmt meine Hand und hält sie fest umklammert, und mir wird klar, dass sie mich mehr braucht, als sie je zugeben würde. Eine schwere tiefe Stille legt sich über das ganze Haus, und bald wird Delilahs Atem tiefer und langsamer, und ihre Hand in meiner wird schlaff und kraftlos. Erfolglos versuche ich ebenfalls etwas zu dösen. Ich fühle mich schrecklich unbehaglich, trotz meines warmen Pyjamas und der weichen Bettdecke. Und wie ich mich da von einer Seite auf die andere wälze, geht mir auf, dass ich zum ersten Mal im Leben merke, wie es ist, in Delilahs Haut zu stecken. Ich liege noch lange wach.
Donnerstag, 15. Dezember
Noch zehn verkaufsoffene Tage bis Weihnachten
Dreiunddreißigstes Kapitel
E rschreckt zucke ich zusammen, als es laut am Lieferanteneingang klopft, und ich lege die alte Weihnachtsdekoration von Hardy’s beiseite, die ich gerade dabei war zu sichten und abzustauben und sauber zu machen und zu sortieren. Die schönsten Teile habe ich häufchenweise zusammengelegt, geordnet nach den Abteilungen, in die sie meiner Meinung nach am besten passen würden. Es sind nur noch neun Tage bis Heiligabend, und unsere große Weihnachtswichtelumgestaltung ist überfällig. Das ist meine Geheimwaffe, mit der es mir hoffentlich gelingen wird, die Menschen in Scharen in den Laden zu locken. Ich warte bloß noch auf den richtigen Moment.
Vorsichtig steige ich über Kisten und Schachteln und tappe laut gähnend zur Tür des Warenlagers. Heute Morgen bin ich zu meiner üblichen Zeit zur Arbeit gekommen, da keine Umgestaltungsmaßnahmen anstehen. Ich möchte erst die Reaktion der Kunden auf den neuen Look unserer Designerabteilung abwarten, ehe ich mich an ein weiteres Projekt wage. Bis jetzt bin ich mir noch nicht hundertprozentig sicher, ob wir damit ins Schwarze getroffen haben. Meine Kollegen schienen gestern ganz begeistert – bis auf Carly, die etwas angesäuert wirkte –, doch selbst deren Laune hob sich rasch wieder, als alle ihr versicherten, wie toll ihre Abteilung aussieht. Selbst Elaine schaffte es, ein fröhliches Gesicht aufzusetzen. Ich bin gegangen, gerade als es um die Mittagszeit etwas geschäftiger wurde, und habe keine Ahnung, ob sie irgendwas verkauft haben.
Ich bücke mich und leere eine weitere Schachtel mit altmodischem Weihnachtsschmuck auf dem Boden aus. Hunderte kleiner bemalter Holzschühchen purzeln heraus. Die stelle ich ordentlich auf, sortiert nach Größe und Farbe. Sie sind perfekt gearbeitet, so als hätten die Heinzelmännchen aus der alten Sage sie eigenhändig gefertigt. Beim Gedanken an die Geschichte von den fleißigen Helfern, die jede Nacht emsig schufteten, um aus einzelnen Lederstücken wunderschöne Schuhe zu machen und damit das Geschäft des armen alten Schusters zu retten, muss ich lächeln. Als Kind war das eine meiner Lieblingsgeschichten. Jetzt weiß ich auch, warum.
Ich gehe in die Hocke, betrachte den traumschönen handgemachten Weihnachtsschmuck und muss daran denken, wie viel wir in den letzten beiden Wochen geschafft haben.
Mir ist bewusst, dass mein eigenes Leben sich genauso sehr verändert hat wie Hardy’s Kaufhaus, und manchmal frage ich mich, ob das immer zum Besten war. In letzter Zeit gab es Gelegenheiten, da habe ich mich kaum wiedererkannt, und erst recht nicht gemocht. Weshalb es eigentlich ganz angenehm ist, heute Morgen mal wieder einfach nur ich selbst zu sein.
Mein altes Ich, sprich das, das morgens aufgestanden ist und Delilah mit den Kindern geholfen hat, um dann irgendwas anzuziehen und gemütlich zur Arbeit zu tingeln. Dem es egal war, wie es aussah, und das sich nicht für die Geschicke des Ladens und all seiner Angestellten verantwortlich fühlte. Heute ist alles wieder wie früher. Ich fühle mich unsichtbar, und ganz ehrlich, ich genieße es.
Heute Morgen beim Aufstehen habe ich mir fest vorgenommen, Delilah wieder mehr mit den Kindern zu
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