Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
werden: goldene T-Strap-Sandalen mit entzückenden kleinen Absätzen, kirschrote Pumps, silberne Tanzschuhe und ein traumschönes Paar pfauenblauer Peeptoes von Yves Saint Laurent. Es ist ein Sakrileg, dass sie so viele Jahre unbeachtet herumgelegen haben. Und dann die vielen Schuhkartons mit den bildschönen ehemaligen Ausstellungsstücken, die ich entdeckt habe: verblichen, ausgeleiert und daher leider unverkäuflich, aber auch für die habe ich mir schon etwas Besonderes einfallen lassen. Etwas viel Besseres, denn als Requisite in der Schuhabteilung zu enden. Ich überlege, mitten in der Abteilung einen festlichen Weihnachtsbaum mit Schuhen aufzustellen und die wunderbaren Stücke wie kostbaren Christbaumschmuck in die Zweige zu hängen. Das sähe sicher atemberaubend aus. Bloß weil man sie nicht mehr verkaufen kann, heißt das ja noch lange nicht, dass man sie nicht mehr benutzen kann. Jedenfalls sollten sie nicht hier herumstehen und verstauben und von niemand anderem als nur mir bewundert werden.
Lächelnd schaue ich mich um. Auf einmal hat mein kleiner grauer Lagerraum sich in eine veritable Schatzkammer wie aus dem Märchen verwandelt, und ich brauche mich nur zu bedienen: Jedes einzelne Teil scheint ein neues Ideenfeuerwerk zu zünden. All diese längst vergessenen Vintage-Schätzchen können Hardy’s Schicksal verändern, da bin ich mir sicher. Nun brauche ich nur noch die anderen davon zu überzeugen. Ich trete ein wenig zurück und schaue mich um, und fast kommt es mir vor, als sähe ich den Lagerraum zum ersten Mal, seit ich hier arbeite, wirklich mit offenen Augen. Man braucht bloß ein wenig hinter die Fassade zu schauen, dann erkennt man die wunderbaren Dinge dahinter.
Ich muss blinzeln, weil dieser Gedanke mich fast zu Tränen rührt. Vielleicht auch, weil mir in diesem Moment bewusst wird, dass ich mich hier heimischer fühle als in dem zauberhaften umgebauten Dachgeschoss im mehrere Millionen Pfund teuren Haus meiner Schwester, in dem ich momentan wohne. Genau hier, im Warenlager von Hardy’s, ist nach der Trennung von Jamie mein gebrochenes Herz langsam wieder verheilt. Hier habe ich einen neuen Sinn im Leben gefunden. Und wenn ich diese heilende Kraft nun dazu nutzen kann, um Hardy’s schwindendes Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen, dann könnte dieser Laden, so oder so, noch eine ganze Weile mein Zuhause sein.
Ich möchte nirgendwo anders arbeiten als bei Hardy’s. Ich liebe dieses Kaufhaus. Es ist die einzige Konstante in meinem Leben, der einzige Fixpunkt, auf den ich mich wirklich verlassenkann, und diese Sicherheit darf ich nicht auch noch verlieren. Das geht einfach nicht.
Urplötzlich fliegt die Tür zum Lager auf, und Sharon kommt hereinmarschiert. Ihr sonst so verkniffenes Gesicht strahlt, und ihre scharfen Augen funkeln. Ich tauche aus einem der Gänge auf, und sie schaut mich geistesabwesend an.
»Oh, hallo, ähm … öhm …«, stottert sie, weil sie ganz offensichtlich meinen Namen vergessen hat.
Ich warte geduldig und muss den Drang unterdrücken, meinen Namen wie im YMCA-Video mit den Armen zu buchstabieren.
»… Sarah?«, sagt sie schließlich. Man sieht ihr die Erleichterung förmlich an, dass es ihr doch noch eingefallen ist. »Bei der Arbeit, hoffe ich.«
»Ja, Sharon«, murmele ich.
»Gut.« Sie hält inne und schaut mich an. Ich erwidere ihren Blick. Sie kommt mir heute so verändert vor, viel weicher und weiblicher irgendwie. Womöglich liegt es daran, dass ihre Haare, die sie sonst zu einem strengen Pferdeschwanz zurückgebunden trägt, heute lose ihr Gesicht umrahmen. Und statt des knallroten Lippenstifts hat sie heute karamellfarbenen Lipgloss aufgetragen. Sieht fast aus, als hätte sie ein wenig in der brandneuen Kosmetikabteilung gestöbert. »Lass alles stehen und liegen, was du gerade tust, am besten kommst du auch mit und schaust dir das an«, kommandiert sie knapp. An ihrem barschen Benehmen hat sich offenkundig nichts geändert. »Carly wird gleich ihre jüngste neu gestaltete Abteilung präsentieren.« Ich versuche, mir das nicht zu Herzen zu nehmen. Schließlich weiß Sharon nicht, dass ich hinter den bisherigen Verschönerungsaktionen stecke. Dann lächelt Sharon. Was seltsam ist. »Carly hat jede Menge Zeit und Energie in die Designerabteilung gesteckt, und unsere Mitarbeiter sollen sich ihre großartige Arbeit als Erste ansehen. Was wohl auch dich mit einschließt. Also komm, zack, zack!«
»Oh, ach so, ja, okay«, sage ich. Gehorsam
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