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Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Titel: Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Grey
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Stück neuen Draht gespannt hatten, nahm Dakota eine Kneifzange und begann, den alten Draht herauszuschneiden. „Als Kind habe ich diese Arbeit gehasst. Jetzt ist es gar nicht mehr so schlimm.“
    Wally sah zu wie Dakota ein langes Stück des Drahtes abschnitt. Dann hob er es vorsichtig auf, rollte es zu einem Ring zusammen und legte es zum Rest.
    „Solange wir nicht gebissen werden.“ Dakota sprang zurück, als ein Stück Draht vom Pfosten wegschnellte, nachdem er es abgeschnitten hatte.
    Mit seiner behandschuhten Hand schnappte Wally den Draht, bevor er zurückfedern konnte. „Was hast du vorhin gemeint?“
    Dakota hatte nach dem Draht gegriffen, hielt jetzt aber mitten in der Bewegung inne. Er antwortete nicht. Wally sah wie sich sein Gesichtsausdruck in vorübergehender Verwirrung anspannte und dann wieder weicher wurden. Dakota zupfte leicht an dem Draht und Wally ließ los; sah zu wie Dakota das Drahtstück vorsichtig auf den Boden legte. Die Kneifzange gesellte sich zu dem Draht und Dakota trat näher. Als sich ihre Blicke trafen, fielen die Handschuhe ins Gras. Mit einem Kribbeln in der Magengrube sah Wally ihm entgegen. Unter Dakotas glühendem Blick verwandelte sich das Kribbeln in ein sehnsüchtiges Ziehen; Wally war überzeugt, dass der große Mann ihn gleich küssen würde. Dakotas Lippen teilten sich, er strich sich mit der Zunge darüber und kam Wally immer näher, den Kopf genau im richtigen Winkel geneigt. Wally spürte wie seine Augen sich in Erwartung der festen Berührung auf seinen Lippen ganz von selbst schlossen.
    Aber nichts passierte. Nach ein paar Sekunden öffnete er seine Augen wieder. Er fühlte wie ihm die Hitze der Verlegenheit in die Wangen stieg. Dakota stand reglos da und Wally folgte seinem starren Blick zum Rand der Weide. Da erstarrte er ebenfalls und wollte seinen Augen nicht trauen. In der Nähe der Bäume stand ein großer, grauer Wolf, halb versteckt im Schatten. Wally wagte kaum zu blinzeln aus Angst, der Wolf wäre dann verschwunden. Er hatte das deutliche Gefühl, dass der Wolf direkt zu ihm zurückstarrte. Fast konnte er den Blick des Tieres spüren.
    Der Wolf machte ein paar Schritte vorwärts und Wallys Herz schlug schneller, als die Sonne sein Fell aufleuchten ließ. Eine Bewegung, die er aus dem Augenwinkel wahrnahm, lenkte ihn ab. Er hörte ein gleitendes Geräusch und ein leises Klicken und als er sich umdrehte, sah er wie Dakota das Gewehr an die Schulter hob. Der Herzschlag dröhnte Wally in den Ohren, als er sich wieder dem Wolf zuwandte. Mit zusammengekniffenen Augen spannte er seinen Körper an und wartete auf den Knall, der zwangsläufig gleich kommen musste. Er konnte es einfach nicht ertragen, dabei zuzusehen wie Dakota dieses beeindruckende, prachtvolle Geschöpf erschoss. „Dakota, bitte“, war alles, was er herausbrachte, während das Blut in seinen Ohren pulsierte.
    Es kam kein Knall und Wally brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass auch keiner kommen würde. Als er die Augen wieder öffnete, sah er wie Dakota schweigend das Gewehr zurück in das Sattelholster steckte und sich daran machte, die Werkzeuge einzusammeln. Er drehte sich noch einmal zu den Bäumen um. Der Wolf war verschwunden. Dann sah er Dakota wieder an, der gerade die letzten von seinen Sachen einpackte. „Danke.“
    Dakota nickte. Wally erhaschte einen Blick auf sein Gesicht, doch Dakotas Miene war hart und unergründlich. Sobald alles eingepackt war, schwang sich Dakota wieder in den Sattel. Wally dachte schon, er würde ohne ihn losreiten, aber Dakota wartete, bis Wally aufgesessen hatte. Dann ritten sie weiter.
    Am nächsten Zaunabschnitt wiederholten sie das Ganze, nur dass Dakota diesmal Wally kaum ansah, geschweige denn mit ihm redete. Wally wusste nicht, was er tun sollte. Es hatte wirklich so ausgesehen, als wollte Dakota ihn küssen. Jetzt sprach er nicht einmal mehr mit ihm. Wally überlegte, ob er sich bei ihm entschuldigen sollte, wusste aber nicht, wofür – weil er in gebeten hatte, den Wolf nicht zu erschießen? Er befestigte den Draht an den Pfosten und suchte Dakotas Blick, wobei er sich fragte, was wohl in ihm vorgehen mochte. „Es tut mir leid.“ Er hatte keine Ahnung, was er sonst sagen sollte.
    Dakota hielt inne. „Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen.“
    „Warum redest du dann nicht mehr mit mir? Ich dachte ...“ Wally schaute weg. „Vielleicht habe ich mich ja auch geirrt.“ Er ging wieder an die Arbeit, machte den Pfosten zu Ende

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