Ein wildes Herz
würden nicht immer so warm bleiben, und Alma wollte, dass er ein Dach über dem Kopf hatte, ehe die Tage kürzer wurden. Er wollte auf dem Land leben, doch sie sah ihn eher in der Stadt, in der Nähe der Metzgerei, und fand, allein da draußen sei es zu einsam für ihn, obwohl Charlie meinte, er sei nie einsam und möge es ruhig. Sie wollte, dass er zu Fuß zur Arbeit gehen und nach dem Abendessen seinen Rasen sprengen konnte, so wie es all die anderen Männer und Frauen in der Stadt taten, einfach, um dazuzugehören.
Für Alma hatte das Leben in der Stadt nie seinen Reiz verloren. Sie war weit draußen auf dem Land aufgewachsen, in einer zwölfköpfigen Familie, und obwohl sie nur allzu gerne dorthin fuhr, um ihre Geschwister zu besuchen, war für sie nichts mit der Stadt zu vergleichen. Sie liebte es, abends das leise Geplauder ihrer Nachbarn auf der Veranda zu hören, hasste es, wenn sie manchmal stritten, spät in der Nacht, im Obergeschoss, und so nah, dass man meistens hören konnte, worum es bei dem Streit ging.
Es war nicht sehr schwer, ein Haus für Charlie zu finden. In der ganzen Stadt standen nur drei zum Verkauf, und
eins davon war zu groß und eins zu klein, weshalb nur noch eins übrig blieb. Das wählte Alma aus, und obwohl Charlie meinte, das kleine würde vollauf genügen, bestand sie darauf, denn, wie sie meinte, würde er bestimmt irgendwann eine Frau finden, eine Familie gründen, und dann wäre das kleinere Haus zu klein, und er müsste sowieso wieder umziehen.
Er bezahlte bar für das Haus, so wie er für alles bar bezahlte. Achtzehnhundert Dollar für drei Schlafzimmer, zwei Bäder und eine breite, große Veranda, die sich um die gesamte Vorderfront und die beiden Seiten zog. Die Bäume im Garten waren groß und alt und umgaben das Haus von allen Seiten, und Alma meinte, sie würden dem Gebäude Schatten spenden und die Luft reinigen, auch wenn Charlie bestimmt die Schönheit des Sonnenaufgangs draußen über dem Fluss vermissen würde.
Er und Will strichen einige der Räume frisch an, abends, nach der Arbeit, und Alma besorgte ein Mädchen, das die Böden wischte und schrubbte. Und so kam es, dass Charlie Beale das erste richtige Zuhause seit langer, langer Zeit hatte.
In den Wochen, bevor die Schule wieder begann, fuhren sie überall auf dem Land herum und besuchten Versteigerungen und Haushaltsauflösungen, von denen jeden Samstag ein oder zwei stattfanden. Sie fuhren mit zwei Fahrzeugen hin, Charlie und Will in dem Pick-up, um die Sachen, die Alma für Charlies Haus aussuchte, nach Hause zu transportieren, und Alma nahm mit Sam den alten Buick. Seite an Seite parkten sie auf Feldwegen, und wenn Alma aus dem Wagen ausstieg, war sie schon so aufgeregt, dass sie fast losgelaufen wäre.
Charlie war nicht an Auktionen gewöhnt. Nie verstand er,
was die Versteigerer in ihrem ratternden Singsang sagten – in seinen Ohren klang es wie Country-Songs ohne Melodie –, doch Alma hob die Hand, wenn etwas kam, das er brauchte, und hielt sie so lange hoch, bis der Versteigerer sein Hämmerchen niedersausen ließ.
Meistens leitete Ray Miller die Auktionen, und was sich nicht versteigern ließ, kaufte er für einen Apfel und ein Ei auf. All diese Dinge hortete er in zwei großen Scheunen außerhalb von Glasgow, denn er ahnte, dass man ihm all dieses Zeug vom Lande, das die Leute heute nicht wollten – Stopfeier aus Milchglas und Butterfässer und was noch alles – in ein paar Jahren aus den Händen reißen würde. Dann würden die Leute anfangen, wehmütig an ihre Großeltern zurückzudenken, an die gute alte Zeit, an ihr Zuhause aus Kindertagen, und sie würden sich die Nischen und Regale ihrer modernen Häuser mit Nippes vollstellen, der ihnen noch von früher vertraut war, auch wenn der Kram früher anderen Leuten gehört hatte, die ihre eigene Kindheit gehabt hatten.
Gewöhnlich gab es bei diesen Versteigerungen auch etwas zu essen, und dann saß man an langen Tischen und aß Brunswick Stew oder Hot Dogs, während die Familie des Hauses sittsam und mit traurigen Gesichtern von der Veranda aus zuschaute, die sie schon bald würde verlassen müssen. Es waren ebenso festliche wie traurige Angelegenheiten, diese Auktionen, betriebsam und deprimierend zugleich, und es gab nichts, was man nicht kaufen konnte, wenn man sich einbildete, es zu brauchen. Betten und Stühle und Tische und Teppiche natürlich, aber auch Teller und Gläser, Besteck, selbst Bettzeug und Rührschüsseln und
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