Ein wildes Herz
werde meine Frau.«
Sie hörte auf zu lachen. Schaute ihn lange, lange an. »Ich kann dich nicht heiraten. Ich will nicht am Felsen der Verzweiflung zerschellen.«
Charlie rückte von ihr ab und stand auf.
»Das hier ist das richtige Leben, Sylvan, und kein Hörspiel im Radio. Hast du gehört, was ich gesagt habe? ›Werde meine Frau, Sylvan Glass.‹«
Und so verharrten sie lange und blickten sich an.
»Dann solltest du mich vielleicht noch mal fragen. Ein anderes Mal. Vielleicht solltest du mich hundert Mal fragen, so wie Gil Helen fragt. Er weiß, es ist hoffnungslos, aber er fragt sie. Er ist immer zuversichtlich. Das solltest du auch sein. Nur bitte nicht jetzt.«
Charlie wandte sich ab, sah dem Jungen zu, der im Garten spielte. Sylvan zupfte ihn am Hosenbein. Er blickte zu Boden, als er sprach. »›Mensch, verdammt noch mal, dann leg doch die Tante endlich flach und bring es hinter dich!‹«
Er lachte, ein kurzes, raues Lachen. »Ich liebe dich, Sylvan, falls du das noch nicht wusstest. Falls du das tatsächlich noch nicht bemerkt haben solltest.«
»So was Tolles bin ich nicht.«
»Doch, mein Herz. Das bist du. Du bist wunderbar. Für mich bist du wunderbar. Ein wundervolles Mädchen. Für mich, Sylvan.«
Und er zeigte ihr, was er empfand, wieder und wieder, und nie schien es ihm zu genügen. Seine Worte konnten nie dem gerecht werden, was er mit seinem ganzen Körper empfand, wenn er sich in ihr ergoss. Abgesehen davon fehlten ihm einfach die Worte, um es ihr zu sagen, denn immer schienen sie viel zu unbedeutend und ungenau und nichtssagend zu sein. Er machte sich keine Gedanken darüber, dass sie schwanger werden könnte. Manchmal hoffte er jedoch, es würde geschehen. Dann wäre es vorüber, oder es würde erst beginnen. Und dann würde vielleicht auch dieser Schmerz weggehen.
Wenn sie ihn beim Gehen zufällig berührte oder wenn sie nebeneinander im Auto saßen und ihn beim Schalten ihr kleiner Finger streifte, traf es ihn wie ein elektrischer Schlag. Und dann überkam ihn eine Ruhe, die er nie gekannt hatte, ein vollkommener Frieden, denn er wusste, dass diese Frau ihn berührt hatte, wenn auch nur zufällig. Was für ein Geschenk, dieses Mädchen. Was für ein Wunder.
Er versuchte, es ihr zu zeigen, sie zu überzeugen, und konnte es nicht. Nie war es genug. Und so machte er ihr Geschenke. Etwas, das für Boaty sichtbar wäre oder von ihm bemerkt werden konnte, wie etwa eine Halskette oder ein Seidenschal, kam nicht in Frage. Er konnte ihr nichts schenken, das man hätte erklären müssen, und so schenkte er ihr das, was er bereits besaß. Er schenkte ihr Land.
Zuerst war da das Haus, Pickfair. Dann kamen zwei weitere hinzu. Und dann fünf Farmen. Er gab sie ihr zur freien Verfügung, und im Geheimen. Mit jeder neuen Besitzurkunde wurde seine Liebe zu ihr tiefer, und seine Hoffnung wuchs. Nun war sie keine Landpomeranze aus dem Niemandsland mehr, die rasch an den ersten Mann verscherbelt worden war, der sie haben wollte. Sie war eine Frau, die über Besitz verfügte. Ihr gehörte etwas. Das versuchte er ihr wieder und wieder zu erklären. Eines Tages, sagte er, könne sie frei sein.
Jedes Mal, wenn er ihr wieder ein paar Parzellen seines Landes schenkte, fühlte er sich stärker in Besitz genommen, als hätte er ihr ein Stück von sich gegeben, von seinem Herzen, seinem Körper. Er war hingerissen von ihrer Besitzerrolle. Verliebt in ihre Ansprüche auf das, was doch ihm gehörte. Das machte seine Zuneigung stärker, so wie die Landschaft ihres Körpers immer deutlichere Züge trug, immer mehr Einzelheiten darauf zu erkennen waren – Wasserfälle und Schluchten und Pinienhaine und ein weißes Haus in den Wäldern.
Er hoffte, sie würde ihren Ehemann verlassen. Er hoffte es mit jedem Stück Land, das er ihr überschrieb, mehr. Nun bestand kein Grund mehr für sie, bei Boaty zu bleiben, zumindest keiner, von dem er wusste, und es fiel Charlie schwer, ihr Zögern und ihre Weigerung zu akzeptieren.
»Wir werden sehen«, war alles, was sie dazu sagte. »Wir werden sehen.«
Der Sommer ging ins Land, und er wartete immer noch. Sie war jung. Sie war sich ihrer selbst nicht sicher. All das würde sich verändern, das wusste er. Er hoffte es.
Ihr Zögern veranlasste ihn zu immer größeren und stärkeren Akten der Beherrschung, der Unterwerfung. Die berauschend
waren und doch am Ende nutzlos, hoffnungslos. Sie gab sich ihm hin, doch er wusste, dass er sie zwar besitzen konnte, doch
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