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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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mehr zu benehmen, er bellte, er hob im Haus das Bein, bis Charlie aufstand, ihn packte und ihm einen Schlag auf den Kopf versetzte, etwas, das er vorher nie getan hatte und sogleich bereute, denn in diesem Augenblick sah er, dass er zu weit gegangen war. Was auch immer zwischen ihm und dem Hund schiefgelaufen war, es war nicht wieder gutzumachen und würde nur schlimmer werden. Er holte sich eine Schnur, band sie um Jackies Hals, führte ihn die Straße hinunter und zwang Alma und Will, ihn zu nehmen. »Ich kann das nicht. Ich kann ihn nicht mehr halten«, und sie wussten, er sagte die Wahrheit, und so nahmen sie ihn bei sich auf, mitten in der Nacht, ohne zu wissen, wie sie für ihn sorgen sollten, wo sie doch den ganzen Tag außer Haus waren. Sie sahen es Charlie einfach an, dass es für ihn ein Ding der Unmöglichkeit war, den Hund zu behalten.
    Sie nahmen ihm die Leine des Hundes aus der Hand, standen mit Jackie da und schauten Charlie hinterher, wie er traurig die Straße zurückging und in seinen Pick-up stieg, um an den Fluss zu fahren und dort die Nacht zu verbringen, in der allmählich abkühlenden Luft, auf dem harten Boden.
    Am nächsten Morgen wachte er auf, und alles tat ihm weh, er war steif, durchgefroren und schwitzte zugleich, als wäre er die ganze Nacht betrunken gewesen. Er sah den Fluss, nahm seine ganze Schönheit in sich auf und dachte, er könne einfach hineinwaten und ein Bad nehmen, doch er tat es nicht. Es war zu weit. Alles war ihm zu viel.
    »Trink einen Kaffee«, sagte Ned, als Charlie ins Haus kam. »Rasier dich. Zieh dich um. Ein Schritt nach dem anderen, das ist alles.«

    »Halt die Klappe«, sagte Charlie. »Halt deine dreckige Klappe.« Und sein Bruder nahm es einfach hin, hielt ihm eine Tasse mit heißem Kaffee entgegen und schaute ihn genau so an, wie der Hund ihn angeschaut hatte, und Charlie überkam eine Welle der Liebe und Bedauern für diesen Bruder, den er nicht kannte, und er wurde rot vor Scham, weil er ihn so behandelte.
    »Besorg mir einen Anwalt«, sagte Charlie. »Könntest du das für mich organisieren?«
    »Hab ich schon«, sagte Ned. »Sag Bescheid, es ist alles vorbereitet.«
    Das alles setzte ihm immer mehr zu, und doch wechselte er das Hemd, wie Ned ihn gebeten hatte, er ging in die Arbeit und schnitt den ganzen Tag Steaks und Braten und Koteletts für Frauen, die ihm nicht mehr ins Gesicht blickten, bis auf Claudie Wiley, die ihn anschaute und ihn, obwohl sie die Antwort sehr wohl kannte, fragte: »Wie geht es Ihnen, Mister Beale?« Worauf er antwortete: »Alles bestens, Miss Wiley«, was das Einzige war, das ihm einfiel, obwohl ihm klar war, sie wusste, dass er log und am liebsten noch mehr gesagt hätte, ihr alles gesagt hätte, obwohl sie das meiste sowieso schon wusste, aber da gab es Grenzen und Gesetze, und so musste dieses »Alles bestens« genug sein für all das, was unausgesprochen war und was sie füreinander empfanden.
    Sie würde dieser Frau sagen, dass sie ihn gesehen hatte, dieser Frau, die nie mehr in den Laden kam, und ihr Ehemann auch nicht. Die beiden hatten sich an einen Ort zurückgezogen, wo Paare hingehen, wenn sie nicht wollen, dass die Welt die blauen Flecke und Blessuren ihrer Ehe sieht, und so schickten sie Claudie Wiley in die Metzgerei, damit sie für sie das Fleisch holte, und die sagte der Frau, es gehe ihm bestens und er habe ein sauberes Hemd an, doch
rasiert sei er nicht gewesen, und das würde ihr Nachricht genug sein. Fast alles, was zu tun war, war getan, und keine wie auch immer geartete Nachricht an ihn würde daran etwas ändern. Claudie hatte das alles gesehen, sie hatte in jener Nacht Zeichnungen angefertigt, die sie Evelyn Hope zeigte und sonst niemandem. Die Zeichnungen hatten ihr Angst gemacht, doch Evelyn Hope hatte vor vielen Dingen Angst.
    Jeden Mittwochnachmittag fuhr Charlie Beale hinaus zum Schlachthaus, so wie er es immer tat, und meistens nahm er den Jungen mit, und dann fuhr er, ohne hinzuschauen und ohne anzuhalten, an ihrem Haus vorbei, und am liebsten hätte er zu Sam gesagt, pass auf, dass dir so was nie passiert. Und jede Woche schaute Sam aus dem Fenster, winkte und rief: »Schau mal, Beebo. Da ist Mrs. Glass. Schau, Beebo.« Doch Charlie drehte nie den Kopf, um sie dort stehen zu sehen, wie aus dem Ei gepellt, geschminkt, wie sie von ihrer breiten Terrasse den Hügel hinab zur Straße blickte.
    Stattdessen redeten sie über die World Series, die gerade vorbei waren. Die Yankees hatten gewonnen und

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