Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
Vom Netzwerk:
Damen in schwarz-weißen Pepitakleidern und mit Mary-Quant-Frisuren Getränke verkauften. Auf der anderen Gartenseite waren mit Hilfevon Batiktüchern und kunstvoll gewebten Teppichen, die man in die unteren Zweige des Baumes gehängt hatte, einige kleine Alkoven abgetrennt worden, in denen man auf ausrangierten Gartenmöbeln sitzen konnte. Zwischen den beiden Seiten befanden sich in unterschiedlicher Höhe ein halbes Dutzend kleiner Plattformen, alle mit Topfpflanzen und zusammengewürfelten Stühlen ausgestattet. Gäste gab es nur wenige, die meisten weiß und unauffällig gekleidet, aber es war seltsam schwierig, sie anzuschauen, als widersetzten sie sich meinem Blick.
    Da hörte ich ein Pfeifen – laut und schrill, als riefe jemand seinen Hund.
    »Dein Typ ist gefragt«, sagte Lesley.
    Ich folgte ihrem Blick. Aus einem Alkoven gegenüber winkte uns eine Frau mit silbernen und neonblauen Haarverlängerungen zu. Es war Effra Thames. Sie sah aus wie ein böses jamaikanisches Mädchen, das bei Willy Wonka in Ungnade gefallen war – groß und schlaksig, mit schmalem Gesicht, einem kleinen herzförmigen Mund und leicht schräg stehenden Augen. Als sie unserer Aufmerksamkeit gewiss war, hörte sie auf zu winken, lehnte sich in ihrem weißen Plastikstuhl zurück und grinste uns entgegen.
    Die Plattformen waren durch Holzplanken miteinander verbunden. Geländer gab es keine, und die Planken bogen sich besorgniserregend durch, wenn man den Fuß darauf setzte. Unnötig zu sagen, dass wir uns bei der Überquerung Zeit ließen.
    Neben Effra saß ein großer schwarzer Mann mit ernster Miene und kantigem Unterkiefer. Als wir näher kamen, stand er höflich auf und streckte uns die Hand hin. Er trug einen scharlachroten Gehrock mit Schößen, weißen Besätzenund goldenen Tressen und darunter ein schwarzes T-Shirt und eine Winter-Camouflagehose.
    »Oberon mein Name«, sagte er. »Und Sie müssen der berühmte Constable Grant sein, von dem ich schon so viel gehört habe.« Er hatte eine lupenreine Londoner Aussprache, nur tiefer, langsamer, älter.
    Ich schüttelte ihm die Hand. Sie war groß und rau, und irgendwas blitzte vor mir auf. Schießpulver vielleicht, Kiefernnadeln, Schreie, Furcht, Jubel.
    Er wandte sich Lesley zu. »Und die nicht weniger berühmte Constable May.« Statt ihr die Hand zu schütteln, hob er diese an seine Lippen. Manche Leute kommen mit so was durch. Ich sah Effra an. Sie verdrehte die Augen.
    Als Oberon Lesleys Hand losgelassen hatte, stellte ich sie Effra Thames vor – der Göttin des Flusses Effra, des Brixton Market und der Peckhamer Filiale der Black Beauticians Society.
    »Setzt euch zu uns und trinkt etwas«, sagte Effra.
    Meine Beine machten schon einen unfreiwilligen Schritt Richtung Stuhl, aber da zu diesem Zeitpunkt bereits so ziemlich jede verflixte Themse-Schwester irgendwann versucht hatte, mich in Bann zu schlagen, verflüchtigte sich der Zwang beinahe sofort wieder. Stattdessen rückte ich Lesley den Stuhl hin, was mir einen seltsamen Blick von ihr einbrachte. Oberon nahm einen Schluck Bier und lächelte fein. »Das ist eine furchtbare Angewohnheit von ihr«, sagte er und ließ sich von Effras Stirnrunzeln nicht aus der Ruhe bringen. »Nun, so ist das mit den frisch arrivierten Jungspunden.«
    Wir setzten uns ihnen gegenüber.
    »Diese Runde geht auf mich«, sagte er. »Und bei meinerSoldatenehre, Euch soll durch diese Gabe keine Schuld entstehen.« Er hob die Hand und schnalzte einmal mit den Fingern. Schon drehte sich eine Bedienung zu uns um. »Aber Sie können die nächste Runde ausgeben«, fügte er hinzu.
    Die Bedienung eilte über die Planken zu uns herüber, ohne nach unten zu sehen, was für jemanden in weißen High-Heel-Sandaletten ein ganz hübsches Kunststück war. Oberon bestellte drei »Macs« und ein Perrier.
    »Fleet hat erzählt, Sie hätten plötzlich Interesse an den schönen Künsten entwickelt«, sagte Effra. »Sie war nicht schlecht erstaunt, Sie gestern in der Galerie zu treffen, hat mich gleich angerufen und mir alles lang und breit erzählt.« Sie lachte über meinen Gesichtsausdruck. »Haben Sie gedacht, wir würden nicht miteinander reden – Südlondon gegen Nordlondon? Sie ist meine Schwester. Ich hab ihr das Lesen beigebracht.«
    Ich liebe die Flüsse. Quasselstrippen allesamt, stromaufwärts wie stromabwärts. Wenn man klug ist, hält man einfach den Mund, und irgendwann erzählen sie einem alles, was man wissen will.
    »Und jetzt treffe ich Sie hier –

Weitere Kostenlose Bücher