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Ein zahnharter Auftrag

Ein zahnharter Auftrag

Titel: Ein zahnharter Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Topfhenkel gesteckt und verknotet. Mit einem glitzernden Gürtel hatte sie sich an der Klobrille festgebunden. Mein erstes richtiges Abenteuer, dachte Helene. Mit zwei echten Vampiren, zwei Halbvampiren und einem Hellseher. Helene biss sich auf die Unterlippe vor schauriger Vorfreude.
    Daka und Silvania hatten ebenfalls Gurte umgelegt. Auf der Klobrille in ihrer Mitte saß Ludo. Er sah etwas blass aus. Ludo trug einen Skihelm, eine Skibrille und Skihandschuhe. Er hatte keine Ahnung, wie schnell sie fliegen würden. Aber Fahrtwind kühlte bekanntlich. Er kniff die Augen zu und versuchte, etwas vorauszusehen. Doch alles blieb im Dunkeln.
    Daka wippte auf den Zehenspitzen. Sie konnte es kaum abwarten, loszufliegen. Endlich mal wieder ein Ausflug! Ihre Arme waren schon ganz eingerostet. Wenn sie allerdings an das Ziel ihrer Reise dachte ... Ein Schauer lief ihr von der obersten Haarspitze bis zum großen Zeh. Sie wollte auf keinen Fall Bekanntschaft mit dem Geist von Osmund Mortus machen. »Alles wird gut, alles wird gut«, flüsterte sie vor sich hin. Dann summte sie Onu, zoi, trosch, boi schlappo noku mosch, boi, boi boi von Krypton Krax. Es half für ein paar Sekunden.
    Silvania wischte sich die eiskalten, feuchten Hände am langen weinroten Kleid ab. Sie überprüfte den Verschluss ihrer Fliegermütze und zog sie tief ins Gesicht. Dann starrte sie in die luftige Leere vor sich. Sie seufzte. Wie schön wäre es, jetzt mit einem Buch im Bett zu liegen. Oder einfach nur an die Decke zu gucken und an schöne Sachen zu denken. Wie zum Beispiel Englisch-Nachhilfe. Aber nein, sie musste fliegen. Dabei war sie ihrer Meinung nach viel zu schwer zum Fliegen. Auch wenn ihr Papa meinte, man konnte nur zu blöd oder zu faul zum Fliegen sein. Das lebende Beispiel war die 100 Kilo schwere Schwippschwägerin Luda aus Oklahoma, die in ihrer Jugend Weltmeisterin im Synchronfliegen gewesen war. Das einzig Gute an Silvanias Flugangst war, dass sie ihr keine Zeit ließ, an den Friedhof des Grauens zu denken. Sie war froh, wenn sie den Flug überstand. Was dann kam, würde sich zeigen. Hauptsache, ich bin morgen pünktlich zur Nachhilfe wieder zurück, dachte sie.
    Auf Vlads Kommando breiteten Mihai, Daka und Silvania die Arme aus. Helene und Ludo hielten sich instinktiv an den Klobrillen fest.
    »Onu ... zoi ... trosch!«, rief Vlad – und sie erhoben sich in den Abendhimmel.
    Elvira Tepes stand mit Tante Karpa auf der Terrasse und sah ihnen nach. Sie flogen lautlos und geschmeidig Richtung Wald und wurden immer kleiner. Von unten sahen die Klobrillen wie fliegende Vanilledonuts aus.
    Elviras nachtblaue Augen füllten sich mit Tränen. Da flog sie dahin. Ihre Familie. Würden sie, wie Vlad versprochen hatte, mit der Morgendämmerung zurück sein? Elvira hatte Angst. Um ihre Kinder. Die Freunde ihrer Kinder. Um ihren Mann. Ihren Schwager. Und um ihre Klobrillen.
    Ihre Angst war berechtigt.

Der Friedhof
des Grauens
    H elene schloss die Augen und atmete die Nachtluft ein. Fliegen war herrlich! Ein paarmal hätte sie beinahe selbst die Arme ausgebreitet. Doch es war besser, sich an der Klobrille festzuhalten. Vlad und Mihai Tepes hatten ein ziemliches Tempo drauf. Helene wusste nicht, wie schnell sie genau flogen. Immerhin hatten sie zwei Spatzen, einen Bussard und einen Luftballon überholt.
    Seit dem Abflug saß Ludo stocksteif auf seiner Klobrille. Das Einzige, was er zu bewegen wagte, waren seine Augen. Er schielte nach links zu Daka. Sie hatte den Blick stur geradeaus gerichtet und sah aus wie ein Formel-1-Rennfahrer. Er schielte nach rechts zu Silvania, die immer wieder bedrohlich ein paar Zentimeter nach unten wegsackte. Schweißperlen liefen unter ihrer Fliegermütze hervor. Ludo konnte ihren Atem hören. Das machte ihm Angst.
    Angst machte ihm auch, dass ihn immer deutlicher eine böse Vorahnung beschlich. Er konnte noch nicht erkennen, was genau passieren würde – aber es war nichts Gutes. Etwas würde schiefgehen. Nur, was? Ludo beschloss, den anderen vorerst nichts von seiner Vorahnung zu erzählen. Er wollte sie nicht beunruhigen. Es reichte, wenn er nervös war.
    »Dort unten muss es sein«, rief Vlad den anderen zu. Er zeigte in die Dunkelheit.
    Die anderen blickten nach unten. Sie sahen nur Finsternis.
    »Wir setzen zur Landung an«, rief Mihai.
    »Schon?«, fragte Daka.
    »Datiboi flatliac!«, seufzte Silvania. Der Fledermaus sei Dank.
    Mihai, Vlad, Silvania und Daka richteten ihre Oberkörper auf und drehten die

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