Ein Zirkus für die Sterne
seinen morgendlichen Nachrichtenchip las. Als der Pendiier sich ausgelacht und genügend erholt hatte, um sich aus seiner bequemen Stellung auf dem Fußboden zu erheben, faßte er den Entschluß, das Bordbuch zu übernehmen. Diwer-Sehin Tho wollte den roten Wagen auf dem Weg in fremde, ungeahnte Welten folgen.
Der Nachrichtenartikel bestand aus einer einfachen Zusammenfassung der Westhovener Munizipalwahlen. Die drei Kandidaten auf der Liste waren durch einen Überraschungsgegner geschlagen worden. Das Bild neben der Story zeigte den alternden Sieger in schwarzem Jackett und schwarzer Hose, wie er mit großen, wäßrigen Augen dem Leser entgegenblickte. Der Zirkus würde seine Genehmigung bekommen, Westhoven seine Parade, und der Rechtsverdreher, Patch, hatte etwas gefunden, das ihn während seines Ruhestandes beschäftigen konnte – die Position des Bürgermeisters von Westhoven. Wie der Patch gesagt hatte – es war zwar kein Zirkus, aber es gab viel zu tun für einen »Advokaten«.
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Als der dritte Abend bei O’Hara’s Greater Shows sich neigte, erklomm Diwer-Sehin Thow den Bürowagen, während dieser für den Transport zum nächsten Platz verladen wurde. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, der durch einen Gang vom Arbeitstisch des Zahlmeisters getrennt war, seufzte müde, ergriff einen Stift und begann mit der Arbeit.
Bordbuch O’Hara’s GreaterShows 1. Mai 2144
Der Direktor besteht darauf, im Bordbuch Erdzeitangaben zu verwenden, was bedeutet, daß ich nach dem Datum fragen muß, weil mich niemand mit einer Datentabelle versehen hat. Ich habe gefragt, warum es Erdzeit sein mußte, wo jede andere Institution im Quadranten Galaktische Standardzeit benutzt. Wenn wir keine Erdzeit nehmen, sagt er, dann wissen wir nicht, wann die Spielzeit zu Ende ist. Ich habe ihm angeboten, alles in Galaktische Zeit umzurechnen, er meint aber, es zerstöre Sinn und Romantik eines Wortes, wenn man aus einem »Ersten Mai« – so nennt man ein neues Truppenmitglied – einen »12 Komma 04« macht.
Mich beunruhigt die Feststellung, daß ich so leicht in das Zirkuskauderwelsch verfalle. Kletterseile sind »Bänder«, der Eingang zum Platz ist die »Vordertür« oder die »Eight-Avenue-Seite«. Zwerge sind »Zwockel«.
Ein großer Teil der Sprache scheint darauf angelegt zu sein, die Kunden an der Nase herumzuführen und gleichzeitig ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Zirkusleuten zu schaffen. Für die Besucher ist Zeldas Unternehmen »Madam Zelda, Wahrsagerin, Chiromantin, Medium, erforscht für Sie Vergangenheit und Zukunft mit Hilfe unermeßlicher Dunkler Mächte, die ihrem Befehl gehorchen«. Für die Showleute heißt es »Flossenschuppen«. Die »Quelle der rosa Limonade« ist der »Saftladen«, und nachdem ich Zeuge der Herstellung dieses Getränks geworden bin, habe ich mir geschworen, lieber zu vertrocknen und in der Hitze verweht zu werden, als je einen Tropfen davon über meine Lippen zu lassen. Nichtsdestoweniger trinken die Kunden es kübelweise. Wiesel, der Bursche, der das Monopol an diesem Saftladen hat, erklärt, daß die Zitronenscheiben auf dem üblen Gebräu »Schwimmer« heißen, und er gibt damit an, daß seine Vorzeige-Zitrone eine ganze Saison lang hält.
Soweit sind wir pünktlich. Wir hatten einen Sturm, zwei Prügeleien mit Einheimischen. Das Pferdeklavier ist repariert worden, und unsere Ohren werden von neuem durch die fürchterlichen Klänge von Doktor Weems Dampfmusik beleidigt. Der Direktor will alles in bester Ordnung haben, wenn wir nach Wallabee auf Vistunya reisen. Also sprach John J. O’Hara: »Du mußt eines
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