Eine Art von Zorn
während ich nachdachte. Ich starrte ihn ausdruckslos an. Der Beamte hinter dem Tisch unterstützte mich beim Starren.
Endlich zuckte ich die Achseln. »Vielleicht.«
Dünne Lippen schlossen sich über den Zähnen. »Gut. Wir haben eine Verhandlungsbasis. Falls es Ihnen recht ist, könnten wir bei einem Gläschen Wein weitermachen.«
Ich überlegte, daß es nicht schaden konnte, festzustellen, wer er war und was er wollte. Ich nickte. »Sehr gut.«
»Ich heiße Skurleti.«
»Mathis«, sagte ich.
Er verbeugte sich. »Können wir dann gehen, Monsieur Mathis?«
»Meinetwegen.« Ich steckte die Notizen in die Innentasche meines Rockes.
Wir mußten durch viele Türen gehen, und Skurleti gehörte zu jenen Leuten, die überhöflich sind oder sich vor einem Angriff fürchten, und die nie vor ihrer Begleitperson durch eine Türe gehen, auch dann nicht, wenn das viel einfacher wäre. Wir führten bis zur Straße ein blödsinniges ›Bitte-nach-Ihnen‹ – ›Nein-bitte-nach-Ihnen‹-Menuett auf, so daß ich am Ende das Gefühl hatte, von einer Wache eskortiert das Haus zu verlassen.
Das Hôtel de Ville ist ganz in der Nähe der Place Masséna, und wir gingen ins Café an der Ecke. Skurleti bestellte Vermouth-Cassis und wandte sich dann mir zu, wobei er mich aufs neue mit seinen Zähnen erschreckte.
»Sollten wir nicht unsere Karten austauschen?« fragte er.
»Selbstverständlich.«
Er zog eine Krokodillederbrieftasche aus seinem Rock und reichte mir eine geprägte Geschäftskarte. Ich las:
Kostas Politis-Skurleti
Bevollmächtigter Vertreter der Auskunftei
»Sie haben sicher schon von Transmonde gehört«, sagte er.
»Leider nicht.«
Er sah überrascht drein. »Es ist eine der größten und angesehensten internationalen Auskunfteien.«
Der Kellner kam mit den Getränken, und ich wartete mit meiner Antwort, bis er gegangen war. »Leider kann ich Ihnen keine Karte geben, aber auch meine Arbeit ist größtenteils vertraulicher Natur. Ich führe für ein Finanzunternehmen Nachforschungen über die Kreditwürdigkeit bestimmter Personen durch. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, so möchte ich den Namen lieber nicht nennen. Bei Kreditangelegenheiten, das verstehen Sie sicher, muß man sehr diskret vorgehen.«
»Ich verstehe. Wir haben auch eine Abteilung, die sich mit solchen Dingen beschäftigt – natürlich auf internationaler Ebene. Meine eigene Arbeit ähnelt allerdings eher der eines Unterhändlers. Ich spreche von vertraulichen Geschäften, bei denen es den betreffenden Parteien aus verschiedenen Gründen angenehmer ist, Mittelsmänner verhandeln zu lassen.«
»Ich verstehe.«
»Ich möchte noch hinzufügen«, fuhr er fort, »daß ich im Augenblick bemüht bin, gewisse Geschäftsbeziehungen herzustellen. Mir scheint, als würden die Person, deren Kreditwürdigkeit Sie untersuchen, und die Personen, mit denen ich den Kontakt herstellen soll, möglicherweise miteinander in Verbindung stehen.«
Wieder das gräßliche Grinsen, das diesmal erwartungsvoll war, als hätte er mir eben eine komische Geschichte erzählt und wartete nun auf mein Lachen.
Ich sah ihn so skeptisch an, wie ich konnte. »Eher unwahrscheinlich, meinen Sie nicht?«
»Der Name lautet Philip Sanger, Monsieur Mathis. Der Mann besitzt eine Reihe von Grundstücken entlang der Küste. Habe ich nicht recht? Ja, ich kann sehen, daß ich mich nicht geirrt habe. Na bitte! Sie haben mir Ihr Vorhaben verraten. Zwischen uns gibt es keinen Interessenkonflikt. Da wir in gewisser Hinsicht Kollegen sind, können wir doch aufrichtig zueinander sein? Natürlich kann ich die Information, die ich brauche, ohne große Schwierigkeiten bekommen, aber das wird Zeit in Anspruch nehmen, und Zeit ist in diesem Fall für die Klienten ein wichtiger Faktor. Um Zeit zu sparen, bin ich bereit, Geld zu zahlen.«
»Für Monsieur Sangers Adresse?«
»Monsieur Sanger hat nicht nur eine Adresse, er hat viele Adressen. Ich brauche sie alle. Und zwar jetzt.«
»Sie sagen, daß zwischen uns kein Interessenkonflikt bestehe. Wie kann ich dessen sicher sein? Wer sind Ihre Klienten und auf was sind sie aus?«
Abwehrend hob er die Hände. »Sie können nicht ernstlich von mir erwarten, daß ich Ihnen das erzähle. Eine Gruppe von Geschäftsleuten möchte dringend verhandeln. Das ist alles, was ich sagen kann. Aber es hat nichts mit dem Leihen oder Borgen von Geld zu tun, das kann ich Ihnen versichern.«
Er hatte gesagt, daß er Kontakt mit ›Personen‹ herstellen sollte, er
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