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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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weg, das bedeckte, wovon er hoffte, dass es sich als seine beste Erwerbung aller Zeiten erweisen würde. Der Sandsteinblock war mannshoch und einen guten Meter breit. Er wies zwei dreizehige Fußabdrücke in entgegengesetzter Richtung auf, die jeweils sechzig Zentimeter lang und fünfundvierzig Zentimeter breit waren. Dazwischen verlief eine diagonale Linie viel kleinerer Fußabdrücke, die kaum ein Viertel so groß waren, wie die größeren.
    „Meine Güte.“ Sie atmete laut und tief ein. „Tetrapodosaurus.“
    Tetrapodosaurus war der wissenschaftliche Ausdruck für die versteinerten Fußabdrücke, die auf dem Block zu sehen waren. Offensichtlich war sie in paläontologischer Fachsprache ziemlich versiert.
    „Darf ich es anfassen?“
    „Gewiss. Auf meinem Schreibtisch liegen Papier und Kohle, falls Sie es abpausen möchten. Außerdem habe ich eine Augenbinde, die Sie mir umbinden können, falls Sie den Schleier abnehmen wollen.“
    Er hielt seinen weißen Seidenschal hoch. Sie drehte sich um.
    „Sie müssen versprechen, dass Sie die Augenbinde aufbehalten.“
    „Versprochen.“
    Sie nahm ihm den Schal ab, band ihn ihm um und führte ihn zur Chaiselongue. Es war nicht leicht, aber er hielt sich davon ab, sie mit sich auf die Chaiselongue zu ziehen. Er wollte ihren Duft wieder einatmen, diesen unendlich reinen Geruch.
    Ihre Schritte durchquerten schnell den Salon, als sie zu den Abdrücken zurückkehrte.
    Ihr Interesse faszinierte ihn. „Sind Sie auch Naturforscherin?“
    „Nein, aber bei Dinosauriern mache ich eine Ausnahme.“
    Er stellte sich vor, wie sie sich begeistert über die Platte beugte und lächelte angesichts dieser Vorstellung. Es war wahrscheinlicher, dass sie die Abdrücke respektvoll und staunend begutachtete. „Diese Wesen waren erstaunlich.“
    „Ja. Ich habe selbst einen ausgegraben.“
    Das bekam er nicht oft zu hören. „Wann? Wo?“
    „Als ich noch nicht ganz sechzehn war, bin ich im Urlaub mit meiner Familie auf ein fast vollständig erhaltenes Skelett gestoßen. Es war ein riesengroßes Tier. Ich wusste natürlich nicht, dass es so groß sein würde, als ich einen Teil des Rippenbogens aus dem Boden ragen sah, aber ich habe den Rest meiner Ferien damit verbracht, es überglücklich herauszufinden.“
    „Sie haben es ganz allein ausgegraben?“
    „Natürlich nicht. Meine Geschwister haben geholfen, genauso wie Kinder aus dem nahegelegenen Dorf, und einige junge Männer, die wissen wollten, was es mit der ganzen Aufregung auf sich hatte.“
    „Was war es denn genau?“
    Ein langer Augenblick der Stille. „Ein … äh … ein schwäbischer Lindwurm.“
    „Ein Plateosaurus ? Die mag ich. Schöne Tiere. Was haben Sie mit dem Skelett gemacht?“
    „Ich wollte es zu Hause ausstellen, durfte das aber nicht.“
    Er lachte leise. „Ich verstehe warum.“
    Ein ausgewachsener Plateosaurus konnte mehr als zehn Meter lang werden. Selbst in einem palastartigen Domizil wie Algernon House hätte so ein Ausstellungsstück das ganze Gebäude und seine Atmosphäre dominiert.
    „Ich kam nach einiger Zeit zur Vernunft und habe es stattdessen einem Museum gestiftet.“
    Das Geräusch eines Kohlestiftes, der auf Papier kratzte – sie hatte begonnen, einen Fußabdruck abzupausen. „Welchem Museum?“
    „Das sollte lieber geheim bleiben.“
    „Haben Sie Angst davor, dass ich Nachforschungen anstelle und herausfinde, wer Sie sind?“
    „Ich bin sicher, Sie haben wesentlich wichtigere Dinge zu tun, aber ich möchte es nicht riskieren.“
    „Warum nicht? Sie sind doch bereits das größte Risiko seit langer Zeit eingegangen?“
    Das Kratzen des Kohlestiftes verstummte – und setzte dann wesentlich energischer wieder ein. „Gerade weil ich mich in Luft auflösen kann, habe ich es getan. Was glauben Sie, was das ist?“
    Es dauerte einen Augenblick, bis er verstand, dass sie von den fossilen Fußabdrücken sprach. Sie hatte wieder mal das Thema gewechselt. „Es könnte ein junger Iguanodon gewesen sein. Oder vielleicht ein Raubsaurier.“
    „Was glauben Sie, aus welchem Zeitalter es stammt?“
    „Ich würde schätzen, spätes Jura bis frühe Kreidezeit.“
    „Erstaunlich“, murmelte sie, „dass etwas so Zerbrechliches und Vergängliches wie Fußabdrücke einhundertfünfzig Millionen Jahre überdauert.“
    „Unter den richtigen Umständen kann alles geschehen.“ Er berührte die Augenbinde mit den Fingerspitzen. Sie hatte sie fest und sicher verknotet. Hinter seinen Lidern war es aber

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