Eine Braut von stuermischer Natur
Mund.«
»Wie es dir beliebt«, knarzte sein Cousin. »Ich wollte doch bloß … Höre, ist er das?«, unterbrach er sich mitten im Satz.
Balan spähte durch den Flur in jene Richtung, aus der er Malculinus erwartete, doch es regte sich nichts. Forschend blickte er in die entgegengesetzte Richtung zu der Tür von Muries Kammer, und erstarrte, als er Lord Aldous wahrnahm. Seine Lordschaft stand im Schatten der Dunkelheit, zwei Türen von Muries Gemächern entfernt. Die Kleider zerknittert, seine Haare zerzaust, küsste er feurig eine Frau.
»Ist die Dame dort nicht Lady Jane?« Osgoode hatte die Stimme gesenkt, und ehe Balan ihm seine Vermutung bestätigen konnte, setzte er hinzu: »Demnach ist der Hofklatsch wahr und sie hat in der Tat einen heimlichen Galan. Somit eröffnet sich mir unweigerlich die Frage, ob sie tatsächlich guter Hoffnung ist.«
Balan erging sich in unverständlich gemurmelten Verwünschungen.
»Womöglich lässt er sein Vorhaben fallen«, erwog Osgoode. »Lady Jane ist annähernd so gut betucht wie Lady Murie.«
»An Reichtum ist Malculinus wahrlich nicht gelegen.«
»Fürwahr, auch Lady Jane ist eine Dame von hohem Stand … und von bislang untadeligem Ruf, wenn man den Umstand außer Acht lässt, dass sie sich für ein Abenteuer hergibt, anstatt einer Vermählung den Vorzug zu geben.« Des Weiteren gab er zu bedenken: »Überdies wird er gewiss nicht die Unverfrorenheit besitzen, aus den Armen seiner Geliebten umgehend in Muries Kammer zu entschwinden, was meinst du, Cousin?«
Balan verzichtete auf eine Antwort. Malculinus löste sich soeben aus Lady Janes Umarmung und schob sie zurück in ihr Gemach. Nach einem neckischen Klaps auf ihre Kehrseite zog er die Kammertür hinter der Dame ins Schloss. Dann verharrte er einen kurzen Augenblick, als wollte er sichergehen, dass Lady Jane die Tür nicht erneut öffnete. Schließlich schob er sich durch den Gang, wobei er seine Kleider zurechtzupfte und sich mit einer Hand die in Mitleidenschaft gezogene Frisur glättete.
Osgoode hat die Lage richtig erfasst, Malculinus geht an Muries Kammer vorüber, fuhr es Balan mit einem Mal durch den Kopf. Doch genau dort verweilte Lord Aldous und warf einen kurzen Blick über seine Schulter. Als er sich unbeobachtet wähnte, drückte er die Klinke hinunter und verschwand in Muries Schlafkammer.
»Worauf wartest du noch?«, zischte Osgoode. »Bereite seinem schändlichen Tun ein Ende!«
Das ließ Balan sich kein zweites Mal sagen. Er schnellte hinter dem Vorhang hervor und lief durch den Gang.
3
Balan gelang es, ins Zimmer zu schlüpfen, ohne dass Lord Aldous etwas bemerkte. Geräuschlos zog er die Tür hinter sich ins Schloss und verharrte, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ein paar verglühende Holzscheite im Kamin spendeten der Kammer einen letzten Rest Licht. Er registrierte, dass Malculinus bereits neben dem Bett stand und Murie sanft an der Schulter rüttelte, fest entschlossen, sie aufzuwecken.
»Murie? Kommt, wacht auf«, drängte Malculinus in gedämpftem Flüsterton. Er legte die Stirn in Falten, als das Mädchen keinerlei Anstalten machte, seinem Begehr nachzukommen. »Lauda muss zu freigiebig mit ihren Kräutern gewesen sein … Meiner Treu, vielleicht vermag dich mein Kuss aufzuwecken.«
Die Lippen zu einer grimmig dünnen Linie aufeinandergepresst, angesichts der Vorstellung, dass dieser verachtenswerte Lump seinen Mund auf Muries drücken könnte, schnappte Balan sich eine kleine Statue von einem der Holzborde, die neben der Tür angebracht waren. So bewehrt schlich er sich geschmeidig wie eine Wildkatze an seinen Widersacher heran. Obgleich er jedes Geräusch vermied, musste er sich wohl verraten haben, denn Malculinus warf einen prüfenden Blick über seine Schulter. Balan, der hinter ihm stehen geblieben war, hob geistesgegenwärtig die Statuette und ließ sie auf dessen Kopf niedersausen.
Ein dumpfes Krachen durchbrach die Stille im Raum. Malculinus schwankte auf wackligen Beinen, bis er stöhnend zusammenbrach. Murie wachte nicht auf.
Da sich der Kamin auf der anderen Seite des Bettes befand, war dieser Teil des Bodens in Dunkel getaucht. Balan starrte auf Malculinus’ zusammengekrümmte Gestalt und bückte sich, um den Ohnmächtigen am Kragen zu packen und aus dem Zimmer zu schleifen. Unvermittelt hielt er inne und ließ den Blick zu der schlafenden Frau schweifen. Am Mittag an der hohen Tafel im Saal hatte sie ihm auf Anhieb gefallen. Im Schein des
Weitere Kostenlose Bücher