Eine Braut von stuermischer Natur
kund.
Balan blickte sich erstaunt um, ehe er hastig Muries Rocksaum sinken ließ und sich erhob, worauf sich alle Anwesenden strafften und einen Schritt zurückwichen. Er bedachte die Zusammenkunft mit einem strafenden Blick, dann tätschelte er begütigend Muries Schulter. »Ich glaube nicht, dass du dir den Fuß gebrochen hast.«
»Das habe ich dir gleich gesagt, Mylord Gemahl«, fauchte Murie.
»Stimmt, das hat sie«, bekräftigte Thibault beflissen. »Schon draußen auf der Treppe.«
»Na dann …« Balan blies unschlüssig die Backen auf. »Dann überlasse ich dich Gattys Obhut. Sie kann dich auf Gaynor herumführen und dir alles zeigen. Ich muss mich einstweilen informieren, was in meiner Abwesenheit passiert ist, und nach dem Rechten sehen.«
»Gewiss, mein Gemahl«, sagte sie mit gestelztem Lächeln.
»Solltest du Juliana sehen, schick sie zu mir. Damit ich ihr ernsthaft ins Gewissen reden kann.« Er wandte sich zum Gehen.
Muries Lippen wurden schmal. »Gemahl?«
»Ja?« Er drehte sich erneut zu ihr um.
Beseelt von dem Wunsch, vor den neugierigen Schlossbewohnern einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen, zauberte Murie abermals ein Lächeln auf ihre Lippen und sagte: »Meinst du nicht, ich sollte einmal mit Juliana reden?«
»Nein, überlass das mir.«
Ihre Lippen bebten verräterisch, doch sie zwang sich, das Lächeln beizubehalten, als sie beteuerte: »Du teilst doch gewiss meine Auffassung, dass es sinnvoller ist, wenn ich mich von Frau zu Frau mit ihr auseinandersetze.«
»Nein«, wiederholte er.
»Gemahl«, versuchte sie es ein weitere Mals. »Ich bin hier die Betroffene. Außerdem bin ich ihre Schwägerin und habe meine Aufsichtspflichten zu erfüllen. Also bin ich auch diejenige, die mit der Kleinen fertigwerden muss.«
»Nein.«
»Ebenso gut könnte ich gegen eine Wand reden«, grummelte sie mehr zu sich selbst. »Emilie hätte mich ruhig warnen können, dass er stur ist wie ein Maulesel.«
»Eheweib, mir entgeht kein Wort von dem, was du sagst«, versetzte er trocken.
»Uns anderen auch nicht«, gestand Gatty, ein belustigtes Funkeln in ihren Augen.
Murie blitzte aufmüpfig in die Runde und verkündete: »Das alles hat mich ungemein erschöpft. Ich denke, mir kommen gleich die Tränen.«
»Da sei Gott vor!« Osgoodes Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Balan, bitte, überlass ihr das mit dem Mädchen«, bedrängte er seinen Cousin.
»Ja«, murmelte Thibault. »Wir wollen doch nicht, dass Eure junge Gemahlin hier unglücklich wird.«
»Ich bin mir sicher, sie wird Juliana nichts tun«, setzte Habbie hinzu.
Balan ignorierte sämtliche Einwände. Er kehrte zu Murie zurück, blickte sie eindringlich an und schwieg für eine lange Weile. »Wie gedenkst du, es anzustellen?«, fragte er schließlich.
»Ich tue ihr schon nichts«, versicherte Murie ihm leicht gereizt. »Ich möchte lediglich mit ihr reden. Offenbar ist sie kreuzunglücklich. Sie ist eine Waise, genau wie ich, und war in Sorge, dass ich sie vielleicht nicht mag oder dergleichen. Ihre Furcht hat sie dazu bewogen, so zu handeln. Mir ist daran gelegen, ihre Ängste zu zerstreuen und … deswegen möchte ich mit ihr reden«, endete sie hilflos.
Balan schwieg, dann neigte er sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen. Zumindest fing es sanft an, doch als Murie ihm bereitwillig den Mund öffnete, konnte er wohl nicht widerstehen und küsste sie inniger, wenn auch nur kurz. Als der Kuss endete, flüsterte er: »Du bist viel zu weich.«
Murie verzog das Gesicht.
»Also gut, ich erlaube es dir. Aber nur dieses eine Mal«, erklärte er, ihre trotzige Miene übergehend. »Du kannst ihr von mir ausrichten, dass sie sich unterstehen soll, noch einmal so unartig zu sein. Weil ich beim nächsten Mal entschieden härter durchgreifen werde als du, sag ihr das.«
Murie strahlte übers ganze Gesicht. »Danke, mein Gemahl.«
Er nickte und wollte sich abwenden, hielt dann aber inne. »Und Murie?«
»Ja?«
»Du bist eine erbärmlich schlechte Schauspielerin, wenn du so tust, als würdest du weinen. Der König meint das im Übrigen auch.«
Sichtlich zufrieden, sie ertappt zu haben, schnellte er herum und marschierte zum Schlossportal.
»Ich werde Balan begleiten«, entschuldigte Osgoode sich grinsend. Er schwenkte herum und folgte seinem Cousin.
An den schweren, holzgeschnitzten Kassettentüren blieb Balan stehen und drehte sich um, sein Gesicht in nachdenkliche Falten gelegt. »Anselm, ich erwarte euren Lagebericht«, sagte
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