Eine Braut von stuermischer Natur
hielt, ehe er unsicher nachschob: »Vermag ich Euch irgendwie zu Diensten zu sein?«
»Aber gewiss.« Murie lächelte freundlich und kümmerte sich nicht weiter um Juliana, die sich vergeblich von ihr loszureißen versuchte. Ihr Griff um den Arm des Mädchens war fest, aber nicht schmerzhaft. »In dem Wagen, der uns begleitet hat, lagen einige Felle und Kissen. Ich wollte sie selbst holen, aber vielleicht kannst du den beiden hier zeigen, wo sie sind. Dann könnten sie sie für mich auf den Söller bringen. In der Zwischenenzeit werde ich eine kurze Unterredung mit meiner jungen Schwägerin führen.«
»Oh … öhm … fürwahr. Gewiss, Mylady«, murmelte Habbie, dessen sorgenvoller Blick das Mädchen streifte.
»Ausgezeichnet«, antwortete Murie zufrieden. Sie wandte sich ab, um die Stallungen zu verlassen, und zerrte Juliana neben sich her.
»Ich komme nicht mit dir mit«, fauchte Juliana und versuchte, nach Murie zu treten. Es stellte sich als ein schwieriges Unterfangen heraus, einen gezielten Tritt zu landen, da sie dabei laufen und auf den Füßen bleiben musste, denn Murie ging zügigen Schrittes aus dem Stall und zerrte sie ungnädig mit hinaus.
»Aber sicher wirst du das tun«, sagte sie leichthin. »Du willst doch bestimmt deine neue Schwester kennenlernen?«
»Du bist nicht meine Schwester«, rief das Mädchen voller Empörung.
»Dein Bruder hat mich geehelicht, Juliana«, erklärte Murie. »Somit bin ich deine angeheiratete Schwester oder Schwägerin.«
»Mylady, wir haben die Sachen, um die es Euch ging.« Schwer atmend schloss Godart zu ihr auf.
Murie drehte sich um. Drei Männer folgten ihr atemlos mit höflichem Abstand. Offensichtlich hatten sie in Windeseile die von ihr erbetenen Dinge zusammengepackt und waren ihnen hinterhergestürmt, getrieben von der Besorgnis um das Kind. Das durfte sie ihnen nicht verübeln. Für die Dienstboten war sie noch eine Fremde, und sie wussten nicht, ob sie das Mädchen womöglich mit einer Tracht Prügel bestrafte oder sich eine ähnlich empfindliche Bestrafung, als Vergeltung für deren schmerzhaften Fußtritt von vorhin, ausdachte. Mit der Zeit würden sie ihre Herrin gewiss besser kennenlernen.
»Habt Dank«, murmelte sie, ohne ihre Schritte zu verlangsamen. Sie verspürte keineswegs den Wunsch, erneut getreten zu werden.
»Möchtet Ihr, dass wir Juliana für Euch zu Eurem Gemahl bringen?«, forschte Erol diensteifrig.
»Nein. Ihr wart doch vorhin im Saal dabei und habt sicherlich die Worte meines Gemahls vernommen, dass ich befugt bin, diese Angelegenheit auf meine Weise zu regeln?«, sagte sie entschieden.
»Gewiss«, meinte Habbie, »aber …«
»Kein Aber, Habbie«, versetzte Murie mit Nachdruck. Ein zuversichtliches Lächeln erhellte ihre Züge. Sie hatte den Segen ihres Ehemannes und war fest entschlossen, die Angelegenheit ohne fremde Hilfe aus der Welt zu schaffen. Sie war sich zwar noch nicht sicher, wie, würde das Vorgefallene aber auf ihre Weise klären.
Wenig später erreichten sie den Wohnturm und Murie überwand die Treppe ähnlich rasch wie sie vorhin den Schlosshof durchquert hatte. Nicht so schnell, dass das Mädchen nicht mit ihr Schritt zu halten vermochte, aber schnell genug, um Juliana von ihr abzulenken, weil sie auf ihre eigenen Füße achten musste. Die Männer folgten ihnen durch die große Halle und die Stufen hinauf zum Söller. Sie erreichten das Gemach just in dem Moment, als ihnen die vier Diener, die das Bett neu aufgebaut hatten, mit den zerrissenen Bettvorhängen entgegenkamen.
Nach einem gemurmelten Dank für ihre Hilfe glitt Murie an ihnen vorbei in den Raum und zog Juliana am Arm hinter sich her.
Sobald sie in der Söllerkammer angelangt waren, spazierte sie darin herum und zerrte Juliana mit sich. Wenn sie stehen blieb, fürchtete Murie, dass das Mädchen wieder nach ihr schlagen und treten könnte, und wenn ihr Gemahl davon erführe, würde er die Sache sicherlich auf seine Art regeln wollen. Murie befürchtete zwar nicht ernsthaft, er könnte seine Schwester verprügeln, obschon sie nicht völlig ausschloss, dass er Juliana übers Knie legen würde. Wenn es nach mir ginge, seufzte Murie, bekäme das Kind keine Strafe für sein Fehlverhalten. Sie empfand eine tiefe Zuneigung zu dem Mädchen und hätte Juliana lieber in den Arm genommen, sie geherzt und gedrückt und ihr versichert, dass sie geliebt und umsorgt wurde und dass alles gut werden würde. Um das zu tun, musste sie sich jedoch zunächst durch den
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