Eine Braut von stuermischer Natur
Blick durch das Schlafgemach schweifen und nickte entschlossen.
»Warum beginnst du nicht damit, frische Binsen zu holen und sie auf dem Boden auszubreiten?«, schlug sie vor, die Tür der Kammer öffnend. »Wenn du meinst, du schaffst es nicht allein, dann nimm eine von Gattys Töchtern zu Hilfe.«
»Sehr wohl, Mylady«, murmelte Cecily und folgte ihrer Herrin aus dem Gemach.
Murie überließ Cecily ihrer Arbeit und begann ihren Rundgang im oberen Geschoss, ehe sie sich nach unten zum Frühstück begab. Die Vorstellung, zum Fastenbrechen Fisch essen zu müssen, schien wenig verlockend. Eine gründliche Inspektion sämtlicher Räumlichkeiten im Obergeschoss bestätigte, was sie bereits am Vorabend festgestellt hatte: Grundsätzlich bedurften alle Räume der gleichen Sorgfalt und Mühen wie der Söller. Zwei der vier Schlafkammer würden warten müssen, denn sie wollte zunächst Julianas Zimmer in ein kleines Schmuckstück verwandeln, damit sich das Mädchen dort wohlfühlte.
Der Gedanke an das Kind ließ sie ihre Schritte beschleunigen, und so war Balans Schwester die Erste, der Murie auf dem Weg in die große Halle begegnete. Das Mädchen lief ihr am Fuße der Treppe entgegen, um sie zu begrüßen, Frederick im Schlepptau.
»Schneidest du mir heute die Haare, Murie? Und kürzt du auch den Saum meines Gewandes?«, fragte sie aufgeregt. Der Eifer des Mädchens verdeutlichte Murie, welche Aufgaben es vorrangig zu erfüllen galt.
»Aber gewiss schneide ich dir die Haare, wenn du das gerne möchtest«, versicherte sie und fügte dann hinzu: »Und gleich danach stecke ich dein Gewand ab. Allerdings komme ich wohl erst heute Abend dazu, den Saum zu kürzen, wenn wir nach dem Nachtmahl um den Kamin sitzen.«
»Oh.« Juliana ließ enttäuscht die Schultern hängen. »Aber dann kann ich es heute Abend noch nicht tragen.«
Murie biss sich auf die Lippe und seufzte. Einige Dinge waren zu wichtig, um sie hinauszuschieben, und die Gefühle eines verletzlichen jungen Mädchens waren ihr wichtiger als ein Hausputz. »Stimmt, dann säume ich es rasch nach dem Mittagessen. Was hältst du davon?«
Auf Julianas Gesicht breitete sich ein Strahlen aus. »Das wäre wundervoll!«
»Dann lauf und setz dich an den Tisch. Inzwischen hole ich alles, was ich zum Haareschneiden benötige«, wies sie die Kleine an.
»Gewiss, Murie. Hab Dank, Murie. Du bist die beste Schwester, die sich ein Mädchen wünschen kann.«
Gemeinsam mit Frederick stürmte das Mädchen zu den Tischen, und Murie schaute ihnen lächelnd nach.
»Mich dünkt, dass Ihr mit Bestechung weit bei ihr kommen werdet. Bislang hat sich niemand der Mühen unterzogen, es damit bei ihr zu versuchen.«
»Clement.« Murie seufzte und drehte sich zu dem Bediensteten um. »Liegt etwas an, womit ich dir heute Morgen zur Hand gehen kann, oder bist du lediglich zu mir gekommen, um mich mit deinen Spitzfindigkeiten zu plagen?«
Er blinzelte, erstaunt über ihren scharfen Ton. Vermutlich wagte es für gewöhnlich niemand, dem launenhaften Mann Paroli zu bieten, aus Angst, er könnte Gift und Galle spucken, oder, schlimmer noch, in ihr Essen. Womöglich war es kein geschickter Schachzug von ihr gewesen, ihn so anzufahren.
In freundlichem Tonfall sagte er: »Cecily erwähnte, dass Ihr einen weiteren Rundgang durch das Schloss vornehmt, um Euch ein Bild zu machen, wo dringend Hand angelegt werden muss. Ich wünschte, Ihr kämt dabei als Erstes in die Küche in diesem Geschoss, damit die Dinge erledigt sind, wenn ich das Mittagsmahl zubereiten muss.«
Eine verständliche Bitte, dachte Murie, also nickte sie zustimmend und versprach: »Ich kümmere mich darum, gleich nachdem ich mit Julianas Haaren fertig bin. Würde das genügen?«
»Aber gewiss … Habt Dank.« Clement machte eine förmliche Verbeugung und wandte sich zum Gehen. Schon nach wenigen Schritten blieb er stehen, drehte den Kopf zu Murie und sagte: »Ich werde Euch alles holen, was Ihr für die Haare der Kleinen benötigt.«
»Verbindlichen Dank«, meinte sie gedehnt, derweil sie ihm entgeistert nachblickte. Anscheinend hatte ihre kurze Zurechtweisung positive Wirkung auf ihn gehabt.
»Und Clement habt Ihr ebenfalls für Euch eingenommen, wie ich sehe«, murmelte Gatty, die zufällig alles mitangehört hatte und an Muries Seite trat.
»So scheint es. Allerdings weiß ich nicht, womit mir das geglückt sein soll«, räumte sie ein.
»Weil Ihr nicht vor ihm gekuscht habt«, befand Gatty kurz und bündig. »Selbst
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