Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
ein Heiligenschein aus goldenem Flachs.
»Wusstest du, dass Caroline eine Party für dich plant?«, fragt sie lachend und hüpft rückwärts, so dass sie mich ansehen kann. »Es ist Daddy auf dem Weg vom Bahnhof hierher rausgerutscht. Ich glaube, sie haben einen Kerl für dich ausgesucht. An deiner Stelle wäre ich auf der Hut. Caro hat einen eigenartigen Geschmack. Schließlich hat sie ihn geheiratet. Wusstest du, dass er fast sechzehn Jahre älter ist als sie? Das bedeutet, das Caro gerade erst geboren war, als er so alt war wie ich. War wohl nichts mit dem jugendlichen Lover! Dein Typ ist wahrscheinlich sechzig, hat eine Halbglatze und einen Schmerbauch. Aber dafür hat er vielleicht auch ein dickes Bankkonto. Ich will auch mal einen reichen Mann, einen, der mir den Lebensstil bieten kann, an den ich mich gar nicht erst gewöhnen soll, wenn es nach meinen Eltern geht. Wenn ich einen reichen, alten Knacker kriege, kann ich ihn durch viel Sex umbringen und dann als lustige Witwe leben.«
»Hannah!«, rufe ich amüsiert, aber auch leicht schockiert. »Im Leben gibt es Wichtigeres als eine volle Geldbörse. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung.«
»Das weiß ich doch«, sagt sie müde. »Ich mag zwar jung sein«, sie betont das Wort, als sei es eine Beleidigung, »aber ich bin nicht blöd. Ein älterer Mann hat noch viele andere Vorteile. Unter anderem hat er mehr Erfahrung auf sexuellem Gebiet.«
»Ich dachte, Sex wäre deine Geheimwaffe für ein verfrühtes, aber unglaublich lustiges Witwendasein?«, spotte ich.
»Oh, Sex kann auch Spaß machen«, sagt sie leichthin und mit der Kaltblütigkeit eines alten Hasen. »Ich möchte von jemandem eingeweiht werden, der weiß, was er tut. War Richard gut im Bett?«
»Hannah!«
»Wenn ich nicht frage, lerne ich nichts, und am meisten lernt man aus den Fehlern anderer.«
»Richard war sicher einer von denen. Zumindest, was mich betrifft.«
»Mhm«, stimmt Hannah zu. »Letzten Monat bin ich sechzehn geworden. Du könntest mich doch mit Richard bekannt machen, oder, Fliss? Er könnte ein bisschen Trost brauchen, jetzt, da du ihn verlassen hast. Er war vielleicht engstirnig, aber ich könnte ihn sicher überreden, sich ein bisschen locker zu machen. Wenn ich mich recht erinnere, sah er ziemlich gut aus, ein bisschen wie Tom Cruise.«
»Richard sieht überhaupt nicht wie Tom Cruise aus!«
»Na ja, beide sind klein, dunkel und ziemlich hübsch.«
»Genau, und damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.«
»Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.« Sie sieht mich lauernd an. »War er gut im Bett?«
Sie wird nicht aufgeben, also beschließe ich, dass es besser ist, mit der Wahrheit herauszurücken.
»Ganz ehrlich? Er war verdammt nutzlos. Nicht dass ich viele Vergleichsmöglichkeiten hätte, aber mir hat er nicht viel gebracht.«
Schuldbewusst füge ich hinzu: »Das ist vermutlich nicht gerecht. Nur weil er mich nicht in Ekstase versetzt hat, heißt das nicht, dass er bei einer anderen nicht das Richtige tun könnte. Aber einen Rat gebe ich dir, Hannah. Was immer du tust, lass die Finger von egoistischen Kerlen.«
»Das versteht sich von selbst«, antwortet sie und schnappt sich einen Zweig, der auf dem Weg liegt, »ich bin selber viel zu egoistisch, um mir das anzutun. Ich will einen Mann, der mich auf Händen trägt, und das würde ein Egoist wohl kaum tun, oder? Und wenn es Richard im Bett nicht bringt, dann hat es sich sowieso erledigt. Hast du ihn abgeschossen, weil er eine Niete im Bett war?«
»Das war ein Grund, aber nicht der wichtigste«, entgegne ich wahrheitsgemäß. »Ich fand einfach, es sei keine gute Idee, den Rest meines Lebens mit einem Menschen zu verbringen, den ich nicht besonders mag.«
»Das macht echt Sinn«, stimmt sie zu.
»Und mir ist klar geworden, dass es gerechtfertigt ist, mehr zu verlangen. Ich muss mich nicht mit dem Zweitbesten zufrieden geben. Genau genommen war Richard nicht einmal der Zweitbeste, das ist viel zu freundlich. Er war das Letzte.«
»War er wirklich so schlimm? Ich weiß, Caro konnte ihn nicht leiden, aber du musst ihn doch irgendwie gemocht haben. Ich meine, um … du weißt schon …« Sie kichert. »Um mit ihm in die Kiste zu steigen.« Trotz ihrer bisherigen Offenheit flüstert sie die letzten Worte beinahe, als würden die Bäume lauschen und könnten schockiert sein.
»Man muss einen Menschen nicht mögen, um ihn zu lieben«, antworte ich vorsichtig.
Sie denkt eine Weile über meine Worte nach
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