Eine Braut zu Weihnachten
dass man seine Mutter nicht belügen sollte. Oder, wie in diesem Fall, die Mutter seines unehrlichen Ehemanns.«
»Ha.« Sebastian zuckte mit den Schultern. »Man belügt seine Mutter andauernd. Es gibt Dinge, die man Müttern besser vorenthält. Glaubst du, meine Mutter wäre ruhiger gewesen, wenn sie genau gewusst hätte, was ich vorhatte, bevor ich mich auf eine Expedition begab?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Ganz sicher nicht.« Er nickte. »Seine Mutter zu belügen, könnte sogar als Bemühen betrachtet werden, sie zu schützen.«
Sie starrte ihn an. »Du verstehst es wirklich sehr gut, die Dinge zu deinem eigenen Vorteil zu wenden.«
»Es ist eine Gabe.« Sebastian ließ ein freches Grinsen aufblitzen, aber dann wurde er ernst. »Wie ich es sehe, haben wir zwei Möglichkeiten. Die eine wäre, alles zu beichten, aber wie du schon ganz richtig sagtest, würden wir Weihnachten damit für alle ruinieren.«
»Und die andere?«
»Wir könnten tapfer weitermachen wie bisher.«
Sie riss empört die Augen auf. »Ich kann meine Familie nicht belügen.«
»Du hast auch meine Familie belogen. Und …«, er machte eine Pause, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, »… meine Mutter.«
»Zu ihrem eigenen Besten, wie du selbst gesagt hast. Und trotzdem …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann meine Familie nicht belügen.«
Er betrachtete sie einen Moment lang schweigend. »Tu, was du für das Beste hältst«, sagte er dann.
Sie starrte ihn an. »Wirst du nicht versuchen, mich davon abzuhalten?«
»Nein«, sagte er und wählte seine nächsten Worte mit Bedacht. »Ich würde nie von dir verlangen, etwas zu tun, was dir unangenehm ist. Obwohl es, wenn ich mich recht entsinne, deine Idee war, bei dieser Scharade mitzuspielen.«
»Ja, das schon, aber …«
Er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Das ist im Moment kein Argument. Ich vertraue dir, Veronica, und verlasse mich auf deine Intelligenz und dein Urteilsvermögen. Ob du deiner Familie die Wahrheit sagst oder nicht, das ist deine Entscheidung. Und was immer auch daraus entstehen mag, ich werde mit den Auswirkungen schon fertig werden. Vergiss nur eins nicht.« Er griff wieder nach ihr, und sie ließ sich an ihn ziehen. Er schaute ihr in die Augen. »Egal, was auch geschehen mag, es ändert nichts für mich.«
Sie starrte ihn an. »Nein?«
»Nein. Du bist für mich das Einzige, was zählt.«
»Und du vertraust mir?«
Er nickte. »Ich vertraue dir meine Zukunft an. Mein Leben.«
»Oh.« Zum zweiten Mal schon an diesem Tag wusste sie nicht, was sie sagen sollte. »Oh.«
Sebastian grinste. »Habe ich dich sprachlos gemacht?«
»Nein.« Dann seufzte sie. »Vielleicht.«
»Weißt du, warum?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Weil du …«, er küsste sie auf die Nasenspitze, »verrückt nach mir bist.«
Sie blickte zu ihm auf und seufzte. »Oder auch einfach nur verrückt.«
Kapitel Achtzehn
I ch dachte mir, dass ich Sie hier finden würde.« Veronica zog die Tür der Bibliothek hinter sich zu und lächelte ihren Vater an.
»Das hier ist eine sehr beeindruckende Sammlung.« Ihr Vater stand vor den Regalen hinter dem Schreibtisch und blätterte in einem Buch. »Wenn ich es richtig verstanden habe, erwarb dein Mann sie mit dem Haus.«
Veronica nickte. »Sebastian hatte leider noch keine Gelegenheit, sich eine genaue Vorstellung zu machen, was sie enthält.«
»Nach dem, was ich bisher gesehen habe, erwartet ihn ein ganz besonderes Vergnügen. Dein Ehemann ist ein Glückspilz.«
Veronica zuckte innerlich zusammen.
Sie hätte nie gedacht, dass der Schwindel sich wie eine schwere Last auf ihr Herz legen würde. Aber genauso war es.
Das Abendessen hätte jedoch jede Gastgeberin mit Stolz erfüllt. Die Gesellschaft war angenehm, die Unterhaltung angeregt. Die meisten Gespräche drehten sich um Weihnachten und das Schmücken des Hauses und des Baumes morgen. Sogar ihre Familie hatte sich angeregt daran beteiligt und sich offenbar gut unterhalten. Veronica war nicht sicher, ob es wegen des festlichen Charakters der Jahreszeit war, ob Sebastians Familie einfach immer gern zusammen war oder ob es eine Kombination von beidem war, aber das Beisammensein war von einer Ungezwungenheit und Wärme, die auch ihre Familie mit einschloss, mit der sie nicht gerechnet hatte. Sie und Sebastian waren die Einzigen, die sich nicht so großartig unterhielten, auch wenn er das sehr gut verbarg. Und wieso auch nicht? Er hatte alles erreicht, was von ihm
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