Eine Braut zu Weihnachten
auch zwanzig Jahre älter gewesen als sie und sehr viel weiser, ein Mann, der genau wusste, was er von einer Ehefrau bekommen würde. Er hatte ihr einmal gesagt, wenn sie nicht gewesen wäre, hätte er nie geheiratet. Charles hatte keine perfekte Frau gewollt, so wie die Welt es allgemein von Ehefrauen erwartete. Er hatte ihren unabhängigen Geist, ihre Entschlossenheit und all die anderen Eigenschaften geliebt, die die Welt in ihrer Gesamtheit als ungeeignet für eine Ehefrau erachtete. Er hatte es amüsant gefunden, eine Frau zu haben, die wusste, was sie wollte, und ihre Intelligenz nicht versteckte. Er hatte sie so genommen, wie sie war. Und trotzdem hatte er alle wichtigen Entscheidungen hinsichtlich ihrer Finanzen und ihres Lebens getroffen. Aber Charles war vor drei Jahren gestorben, und inzwischen war Veronica es gewöhnt, ihre eigenen Entscheidungen zu fällen, und konnte und wollte diese Freiheit nicht mehr aufgeben.
Sie hatte einmal Glück gehabt. Aber konnte sie wirklich erwarten, dass ein weiterer Mann ihre unkonventionelle Lebensweise akzeptieren würde? Nein. Trotz seiner Beteuerungen würde Sebastian es hassen, mit ihr verheiratet zu sein. Er würde wollen, dass sie nach seinen Vorstellungen lebte, und sie würde tun und lassen wollen, was sie für richtig hielt. Irgendwann würde eine Zeit kommen, in der er von ihr erwarten würde, ihre unkonventionelle Einstellung aufzugeben und sich seinen Wünschen unterzuordnen. Sich »damenhaft und anständig« zu benehmen und ihre Ansichten für sich zu behalten. Veronica hegte nicht den kleinsten Zweifel daran, dass es so kommen würde. Hatte sein ungewöhnlich zurückhaltendes Benehmen das nicht gerade erst bewiesen?
O Gott! Trotz all ihrer Bedenken verzehrte sie sich danach, mit diesem Mann zusammen zu sein, ihr Leben und ihr Bett mit ihm zu teilen.
Portia hatte auch in einem anderen Punkt recht gehabt: Veronica hatte sich die Sache mit der Geliebten nicht gründlich genug überlegt. Sie hatte nicht wirklich an den Skandal und Klatsch gedacht, obwohl sie sich noch nie besonders um diese Dinge gesorgt hatte. Ihren Beobachtungen zufolge brauchte man nur genügend Geld zu haben, und schon sah die Gesellschaft über fast alles hinweg. Auch wenn das im Moment ein überflüssiges Argument war, da sie bisher noch nichts getan hatte, worüber man hinwegsehen müsste. Bisher schaffte sie es ja nicht mal, Sebastian zu verführen. Offenbar war sie als Geliebte genauso unbrauchbar wie als Ehefrau. Aber zu Anfang war es ihr wie eine gute Idee erschienen, und ihrer Meinung nach hatte sie immer noch sehr viel für sich.
Und wenn sie ihn nun nicht mehr wiedersah? Ihr trügerisches Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken. Sie konnte Sebastian nicht aus ihrem Leben hinausspazieren lassen. Oder vielmehr, ihn hinausstolzieren und die Tür hinter sich zuschlagen lassen. Nein. Veronica stützte sich auf die Ellbogen. Sie würde ihn nicht aus ihrem Leben hinausspazieren lassen. Sie hatte noch nie etwas abgeschrieben, woran ihr etwas gelegen hatte. Sie musste etwas tun. Alles außer heiraten natürlich. Ein neuer Plan musste her, dachte sie und schnaubte dann geringschätzig. Ihr Plan, Sebastian zu verführen, hatte ja auch soo gut funktioniert.
Aber sie wollte ihn, und sie würde ihn auch bekommen. Daran bestand für sie kein Zweifel. Die einzige Frage war, wie sie es anstellen sollte. Sie weigerte sich, auch nur daran zu denken, dass sie ihn schon ganz verloren haben könnte. Und dann kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht genau das Gleiche dachte. Man machte einer Frau doch keinen Heiratsantrag, um dann nach einer Absage kurzerhand, als wäre nichts gewesen, sein Leben fortzusetzen. Es war also durchaus möglich, dass Sebastian eine ebenso schlaflose Nacht verbrachte wie sie selbst. Sofort wurde ihr leichter ums Herz. Gut. Und mehrere schlaflose Nächte würden ihm sogar noch deutlicher vor Augen führen, wie wichtig es war, sie in seinem Leben zu behalten. Selbst zu ihren Bedingungen. So oder so – bis Weihnachten würde sie das Bett mit ihm teilen und seine Geliebte sein.
Oh ja, dieses Weihnachten würde ein sehr denkwürdiges werden.
Kapitel Zehn
B ist du verrückt?« Sinclair starrte Sebastian an, als ob er den Verstand verloren hätte.
»Ich glaube nicht, dass mein Geisteszustand hier infrage steht«, erwiderte er beleidigt.
»Lass mich mich vergewissern, dass ich nichts übersehen habe.« Sinclair lag auf dem Sofa im Salon und gestikulierte mit der Zigarre in
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