Eine Braut zu Weihnachten
irren, auch wenn sie es nicht gesagt hatte. Oder nur zu stur war, um es zuzugeben. Oder es selbst noch nicht erkannt hatte.
»Mir scheint, dass du bisher nicht nach deinen Regeln gespielt hast.«
Sebastian kniff die Augen zusammen. »Nach wessen Regeln dann?«
»Nach den Spielregeln der Gesellschaft oder vielleicht auch den Regeln deiner Familie. Du hast versucht, ein echter Gentleman zu sein.«
»Man verführt nicht die Frau, die man zu heiraten gedenkt.«
Sinclair lachte. »Und warum nicht?«
»Ich weiß es nicht.« Sebastian schaute zornig drein. »Oder weil es mir einfach falsch vorkommt.«
»Aha.« Sinclair legte seine Zigarre im Aschenbecher ab und griff nach seinem Glas. »Dann ist mir zumindest alles klar.«
»Würdest du dann vielleicht so nett sein, es mir zu erklären?«
»Du willst den Respekt deiner Brüder erlangen. Du willst ihnen zeigen, dass du ein genauso verantwortungsbewusster, korrekter Mann bist wie sie.«
»Dies alles hat nichts mit meinem Erbe zu tun«, Sebastian wurde scharf.
»Nein, es geht weit darüber hinaus.« Sinclair trank einen Schluck Whisky und sah seinem Freund prüfend ins Gesicht. »Trotz ihrer ungewöhnlichen Ansichten ist Lady Smithson eine angemessene, respektable Partie für dich. Und du willst akzeptiert werden, deinen Platz in deiner Familie einnehmen, hab ich recht?«
Sebastian paffte seine Zigarre. »Das klingt nicht ganz unvernünftig, denke ich.«
»Dann lass dir von mir etwas sagen.« Sinclair beugte sich vor und sah seinem Freund in die Augen. »Du erlebst den Traum eines jeden Mannes. Eine Frau zu haben, die du vergötterst, die nicht heiraten will, aber bereit ist, dir alle Vorteile einer Ehe zu verschaffen. Wenn deine Familie nicht wäre, wärst du dann trotzdem noch so erpicht darauf, sie zu heiraten?«
»Das ist eine interessante Frage.« Sebastian starrte den Amerikaner an, als ihm ein Dutzend Gedanken durch den Kopf schossen. »Eine Heirat würde meine Familie sehr erfreuen. Meine Schwestern waren jedenfalls ganz entzückt über die Aussicht, Veronica zur Schwägerin zu bekommen.«
Sinclair schnaubte.
»Aber ungeachtet dessen …«, Sebastian atmete einmal tief ein, »will ich auch nicht so weiterleben wie bisher. Was allerdings nicht heißt, dass ich etwas bereue«, setzte er schnell hinzu. »Es hat sehr viel Spaß gemacht.«
Sinclair erhob sein Glas. »Uns allen.«
»Doch sogar schon vor meiner Heimkehr hatte ich angefangen zu denken, dass das, was ich jetzt vom Leben will, nicht das Abenteuer neuer Orte und fremder Länder ist, sondern das maßvollere Abenteuer, könnte man sagen, von Heim, Herd und Familie. Und ja, irgendwann auch einer Ehe.« Er erwiderte ruhig Sinclairs Blick. »Veronica ist dieses Abenteuer. Mein Abenteuer.«
»Dann ist sie also der Grund, warum du heute nicht mehr gegen das Heiraten bist?«
»Ich hatte nie wirklich Lust zu heiraten, zumindest bis jetzt nicht. Ich suchte keine Ehefrau … bis ich Lady Veronica Smithson begegnete. Sie machte den entscheidenden Unterschied.« Er hielt kurz inne. »Auch wenn ich ihr vor zehn Jahren begegnet wäre, mitten in der Sahara, als ich nichts anderes wollte, als die Welt zu bereisen, wäre sie mein Abenteuer gewesen. Ich hätte sie auf der Stelle geheiratet.« Er lächelte. »Und jetzt würde ich sie selbst dann noch heiraten, wenn sie völlig unangemessen wäre. Wenn ich zwischen meiner Familie und Veronica wählen müsste, würde ich mich für Veronica entscheiden.«
Der Amerikaner starrte ihn an.
»Ich will sie zur Frau, weil ich sie für immer in meinem Leben haben will. Mit weniger werde ich mich nicht zufriedengeben.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass es nicht leicht sein wird, aber ich freue mich genauso aufs Debattieren und intellektuelle Streiten mit ihr wie auf Spaß und Lachen.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich will ihre Hand halten, wenn ich sterbe.«
»Großer Gott.« Sinclair schüttelte ungläubig den Kopf. »Du bist verliebt.«
Sebastian lachte. »Ich bin genauso schockiert darüber wie du.«
»Na dann.« Sinclair streckte seine schlaksigen Glieder und stand vom Sofa auf.
Sebastian zog die Augenbrauen hoch. »Was machst du?«
»Ich kann im Stehen besser denken.« Er hob seine Zigarre auf und zog daran. »Ich bin dein bester Freund, oder nicht?«
»Absolut.«
»Und du würdest alles tun, um mir zu helfen, wenn ich deine Hilfe bräuchte?«
»Ohne Frage.«
»Dann ist das Mindeste, was ich tun kann, dir zu helfen, die Frau zu gewinnen, die du
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