Eine Braut zu Weihnachten
irgendetwas. Bei Charles hatte sie nie gezweifelt, dass es Liebe war, obwohl sie zugegebenermaßen keine Vergleichsmöglichkeit gehabt hatte, da sie dieses Gefühl vor ihm noch nie empfunden hatte. Aber ihr Verlangen war bei ihm ein wenig … zaghafter gewesen. Bei Sebastian war Liebe etwas schwer zu Fassendes, oft Scherzhaftes und bis jetzt auch noch sehr Unsicheres, während Leidenschaft und Sehnsucht unverkennbar waren. Vielleicht lag es daran, dass sie heute älter und erfahrener war.
Seltsam war auch, dass Sebastian ihr sein Nachgeben nicht als Sieg anrechnete, obwohl es das in Wahrheit war. Sie hatte ja nicht einmal eine Verlobung als Kompromiss anbieten müssen, obwohl das irgendwann noch immer nützlich sein könnte. Er war bereit, sie als seine Geliebte zu akzeptieren, zumindest über die Weihnachtstage. Sebastian war nicht der Mann, der so leicht aufgab, was er wollte. Aber sie hatte genau das bekommen, was sie wollte, und er hatte, nun ja, verloren.
Natürlich! Das hätte sie eigentlich gleich erkennen müssen. Der Mann gab keineswegs seine Heiratsabsichten auf, er verlegte nur die Kampfzone! Was für einen besseren Weg gab es, sie zu einer Heirat zu bewegen, als sie in eine häusliche Umgebung zu versetzen – und dann auch noch zu Weihnachten –, in ein Haus, das restauriert werden musste, und mit einer neuen Dienerschaft, die Ausbildung benötigte? Denn welcher Mann könnte schon einen Haushalt richtig führen? Und welche Frau könnte einer solchen Herausforderung schon widerstehen?
Veronica schnappte nach Luft, als ihr diese Erkenntnis kam. Der Mann hatte vor, sie zu einer Heirat zu verführen, aber das war keineswegs die Art Verführung, die sie wollte. Und bei seinen ständigen Vorträgen darüber, dass man eine Frau, die man zu heiraten gedachte, nicht verführte, stand zu erwarten, dass er nicht einmal beabsichtigte, das Bett mit ihr zu teilen, bis sie seinen Ring am Finger hatte. Oh, was für ein schlauer, raffinierter Teufel er doch war!
Dabei war offensichtlich, dass er sie in körperlicher Hinsicht ebenso begehrte wie sie ihn. Verärgert trommelte sie mit den Fingern auf die Sofalehne. Vielleicht hatte sie alles ganz falsch angefangen. Sie hatte sich, wenn auch vergeblich, die größte Mühe gegeben, ihn zu verführen, doch bis auf die heutigen Küsse war er stets zurückhaltend und sehr korrekt geblieben. Und hatte gerade das nicht dazu geführt, dass sie ihn nur noch mehr begehrte?
Vielleicht sollte sie es aufgeben, ihn verführen zu wollen. Vielleicht sollte sie sich genauso überkorrekt verhalten wie er. Der Art und Weise nach, wie er sie heute geküsst hatte, zu urteilen, würde es nicht lange dauern, bis seine Entschlossenheit nachließ. Vielleicht war der Schlüssel, um ihren Plan zum Funktionieren zu bringen, sich nicht allzu leicht verführen zu lassen, ihn zu ermutigen, aber nicht nachzugeben? Ihrem eigenen Verlangen zu widerstehen, bis er seinem nicht mehr widerstehen konnte. Schließlich wollten Männer immer das, was sie nicht haben konnten. Und wenn Sebastian erst einmal seine eigene Regel gebrochen hatte, die Frau, die er heiraten wollte, nicht zu verführen, würde er die Idee zu heiraten vielleicht ganz aufgeben und sie als seine Geliebte akzeptieren. Genauso, wie sie es ihm zu Anfang vorgeschlagen hatte. Sie würde ihre Unabhängigkeit behalten und Sebastian die seine. Genauso, wie sie es haben wollte. Man konnte also tatsächlich einen Kuchen essen und ihn trotzdem noch behalten.
Auch wenn es möglich war, dass man seinen Appetit auf Kuchen dabei ganz verlor.
Kapitel Zwölf
E in reizendes Häuschen haben Sie sich gekauft, Sebastian«, bemerkte Veronica ironisch, als sie zu der hoch aufragenden Fassade von Greyville Hall aufblickte. »Ein dreigeschossiges Gebäude aus der Zeit Jakobs I. ist schon eine ziemliche Überraschung, muss ich zugeben.«
»Von Schnee umgeben sieht es schon viel besser aus als vorher. Man kann nicht sehen, wie viel Arbeit auf dem Gelände noch zu erledigen ist.« Sebastians Blick glitt über das Herrenhaus. »Was haben Sie denn erwartet?«
»Oh, ich weiß nicht.« Sie überlegte kurz. »Etwas weniger Elegantes, Rustikaleres vielleicht. Mit veralteten Rohren und unzureichender Heizung.«
»Dann werden Sie nicht enttäuscht sein.« Er lachte. »Aber was für eine Art von Haus, dachten Sie, hätte ich gekauft?«
»Eine Burg vielleicht?«
»Eines Mannes Haus ist seine Burg«, sagte er mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme.
»Eine uralte
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