Eine Braut zu Weihnachten
Burg mit Zinnen, einer Zugbrücke und wehenden Bannern mit einem … einem …«
Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Einem was?«
»Mit einem Kompass darauf. Ihrem Kompass.« Sie lächelte. »Ja, das wäre perfekt. Und dein Motto – In Ambitu, Gloria – aufgestickt darunter.«
»Das ist eine großartige Idee«, sagte er und grinste. »Ich sollte Banner für alle Ecken des Hauses nähen lassen.«
»Obwohl dieses Haus wahrscheinlich schon prunkvoll genug ist ohne sie.« Das Haus erinnerte sie tatsächlich an eine vornehme ältere Dame, die auf die Welt herabblickte, die sie einst beherrscht hatte. Der rote Backsteinbau mit seinen weißen Ecksteinen, seinen viereckigen, mit eleganten Bleikuppeln und steinernen Kreuzblumen bekrönten Türmen war imposant, aber auch einladend. »Mir gefällt es gut, und je länger ich es ansehe, desto mehr denke ich, dass es zu Ihnen passt.«
»Freut mich, dass es Ihnen gefällt.« Er warf einen skeptischen Blick auf die Dienstboten, die an ihm mit Veronicas Gepäck nacheinander vorbeigingen. Es war eine erstaunlich lange Reihe. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie so viel mitgebracht hatte. »Wie ich sehe, wollen Sie jede leere Ecke füllen«, scherzte er.
»Meine Güte, Sebastian.« Veronica zog ihre Pelze fester um sich und rief einem Lakai mit einem gefährlich schwankenden Stapel Schachteln zu: »Gehen Sie bitte vorsichtig damit um!«
»Was ist in den Schachteln?«, fragte Sebastian neugierig.
»Glaszierrat aus Deutschland«, beschied sie ihn mit einem strengen Blick. »Ich nahm an, dass Sie sich nicht allzu viele Gedanken über Christbaumschmuck gemacht haben.«
Sebastian verzog das Gesicht. »Sie haben recht. Das könnte ich übersehen haben.«
»Deshalb habe ich welchen mitgebracht. Ausgesprochen modischen, wie ich vielleicht hinzufügen darf. Betrachten Sie ihn als Geschenk für Ihr neues Haus. Was den Rest angeht, so werde ich mindestens zwei Wochen hier sein.«
»Allermindestens.«
»Und man kann nie wissen, zu welcher Art gesellschaftlichem Ereignis man vielleicht eingeladen wird, sogar hier draußen auf dem Land.«
»Sie sind ebenso praktisch, wie Sie hübsch sind.« Er nahm ihre Hand und führte sie galant an seine Lippen. »Und Sie sind ganz außergewöhnlich hübsch.«
»Und Sie unverbesserlich.« Sie lachte. »Aber Sie brauchen sich nicht so viel Mühe zu geben, wissen Sie, denn ich bin ja hier.«
»Und hier gedenke ich, Sie auch so lange wie nur möglich festzuhalten. Ich habe Sie vermisst, Veronica. Es war eine sehr lange Woche ohne Sie. Haben Sie mich auch vermisst?«, fügte er übertrieben beiläufig hinzu.
»Wie könnte irgendeine Frau den berühmten Sir Sebastian Hadley-Attwater nicht vermissen?«, scherzte sie.
»Irgendwelche Frauen interessieren mich nicht. Nur Sie.« Er nahm ihren Arm und führte sie die wenigen Schritte zur offenen Tür hinauf und in die Eingangshalle, die von einer wuchtigen, geschnitzten Treppe beherrscht wurde.
»Haben Sie viel erreicht seit Ihrer Ankunft?«
»Die Arbeiten waren viel weiter fortgeschritten, als ich erwartet hatte.« Er blickte sich mit unverhohlener Anerkennung um. »Würden Sie gern gleich die große Besichtigungstour machen?«
»Ich fürchte, ohne würde ich mich sehr schnell verlaufen.« Veronica legte ihren Hut und Pelz ab und reichte beides einem livrierten Diener. Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte, aber das Haus schien viel Personal zu haben. Anscheinend brauchte Sebastian schließlich doch keine Frau zur Führung seines Haushalts. Sie ignorierte den störenden Gedanken. »Wie ich sehe, haben Sie noch nicht mit der Weihnachtsdekoration begonnen.«
Sie gingen die Treppe hinauf. »Ich dachte, wir sollten es zusammen tun.«
»Wie reizend. Ich wusste gar nicht, dass Sie so häuslich sind.«
Er beugte sich zu ihr hinüber und senkte die Stimme. »Liebenswert, nicht?«
Sie lachte. »Sehr.«
»Ich möchte wetten, dass sie mit frisch geschnittenen Kiefernzweigen besser riechen wird als mit dieser Farbe. Aber so, wie ich sie vorfand, als ich sie kaufte, brauchte sie die Farbe. Und wie sich herausstellt …«
Veronica blieb auf der Treppe stehen und blickte ihn verwundert an. »Sie?«
»Oh.« Er nickte. »Sie, ja, Lady Greyville. Sie ist das Haus.« Er legte eine Hand unter Veronicas Ellbogen und führte sie weiter. »Sie ist eine wundervolle alte Dame, deshalb wäre es ein Jammer, sie als ›es‹ zu bezeichnen. Schließlich spricht man auch bei Schiffen von ›sie‹.
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