Eine Braut zu Weihnachten
zusammen. »Woran denkst du, Bianca?«
»Zunächst einmal besteht kein Grund, Veronica irgendetwas zu erzählen«, stellte Bianca entschieden fest.
»Würde es sie denn nicht wundern, wenn jemand sie Lady HadleyAttwater nennt?«, wandte Miranda ein.
»Niemand in der Familie wird sie mit ihrem Titel anreden«, sagte Bianca. »Wir nennen Sebastian ja auch nicht Sir Sebastian , und wir sprechen Adrian nicht mit Lord Waterston an.« Sie erwiderte den Blick ihres Bruders voller Zuversicht. »Wenn wir alle zusammenarbeiten, Lady Smithson wann immer möglich von den anderen fern halten, sie nie mit einem Familienmitglied allein lassen und uns alles Mögliche ausdenken, um uns alle zu beschäftigen, wird sie nicht merken, dass alle glauben, ihr wärt verheiratet. Und auch der Rest der Familie wird nicht merken, dass ihr es nicht seid.«
»Bianca!« Miranda schnappte nach Luft. »Ich kann nicht glauben, dass du so etwas … Infames vorschlägst!«
»Ach komm, Miranda, stell dich nicht so an. Außerdem …« Sie warf ihrem Bruder einen entschuldigenden Blick zu. »Da wir teilweise für diesen Schlamassel verantwortlich sind, müssen wir Sebastian helfen.«
Sebastian sah Bianca versonnen an. »Dir ist aber doch wohl bewusst, dass seine Familie zu täuschen als Unrecht betrachtet werden könnte?«
Bianca zuckte mit den Schultern.
»Und uns das Ganze um die Ohren fliegen könnte …«
Miranda nickte. »Wie die Brücke.«
»… oder beziehungsweise mir«, schloss er. »Weil ihr beide zweifellos so tun würdet, als hättet ihr von nichts gewusst …«
»Das konnten wir schon immer gut«, sagte Miranda und lächelte unschuldig.
»Und trotzdem glaube ich …« Er nickte langsam. »Dass mir die Idee gefällt.« Er starrte Bianca an, als sähe er sie in einem völlig neuen Licht. »Ich hatte keine Ahnung, dass du so diabolisch sein kannst.«
»Diabolisch und genial.« Bianca grinste selbstgefällig. »Aber eigentlich schlage ich ja nur vor, dass wir, da die Familie eine Ehefrau erwartet, alles tun, um sicherzugehen, dass sie nicht enttäuscht wird.« Wieder warf sie ihm ein selbstgefälliges und zutiefst beängstigendes Lächeln zu. »Ich hasse Enttäuschungen an Weihnachten.«
Kapitel Vierzehn
A lso ich finde, es ist eine großartige Idee«, sagte Bianca zu Veronica auf ihrem Weg vom Dorf nach Greyville Hall.
»Und sie ist auch ausgefallen und vielleicht ein bisschen albern, aber gerade das gefällt mir so daran.« Veronica lächelte und zog ihren Umhang fester um sich.
Rechts und links der Straße lag noch Schnee, und die spätmorgendliche Luft war kälter, als Veronica erwartet hatte. Sie hätte es vorgezogen, mit ihrer Kutsche ins Dorf zu fahren, aber die beiden Hadley-Attwaters schienen robuste junge Damen mit einer Vorliebe für ausgedehnte Spaziergänge zu sein.
Mrs. Bigelow hatte Veronica bei ihrem Geschenk für Sebastian nicht helfen können und sich mit einem Haus voller unerwarteter Gäste entschuldigt. Zwei Gäste waren für Veronica kein ›volles Haus‹, aber andererseits war die Haushälterin es ja auch nicht gewöhnt, überhaupt jemanden im Haus zu haben. Um Veronica nicht ganz im Stich zu lassen, hatte sie sie zu ihrer Schwester ins Dorf geschickt, damit ihr dort geholfen würde. Veronica war nicht sicher, wie es dazu gekommen war, doch ehe sie sich’s versah, begleitete Bianca sie – und bestand auch noch darauf, zu Fuß zu gehen.
»Ich finde, es ist das perfekte Geschenk für ihn«, sagte Bianca entschieden. »Eine Flagge für einen seiner Türme, bestickt mit dem Bild dieses alten Kompasses, den er so liebt. Ich wünschte, ich wäre darauf gekommen.«
Veronica schmunzelte. Albern oder nicht, es schien tatsächlich genau das richtige Geschenk für Sebastian zu sein.
In kameradschaftlichem Schweigen gingen die beiden Frauen weiter. Veronica hatte Bianca sofort sympathisch gefunden, als sie sich gestern Abend kennengelernt hatten, und Miranda auch. Sie hatten gestern alle zusammen gegessen und einen sehr angenehmen Abend miteinander verbracht, obwohl Miranda ein bisschen gedämpfter Stimmung und nervös gewesen war, was jedoch auch ihre normale Wesensart sein könnte. Jede Gesprächspause wurde sofort von Bianca überbrückt, die ganz reizend war und die Anwesenheit von Sebastians Geliebter überhaupt nicht als peinlich zu empfinden schien. Sebastian dagegen hatte sehr besorgt gewirkt. Komisch, aber es war natürlich auch gut möglich, dass der unerwartete Besuch seiner Schwestern der Grund
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