Eine Braut zu Weihnachten
gewesen war.
»Er war immer gern der Ritter, der schönen Damen in Not zu Hilfe eilt, wissen Sie.« Bianca warf Veronica einen raschen Blick zu. »Aber er hat nie Anstalten gemacht, längere Zeit in Gesellschaft der besagten Dame zu verweilen.«
Veronica schüttelte den Kopf. »Ich brauche keine Hilfe.«
»Und ist das nicht interessant?«, murmelte Bianca.
»Ist es das? Warum?«
»Weil Sie gar nicht der Typ Frau sind, für den Sebastian sich früher interessierte.«
»Und was für ein Typ Frau bin ich?«, fragte Veronica gedehnt.
»Nun, zunächst einmal gehe ich davon aus, dass Sie mindestens so intelligent sind wie er. In dieser Beziehung passen Sie gut zusammen.« Bianca schwieg einen Moment. »Und Sie sind auch genauso unabhängig wie er.«
Veronica zog eine Augenbraue hoch. »Dann ist meine Unabhängigkeit wohl schon ein Gesprächsthema gewesen, nehme ich an.«
Sebastian und seine Schwestern hatten sich noch lange, nachdem Veronica sich gegen Abend zurückgezogen hatte, miteinander unterhalten, was erklären mochte, wieso er nicht an die Tür zwischen ihren Zimmern geklopft hatte.
Trotz ihrer neuentdeckten Entschlossenheit, Verführung zu vermeiden, ärgerte Veronica sich darüber, dass er nicht erschienen war. Irgendwann im Laufe einer langen, ruhelosen Nacht war sie aufgestanden, um den Schlüssel im Schloss der Verbindungstür umzudrehen. Und wenn auch nur als Botschaft und nicht mehr.
»Sebastian sagte, dass Sie um Ihrer Unabhängigkeit willen nicht heiraten wollen«, nahm Bianca das Gespräch wieder auf. »Ich kann Ihr Argument gut verstehen.«
Veronica nickte. Portia hatte Biancas Entfremdung von ihrem Mann erwähnt, aber nicht viel mehr gewusst als das.
Bianca warf ihr einen Blick zu. »Sind Sie über meine Situation im Bilde?«
»Portia ist eine meiner liebsten Freundinnen«, sagte Veronica nur, weil keine weitere Erklärung nötig war.
»Dann möchte ich wetten, dass Sie alles über unsere Familie wissen.« Bianca lachte. »Eheprobleme waren wohl unvermeidlich, schätze ich, wenn man nach einer Gestalt aus Der Widerspenstigen Zähmung genannt ist, auch wenn nicht nach der Xanthippe selbst. Wussten Sie, dass alle in der Familie nach einer Shakespeare-Gestalt genannt sind?«
»Dann ist Sebastian …« Veronica überlegte kurz. »Aus Was ihr wollt? «
Bianca nickte. »Heute scheint es eine charmante Idee gewesen zu sein von Mutter, aber als Kind war es schon komisch, nach einer Gestalt aus einer Komödie genannt zu sein.« Sie beugte sich zu Veronica hinüber. »Ich vermute, dass es nur ein Vorwand war, um Namen aussuchen zu können, die Mutter interessanter fand als Mary, Anne oder Jane.«
Veronica lachte.
»Jedenfalls bin ich ewig dankbar, dass ich keine Julia bin.« Bianca schüttelte in gespieltem Ernst den Kopf. »Sie hat kein gutes Ende genommen.«
»Sie glauben, dass der Name mit einem Fluch belegt sein könnte?«
»Es sind sicherlich gewisse Erwartungen damit verbunden, könnte ich mir vorstellen, obwohl selbst Shakespeare gesagt hat, Namen seien nur Schall und Rauch.« Bianca lächelte. »Sebastian hat nie das Gefühl gehabt, den Erwartungen gerecht geworden zu sein.«
Veronica runzelte die Stirn. »Wegen seines Namens?«
»Nein, wegen seiner Möglichkeiten. Auf jeden Fall nicht Vaters Erwartungen. Von einem Hadley-Attwater wird erwartet, sich in der Welt auf viel konventionellere Weise einen Namen zu machen, als Sebastian es vorzog zu tun.« Sie zuckte mit den Schultern. »Trotz seines beachtlichen Erfolgs fürchte ich, dass mein jüngster Bruder glaubt, in den Augen der übrigen Familie eine Enttäuschung zu sein. Besonders, was Adrian und Hugh angeht. Doch wir denken gar nicht so. Oder zumindest ich nicht.«
»Verstehe.«
»Aber Sebastian hat sich verändert, zumindest in einigen Dingen. Da sind sein Haus und seine Absicht, sesshaft zu werden. Das ist alles sehr verantwortungsbewusst. Und natürlich sind ja auch Sie noch da.«
»Ich?«
»Ja.« Bianca nickte. »Sie sind eine sehr angemessene Partie für ihn, trotz Ihrer unverblümten Art oder vielleicht gerade deswegen.« Sie warf Veronica einen amüsierten Blick zu. »Denn die ist wohlbekannt.«
»Das hoffe ich doch, denn sonst wäre es ja sinnlos, so zu sein.« Veronica lachte. »Aber ist Ihnen auch bewusst, dass ich nicht die Absicht habe, ihn zu heiraten?«
»Und warum sollten Sie? Sie brauchen weder sein Vermögen noch seinen Ruhm. Sie sind ihr eigener Herr. Da wäre die Ehe ja wie eine Schlinge um Ihren
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