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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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sagen.
    Brenner, dachte er, kann bis Montag warten. Uberschlaf es, überdenke es dir. Irgendeine Lösung mußte es geben.

29
    Am Freitag nachmittag kam Charles in Redhill an. Es war ein wunderschöner, warmer Tag, und er bewunderte mit Sara, Dick und Colonel Bradley Farthing vom Rosengarten aus den goldroten Sonnenuntergang.
    Ein wenig später ging Sara nach oben zu William Arthur und Miss Coles. Die Männer blieben im Freien bei ihren Getränken sitzen.
    Brad Farthing interessierte sich ganz besonders für Charles und stellte ihm viele Fragen, anscheinend um herauszufinden, wie MI 5 funktionierte. Charles umschiffte mit viel Geschick die meisten dieser Fragen. Nach einer halben Stunde entschuldigte er sich, ging ins Arbeitszimmer des Generals und rief Vernon Kells Privatnummer an.
    Als Kell an den Apparat kam, fragte er Charles als erstes, wann er zurückgekommen sei.
    «Ich spreche von Redhill aus, Vernon, ich habe den Nachtzug genommen, wie verabredet.»
    «Nein, Charles, das stimmt nicht.» Kells Stimme klang kühl, schlimmer noch, verletzt.
    «Aber doch stimmt es. Natürlich nicht unter meinem richtigen Namen.»
    «Unter welchem Namen denn? Jedenfalls nicht unter Rathbone.»
    «Vernon, was zum Teufel ist los?»
    «Unter welchem Namen, Charles?»
    «Harker. Ist mir einfach so eingefallen. Mr. C. Harker.»
    «Warum haben Sie mich angerufen?»
    «Ich bin in Redhill und ein wenig beunruhigt. Dicks Onkel ist hier. Colonel...»
    «Bradley Farthing, ja und?»
    «Er sagt, er sei bevollmächtigt, unsere Sicherheits- und Geheimdienstmethoden zu untersuchen.»
    «Das trifft absolut zu. Netter Kerl. Ich habe mit ihm gesprochen.»
    «Ich wollte nur wissen, wie ich mich verhalten soll.»
    Danach folgte eine längere Pause, dann sagte Kell: «Seien Sie vorsichtig. Reden Sie über Allgemeines, über die technischen Aspekte. Gehen Sie nicht in Einzelheiten, nennen Sie keine Namen, erwähnen Sie keine Einzelfälle.»
    «Das ist alles, was ich wissen wollte. Bis Montag, Vernon.»

Kell hängte ein. Er ließ weder in diesem Moment noch in den folgenden Monaten eine Bemerkung über die Auffindung einer Leiche kurz vor Manchester an der Bahnlinie Glasgow-London fallen.
    Etwa um die gleiche Zeit, zu der man sich an jenem Freitagabend in Redhill zu Tisch setzte, bewirtete Giles Railton seinen Lieblingsenkel Roy in Eccleston Square.
    Denise hatte ihre Mahlzeit auf einem Tablett in ihr Zimmer genommen, sie brauchte seit ihrer Rückkehr viel Ruhe. Malcolm hatte das Haus verlassen; er war als Offizier zur Marine beordert worden.
    Nach dem Abendessen zogen sich Giles und Roy ins «Versteck» zurück. Sie blieben dort fast vier Stunden lang. Während dieser Zeit redete Giles fast ununterbrochen, und Roy beantwortete Fragen.
    «Bei all diesen Verhandlungen», sagte der alte Mann zu seinem Enkel, «darfst du nie vergessen, daß ich sie alle persönlich kennengelernt und lange und ausgiebig mit ihnen gesprochen habe - mit Uljanow, der neuerdings vorzieht, Lenin genannt zu werden, mit Kerertski, Trotzki, Swerdlow, Zinowiew und all den anderen, die in ihrem Kielwasser mitschwimmen. Gib acht, jeder von ihnen ist wie ein Haifisch, und die Führung kann innerhalb einer Sekunde wechseln.»
    Als der junge Mann das Haus verließ, sagte sein Großvater: «Roy, bald ist es soweit. Du bist bestens vorbereitet. Sollten sie dich so schnell fortschicken, daß ich dich nicht mehr sehe, wünsche ich dir alles Gute. Befolge meinen Rat, tu, was ich dir gesagt habe, und die Zukunft wird gesichert sein.»
    Wie sich heraussteilen sollte, würde Giles seinen Enkelsohn noch mehrmals sehen, bevor C ihm die Aufgabe übertrug, für die Giles ihn vorbereitet hatte. Roy pendelte mehrfach zwischen C’s Büro und dem «Versteck» in Eccleston Square hin und her.
    C’s Dienststelle konzentrierte ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr auf die Vorgänge in Rußland.
    Die Verwirrung innerhalb der Geheimdienste in London war fast ebenso groß wie die politische Unsicherheit in Rußland. Die Bolschewisten hatten ihr Hauptquartier nach Moskau verlegt, und Roy wartete täglich auf seinen Befehl, nach Rußland zu fahren. Er wies C mehrmals darauf hin, daß er genau für solch eine Eventualität ausgebildet worden sei. Aber C reagierte nicht.
    Eine britische Mission unter Führung von Bruce Lockhart kehrte Anfang Oktober 1918 nach England zurück.
    Zwei Tage später rief C Roy zu sich ins Büro.
    «Nun, mein Junge, Sie liegen mir schon wochenlang in den Ohren, daß Sie nach Rußland

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