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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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durch die Küchentür in ihres Vaters Haus einließ.
    «Ich kann dich hören, Padraig O’Connell», rief sie, erstaunt über den ruhigen Klang ihrer Stimme. «Du solltest dich schämen, eine verheiratete Frau zu besuchen, wenn sie allein im Haus ist.»
    Er lachte rauh und unfroh - das hohle Lachen eines Gespenstes hatte ihr Vater einmal gesagt, nachdem er bis zum Morgengrauen mit Padraig getrunken und über Politik geredet hatte.
    Er stand in der Eingangshalle am Fuß der Treppe, seine Kleidung war feucht vom Nieselregen, seine dunklen Augen blickten zu ihr hinauf, sein langes Haar war wirr, sein Mund lächelte - aber so wie sein Lachen war auch sein Lächeln hohl wie das eines Gespenstes, es erreichte nie seine Augen.
    «Wenn du Vater sprechen willst, er ist mit meinem Mann in der Stadt.» Sie stand auf der untersten Stufe, ihre schwarzen Augen blickten ihn kalt an.
    «Das weiß ich. Ich bin gekommen, weil dein Mann nicht hier ist und» - seine Stimme senkte sich um eine Note - «und auch nicht dein Vater, Bridget. Ich muß mit dir reden. Wo?»
    Sie wies mit einer Handbewegung auf den Salon, und er ging ihr voraus, als gehöre ihm und nicht ihrer Familie das Haus.
    «Du weißt, warum ich gekommen bin?» Er wandte sich zu ihr um, als sie die Tür hinter ihm schloß.
    «Wenn du’s mir sagst, werde ich es wissen, obwohl ich, um ehrlich zu sein, es lieber nicht wissen würde.»
    «Spricht man so zu einem Jugendfreund?»
    «Ich möchte dich nicht mehr sehen, Padraig, weder dich noch deinesgleichen. Du weißt, was ich meine.»
    Er nickte, und sie dachte, daß eine greifbare, innere Ruhe von diesem Mann ausging. Die Ruhe der Gewißheit, der Zielstrebigkeit. «Ich weiß genau, was du meinst, Bridget, aber du kannst dich deinen freundschaftlichen und patriotischen Verpflichtungen nicht entziehen. Die nächsten Jahre mögen friedlich dahingehen, obwohl ich daran zweifle. Und deshalb muß ich mit dir reden.» Er legte seine knochige Hand auf ihren Arm, und sie dachte, daß alles dürr an ihm war, angefangen von seinem Lachen bis zu seinem Körper, sogar sein Atmen war flach und sparsam. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, aber er hielt sie fest. «Dein englischer Mann hat das Gut Glen Devil gekauft, was nur eins bedeuten kann: daß du zurückgekommen bist und hier wohnen wirst.»
    «Vielleicht werden wir einen Verwalter anstellen», log sie.
    «Du lügst. Dein Mann will Glen Devil selbst bewirtschaften. Und jetzt höre mir gut zu, denn ich will mit dir über dein Volk, dein Land reden. Du weißt, was vor sich geht?»
    «Ich kann es mir denken.»
    «In den nächsten Jahren wird es geschehen, Bridget. Wir steuern auf eine Krise zu. Wenn im Parlament die irische Selbstregierung erzwungen wird, dann werden sich die Protestanten auflehnen. Man sagt an allen Ecken in Dublin und in Belfast, daß die Protestanten in Irland eine eigene Regierung bilden wollen, wenn der Gesetzentwurf angenommen wird. Wir haben es schon früher gehört. Schon der pockennarbige Vater des jetzigen britischen Innenministers Lord Randolph Churchill hat vor langer Zeit gesagt: »
    «Ich interessiere mich nicht für Politik.»
    «Ach, nein? Aber er hat es gesagt, und sie werden sich wehren, nur nicht zu Recht. Ein geeintes Irland, das sich selbst regiert, sein eigener Herr ist, das ist Recht.» Dann wieder sein hohles Lachen, als er gälisch sprach: «Sinn Fein - nur wir allein.»
    «Nur wir allein!» Bridget lachte ihm ins Gesicht. «Und was erwartest du, daß nur wir allein tun? Alle Protestanten totschlagen, hier und in den neun Grafschaften? Die Briten umbringen, die Soldaten abschlachten, um selbst abgeschlachtet zu werden?»
    Er verstärkte seinen Griff auf ihrem Arm. «Wie immer es ausgeht, die Sache muß geklärt werden, und zwar bald, in den nächsten Jahren. Vielleicht noch eher. Hör mir zu. Wenn der Gesetzentwurf angenommen wird, dann haben wir endlich das erreicht, was wir immer wollten. Aber es wird Schwierigkeiten geben, Kampf und Totschlag. Aber wenn er abgelehnt wird, werden die Republikaner rebellieren und die Republik von sich aus errichten. Die Stimmung ist auf dem Siedepunkt angelangt, es brodelt überall...»
    «Und du und deinesgleichen, ihr werdet alles dazu tun, daß der Topf überkocht. Nicht wahr?»
    «So ist es. Der Haß flackert erneut auf. Waffen werden hereingebracht. Wenn das Gesetz wirksam wird, geht der Kampf los, und wenn nicht, bricht

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