eine Elfenromanze
Halbelfe hätte letztendlich doch noch gekniffen und wäre davongelaufen. Doch dann fand er sie vor der Kutsche zwischen den Pferden. Sie streichelte abwechselnd ihre kräftigen Hälse und redete auf sie ein. Eines der Tiere rieb freundschaftlich seine Nase an ihrem Kleid, doch Selina störte sich nicht daran.
Harras trat kopfschüttelnd näher. Das versprach, ein interessanter Abend zu werden.
„Sie sind wunderbar“, flüsterte Selina ehrfürchtig, als sie den Krieger hinter sich bemerkte. „Sie sind so elegant und stolz!“
„Es sind Vollblutstuten“, erklärte Harras. „Die fuchsfarbene heißt Irisera und die schwarze Ranora.“
„Irisera“, flötete Selina und kraulte das Pferd auf der Stirn. Ranora, die sich vernachlässigt fühlte, gab ihr einen auffordernden Stups in die Seite. Selina lachte auf und legte ihre andere Hand auf die samtene Nase der Rappstute.
„Ja, sie ist leicht eifersüchtig“, behauptete Harras.
„Sie ist wunderschön“, sagte Selina bewundernd. Ranora bog anmutig den Hals, als habe sie das Kompliment verstanden und wollte die Aussage noch unterstreichen.
Harras nickte lächelnd. „Und eitel wie ihr Herr!“
Selina warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Sie gehört Liones“, erklärte er grinsend.
Selina zog abrupt ihre Hand von der Stute zurück – gerade so, als sei sie gebissen worden.
Harras bemerkte es wohl, beschloss jedoch, dass er kein Recht hatte, sie auf ihre offensichtliche Furcht vor seinem Herrn anzusprechen.
Als die Halbelfe fortfuhr, die Pferde zu liebkosen, meinte er schließlich: „Entschuldigt! Doch um einzusteigen, müsst Ihr ans andere Ende der Kutsche.“
Selina nickte betrübt.
Der Krieger ging die Längsseite des Gespanns entlang und bezog neben dem kleinen Trittbrett Stellung, um der Halbelfe beim Einsteigen behilflich zu sein. Doch Selina war indes auf der anderen Seite um die Kutsche herumgelaufen und sprang leichtfüßig auf das Gefährt. Harras quittierte es mit einem Achselzucken. Er band die Pferde los und nahm auf dem Kutschbock platz. Gemächlich setzte sich der Zweispänner in Bewegung.
Klappernd holperte die Kutsche über die Schlaglöcher der Straße, die Färbergasse entlang und weiter in die Gerberstraße. Leute sprangen eilig zur Seite, um dem Zweispänner Platz zu machen, nur um dann aus sicherer Entfernung neugierig die Hälse vorzustrecken und zu schauen, wer da in diesem noblen Gefährt, auf dem gut erkennbar das Wappen der Familie Emnesthar aufgemalt war, des Weges fuhr.
Selina duckte sich nervös auf der komfortabel gepolterten, rückwärtigen Bank der Kutsche. Sie wich bewusst den Blicken der Gaffer aus. Sie fühlte sich alles andere als wohl in ihrer Haut.
Harras merkte, wie sie unruhig hin und her rutschte. Eigentlich hatte er vorgehabt, den Weg quer durch die Stadt zum Südtor zu nehmen und von dort aus die direkte Straße zum Anwesen der Grafschaft. Doch für gewöhnlich pflegten sich seine Fahrgäste in der Aufmerksamkeit der Leute zu suhlen. Die meisten trugen mit Stolz zur Schau, dass sie in adeligen Kreisen verkehrten. Der Halbelfe jedoch schien es vielmehr unangenehm. Deshalb wendete Harras das Gespann und schlug die Straße nach Norden ein. Das Stadttor war nicht weit entfernt und auch, wenn der Weg um die Außenbefestigung Ametars eine längere Strecke darstellte, so würden sie doch schnell vorankommen.
* * *
Als sie das Nordtor passierten, sank die Sonne soeben zum westlichen Horizont nieder. Die weite Ebene, die sich vor ihnen erstreckte und nur in dunstiger Ferne von einigen niederen Hügeln unterbrochen wurde, glühte in rotem Licht. Das frühe Getreide, das auf den Feldern hoch stand, schien in Flammen aufzugehen. Einige wenige Dunstschleier zogen über den türkisfarbenen Himmel. Sie waren in kräftiges Rosa und dunkles Violett gefärbt. Im Osten blinkte zaghaft ein erster Stern.
Selina sog genießerisch die frische Abendluft ein. Sie war erleichtert, den sensationslüsternen Gaffern entkommen zu sein. Und der Anblick des weiten Landes erfüllte ihr Herz mit Freude. Nach über zwei Wochen hatte sie nun erstmals wieder die engen Straßen Ametars hinter sich gelassen. Ihr war, als wären beklemmende Fesseln von ihr abgefallen.
Harras sah über die Schulter und beobachtete neugierig den Wandel, der sich in der Halbelfe vollzog. Selina duckte sich nicht länger verschreckt auf der Rückbank. Ihre Augen leuchteten vor Lebenslust. Ein vergnügtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Harras wandte
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