Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
Konnte man daraus schließen, daß der Täter eine Frau oder ein Jugendlicher war? Oder daß der Täter das Netz nur mit einer Hand gehalten hatte, um sein Opfer mit der anderen zu erstechen?
    Emmerick war nicht besonders groß gewesen, sogar noch etwas kleiner als Peter, und Peter war beileibe kein Riese. Emmerick war etwa ein Meter siebzig, schätzte er, ungefähr so groß wie Winifred Binks. Allerdings wog er bestimmt zwanzig oder dreißig Pfund mehr als sie, denn ihre zumeist vegetarische Lebensweise hielt sie schlank, auch wenn die Muskeln, die sie ihren Kletterübungen verdankte, sie weitaus kräftiger aussehen ließen, als sie in Wirklichkeit war. Emmerick wirkte nicht sonderlich muskulös, wahrscheinlich wäre er gar nicht in der Lage gewesen, sich großartig zu wehren, selbst wenn er sich nicht in dem Netz verfangen hätte. Leicht zu erstechen, dafür aber vielleicht schwer zu halten.
    Und wenn schon? Peter schlief schließlich doch noch ein und hatte einen unangenehmen Traum, in dem Emory Emmerick in Miss Binks' Hirschlederkluft von einem nicht identifizierbaren geistesabwesenden Professor mit einem Elritzenmesser durch die Wälder gejagt wurde. Er wachte mit verquollenen Augen und brummendem Schädel auf und fragte sich, warum die Sonne so hoch stand und Helen nicht neben ihm lag. Dann hörte er sie unten im Haus mit jemandem reden und erinnerte sich wieder.
    Es war erst halb neun, wenigstens hatte er nicht den ganzen Morgen verschlafen. Nicht daß es sonderlich schlimm gewesen wäre, schließlich war Samstag, doch er würde jetzt trotzdem aufstehen. Glücklicherweise fühlte er sich nicht gezwungen, Miss Binks beeindrucken zu müssen, denn sie hatte ihn bereits in bedeutend schlechterer Verfassung gesehen. Vier Minuten später saß er unrasiert, aber frisch geduscht und mehr oder weniger ordentlich angezogen unten bei den beiden Frauen, trank seinen ersten Kaffee und kehrte allmählich wieder zu den Lebenden zurück.
    Normalerweise machte Peter immer das Frühstück, heute jedoch übernahm Helen das Regiment am Herd. »Soll ich dir ein Ei pochieren, Schatz ? « erkundigte sie sich. »Winifred und ich essen auch eins. Pro Person, meine ich natürlich. Vielleicht solltest du besser zwei essen, um dich für den Tag zu wappnen.«
    »Warum das?«
    »Keine Ahnung, aber es wird sicher nicht lange dauern, bis man dich wieder eingespannt hat. Mich wundert nur, daß Thorkjeld noch nicht angerufen hat, um sich zu beschweren, daß du noch nicht herausgefunden hast, wer Mr. Emmerick erlegt hat. Was für eine absurde Art, jemanden umzubringen! Hältst du es für möglich, daß es sich dabei um einen Streich gehandelt hat, der außer Kontrolle geraten ist?«
    »Ein schöner Streich! Jemandem ein Jagdmesser mitten in die Medulla oblongata zu bohren.«
    »Du kannst nicht mit Bestimmtheit sagen, daß es ein Jagdmesser war. Könnte es nicht sein, daß die Person, die das Netz hochzog, zufällig einen scharfen Gegenstand in der Hand hielt, etwa einen -«
    »Stockdegen?« schlug Peter vor.
    »Genau! Ich sehe schon, du bist heute wieder einmal in Hochstimmung.«
    »Ganz wie du meinst, Liebste. Dürfte ich dich um die Marmelade bitten? Und die Butter?«
    »Aber natürlich, mein Herz. Hättest du vielleicht gern auch noch ein Scheibchen Toast als Unterlage?«
    »Nach dem Toast wollte ich gerade fragen«, sagte Peter mit dem letzten Rest von Würde, den er in seinem gegenwärtigen Zustand aufbringen konnte. »Ich bitte darum. Um auf die Frage zurückzukommen, warum Emmerick erstochen wurde: Ich würde vorschlagen, wir warten den Obduktionsbericht ab. Verflixt und zugenäht ! Ich hätte mir gern den Baum noch einmal angesehen, aber ich befürchte, daß Haverford, oder wer auch immer ihn abgelöst hat, schon längst mit einem ganzen Aufgebot draußen ist. Ich wüßte nur gern, ob schon jemand daran gedacht hat, die Meadowsweet Con-struction Company davon in Kenntnis zu setzen, daß sie einen ihrer Ingenieure verloren hat.«  
    »Ist es dazu nicht noch ein wenig früh?« fragte Miss Binks. »Sind die Büros nicht erst ab neun Uhr geöffnet?«
    »Ich glaube, das hängt ganz vom jeweiligen Unternehmen ab. Bauarbeiter fangen immer schon recht früh an, vielleicht sind die Büros dort daher auch schon früher besetzt? Wie dem auch sei« -Peter warf einen Blick auf die Küchenuhr -, »es ist schon fast neun, möglicherweise ist ja schon jemand da. Bleibt nur zu hoffen, daß sie samstags morgens überhaupt arbeiten.«
    »Aber es ist doch

Weitere Kostenlose Bücher