Eine fabelhafte Liebesgeschichte (German Edition)
Es fühlte sich sehr merkwürdig an. Wie unglaublich klein seine Höhle war im Vergleich zu all dem, was wahrscheinlich kommen würde. Er fühlte sich wie ein Entdecker oder Abenteurer, dann kurze Zeit wie ein Wahnsinniger und gegen Ende wieder wie er selbst.
Die Maus hatte auch sehr wenig eingepackt. Wesentlicher Bestandteil davon war ihr Kompass aus der Tortenkiste. Die Nadel spielte total verrückt. Sie zeigte in alle Richtungen gleichzeitig, wenn das überhaupt möglich war.
„Ok. Wohin wollen wir?“ fragte der Tiger
„Bärlin, Mailand oder Paris?“
„Paris waren wir schon! Lass uns nach Bärlin gehen!“ zwinkerte der Tiger der Maus entgegen.
Die Maus schaute ihn verdutzt an und änderte dann die Laufbahn Richtung Norden.
Ohne richtiges Ziel liefen die beiden einfach los. Ab und an nahm die Maus ihren kaputten Kompass zu Rate, doch die Nadel gab einfach keine konkrete Richtung an. Der Tiger fühlte sich ein bisschen unwohl mit dieser Navigation. „Wohin gehen wir heute?“ fragte der Tiger
„Wo uns die Welle hintreibt.“ antwortete die Maus grinsend.
„Achja, ich bin übrigens ein sehr schlechter Schwimmer! Ich hoffe, das schränkt unsere Reise nicht ein.“
Daraufhin gab die Maus dem Tiger einen kräftigen Rempler.
Eine ganze Weile waren die beiden Reisenden unterwegs. Sie genossen ihre wundervolle Umgebung. Flüsse, Wälder und Berge kamen und gingen. Eine total bekannte Gegend- ihre Heimat eben. So wie sie eingerahmt über dem Küchentisch einer Großstadtbehausung hängen könnte. Oder über einem Bett in einer kargen Wüstenlandschaft. Für ihre Bewohner war die Schönheit dieser Landschaft total unscheinbar. Fast langweilig. Über deren Küchentischen hingen Bilder von Stränden, Palmen und Meer. Keine grünen Wälder und schneeweißen Berge.
Erst wenn man die Heimat durch andere Augen sieht, erkennt man wie schön sie ist. Die Maus hatte ein solches Auge durch ihre zahlreichen Reisen erhalten. Sie wollte es dem Tiger vermitteln.
„Riechst du diesen wundervollen Duft hier im Wald? Ich liebe es hier zu dieser Jahreszeit!“
Die Maus mochte es, dem Tiger Dinge beizubringen.
Während die beiden einfach der Nasenspitze folgten, schlug plötzlich die Nadel des Kompasses aus. Wie durch Geisterhand zeigte sie nach Nordosten und behielt diese Richtung bei. Genau in dieser Richtung stand ein Schimpanse und beobachtete die Reisenden. In gebückter Haltung suchte er den Blickkontakt. Wer das wohl war? Und warum zeigte der Kompass genau in seine Richtung?
Die Maus erkannte das Tier und versuchte sich ein bisschen hinter dem Tiger zu verstecken. Doch der aufmerksame Affe hatte die Maus bereits entdeckt. Scheinbar hatte er die beiden gesucht.
„Dein Vater schickt nach dir! Er würde dich gerne bei seinem Fest sehen.“
Eine wirklich ungewöhnliche Situation, die besonders den Tiger sehr verwirrte.
„Wenn du sofort wieder gehst, sage ich ja.“ sprach die Maus.
Der Schimpanse nickte und verschwand irgendwo in den Baumkronen der nebenliegenden Birke.
„Diese Welle wollte ich vermeiden. Aber wie es aussieht braucht mein Vater wieder ein reines Gewissen.“
Die Maus mochte ihren Vater nicht. Sie hatte ihn schließlich noch nie wirklich erwähnt.
„Mein Vater ist ein sehr wohlhabendes Tier. Vielleicht hast du bereits von ihm gehört. Übrigens ist sein Heim einer der wenigen Orte mit einer schwarzen Stecknadel auf meiner Karte!“
„Aber wir haben ein Ziel!“ ergänzte der Tiger.
Die Maus erzählte dem Tiger einige Geschichten über ihren Vater. Sie mochte es nicht über ihn zu reden, doch sie fühlte sich verpflichtet ihn ein bisschen aufzuklären.
„Vergiss nur den starken Händedruck nicht!“
„Ich gebe mein bestes.“
Immer, wenn die Maus nicht hinschaute, übte der Tiger mit seinen beiden Händen einen starken Händedruck.
„Immer vorbereitet sein.“ sagte ihm sein Pinguin Onkel in seinem Gedächtnis.
Die Maus änderte die Laufrichtung der Sonne entgegen.
Ein weiterer Papierschnipsel kam ins Gedächtnis des Tigers.
Geburtstagszeremonie
Die erste Station ihrer Reise war ein Geburtstagsfest. Eine gesellige Runde, ohne jegliche Reiseromantik. Der Vater der Maus war ein Orang-Utan weit mächtiger, als der allerorts bekannte King Lui. Schon vor vielen Jahren hatte er sich einen unerschöpflichen Reichtum erarbeitet, der ihn zu einem höchst privilegierten Tier machte. Wie es dazu kam behielt die Maus für sich. Er scheint sein Ruhm jedoch selbst geschaffen zu haben,
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