Eine fast perfekte Lüge
sich schon mit einem Sandwich begnügen.
7. KAPITEL
J onah stand an seinem Schlafzimmerfenster und beobachtete zwei Gärtner, die unten im Garten der Blaine-Villa den Rasen mähten. Ein dritter jätete in einem Blumenbeet Unkraut, während ein vierter eine Heckenschere schwang. Jonah lehnte sich näher an die Scheibe und überlegte, welcher der Männer wohl der sein mochte, der sich als Felipe Sosa ausgab und was Ruger und seine Leute inzwischen über ihn herausgefunden hatten. Er hatte bereits mehrmals nachgefragt, aber Ruger hatte sich bisher stets bedeckt gehalten.
Nachdenklich legte Jonah die Stirn in Falten und schob seine Hände in die Hosentaschen. Die letzte Nacht war die Hölle gewesen, und je länger er hier mit Macie zusammenbliebe, desto schwerer würde es ihm fallen, sie wieder zu verlassen. Er musste sich eingestehen, dass sie ihm unter die Haut gegangen war. In ihrer Anwesenheit fühlte er Dinge, die er seit Jahren nicht mehr gefühlt hatte. Und dann war da auch noch sein Sohn. Er wagte sich nicht einmal vorzustellen, was Evan erdulden musste. Er durfte es sich nicht vorstellen. Konnte es nicht. Weil er bei dem, was getan werden musste, unbedingt einen klaren Kopf brauchte.
Er beobachtete, wie der Gärtner, der die Hecke schnitt, eine Pause einlegte, um seinen breitkrempigen Strohhut abzunehmen und sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn zu wischen. Jetzt erkannte Jonah in ihm den Mann von dem Video – der Mann, der sich Felipe Sosa nannte. Dass er immer noch hier war, konnte nur eines heißen: Calderone betrachtete sich als allmächtig. Kontrolle bedeutete diesem Mann alles, und dafür war er bereit, jeden zu opfern. Wenn dieser Betrüger da unten im Garten auch nur ahnte, wie austauschbar er war, wäre er wahrscheinlich sofort nach der Entführung untergetaucht. Bis jetzt wusste man noch nicht, was für eine Rolle er bei dem Überfall gespielt hatte, aber Jonah war sich sicher, dass es eine tragende gewesen war. Schon allein aus diesem Grund hätte er ihn am liebsten sofort zur Rede gestellt. Aber das würde nicht helfen, Evan zu finden.
Trotzdem, Jonah hatte immer noch einen Trumpf in der Hand.
Sich selbst.
Er war bereit, Ruger noch eine Frist von achtundvierzig Stunden einzuräumen; wenn bis dahin keine greifbaren Ergebnisse vorlägen, würde er die Angelegenheit in seine eigenen Hände nehmen.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn in seinen Überlegungen. Er drehte sich um und rief: „Herein.“
Es war Macie. Sie war blass, ihr Gesicht wirkte verschlossen. Sie trug ein schwarzes, bis zu den Knöcheln reichendes Kleid aus einem durchsichtigen Stoff mit einem ebenfalls schwarzen Unterkleid und flache Riemchensandaletten. Das kupferrot leuchtende Haar fiel ihr offen über die Schultern und rahmte ihr Gesicht ein, das bis auf einen sparsam aufgetragenen bronzefarbenen Lippenstift ungeschminkt war.
„Du siehst schön aus“, sagte Jonah. „Was gibt’s Neues?“
„Ich habe mit Chicago telefoniert und versucht, einige Probleme zu klären, die sich mit der Firma ergeben haben. Das ist auf die Entfernung nicht ganz einfach, aber vorerst wird es gehen.“
„Was für eine Firma?“
„Ich habe ein Importgeschäft. Es macht viel Arbeit, aber es lohnt sich.“
Jonah musterte sie mit neuem Respekt. „Das wusste ich nicht“, sagte er. „Glück für dich.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Von mir aus können wir jetzt fahren. Ich bin so weit.“
Jonah war immer noch so von ihrer Erscheinung in Anspruch genommen, dass es einen Moment dauerte, bis er sich wieder erinnerte. Richtig, das Krematorium. Sie wollte heute Felicitys Asche abholen.
Oh Gott, musste das auch noch sein? Aber ihnen blieb nichts anderes übrig, als es hinter sich zu bringen. Er ging auf sie zu und blieb so dicht vor ihr stehen, dass er hörte, wie sie Atem holte. Sie duftete nach Gardenien, und jetzt aus der Nähe sah er, dass sie geweint hatte.
Obwohl er wusste, wie gefährlich dies war, fuhr er ihr mit einem Finger übers Gesicht, dann stieß er einen Seufzer aus und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Als er ihr leises Aufschluchzen hörte, hätte er ihr gern etwas Tröstliches gesagt, doch ihm fiel nichts ein, außer den alltäglichen Dingen.
„Ruger gibt uns zwei Leute mit.“
Sie nickte.
Er zögerte einen Moment, dann fragte er: „Macie?“
Sie schluckte, immer noch um Fassung ringend. „Ja?“
„Du musst das nicht allein durchstehen. Lehn dich einfach an mich, ich halte dich.
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