Eine fast perfekte Lüge
dieses Mannes, dessen Schatten ihn seit Jahren verfolgte, verantwortlich war. Übelkeit stieg in ihm auf, während er sich sehnlich wünschte, nicht so hilflos ans Bett gefesselt zu sein.
„Was zum Teufel macht er hier?“
„Er versucht seinen Sohn zu finden“, sagte Macie.
Declyn knirschte mit den Zähnen. Er hatte noch nie in seinem Leben eine Frau geschlagen, aber jetzt konnte er sich nur mit Mühe zurückhalten. „Dazu hattest du kein Recht.“
„Falsch, Sie gewissenloser Dreckskerl, Sie hatten kein Recht, mir meinen Sohn vorzuenthalten“, erwiderte Jonah.
Declyn wurde noch bleicher.
„Du hast versprochen, draußen zu warten“, sagte Macie.
Jonah warf ihr einen warnenden Blick zu, um ihr zu bedeuten, ihm nicht in den Rücken zu fallen. „Ich habe Gebrüll gehört“, meinte er.
Sie holte Luft, als ob sie etwas sagen wollte, aber dann fuhr sie sich nur mit den Händen durchs Haar und schloss für einen Moment die Augen.
Declyn starrte Jonah immer noch fassungslos an. Er war intelligent genug, um zu begreifen, dass zwischen seiner jüngeren Tochter und diesem Mann irgendetwas vorging. Leise fluchte er in sich hinein.
„Würden Sie das noch einmal lauter wiederholen, oder sind Sie zu feige dazu?“ fragte Jonah.
Declyn wurde wieder rot vor Zorn. „Da Sie meine ältere Tochter nicht bekommen haben, sind Sie in mein Leben zurückgekehrt, um meine jüngere ins Bett zu zerren. Wagen Sie nicht, das zu bestreiten. Ich bin nämlich nicht beschränkt.“
Empört schnappte Macie nach Luft, doch Jonah lachte nur.
„Wie man an Evan sieht, habe ich Ihre ältere Tochter sehr wohl bekommen. Aber Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich sei aus freien Stücken in Ihr Leben zurückgekommen, denn dafür sind Sie mir viel zu gleichgültig. Und was zwischen mir und Macie ist, geht Sie nichts an. Und noch in einem anderen Punkt muss ich Ihnen widersprechen. Sie sind nicht nur beschränkt, sondern ein Vollidiot. Diese Lüge, diese perfekte kleine Lüge, zu der Sie Felicity überredet haben, hat Ihre Tochter das Leben gekostet und Ihre ganze Familie in tödliche Gefahr gebracht.“
„Was? Ich? Wovon reden Sie eigentlich?“ platzte Declyn voller Zorn heraus.
„Haben Sie sich eigentlich noch nicht gefragt, warum für Evan bisher noch keine Lösegeldforderung eingegangen ist? Und hat Macie Ihnen nicht erzählt, dass man versucht hat, sie ebenfalls zu töten?“
Declyn war so verwirrt, dass ihm der Mund offen stehen blieb. Doch als er Macie anschaute, sah er, dass Jonah die Wahrheit sagte. „Davon hast du mir gar nichts erzählt …“
„Warum hätte ich mir die Mühe machen sollen?“ unterbrach sie ihn schroff. „Es hätte dich ja sowieso nicht interessiert.“
„Wenn es keine Lösegeldforderung gibt, kann es sich nur um einen Racheakt handeln“, schloss Declyn. „Natürlich habe ich mir im Laufe der Jahre den einen oder anderen Feind gemacht.“
„Na, ein bisschen Verstand ist Ihnen offenbar noch geblieben“, sagte Jonah. „Allerdings will man sich nicht an Ihnen rächen.“
Declyn runzelte die Stirn. „Was soll das heißen?“ fragte er.
Macie wurde klar, dass die beiden Männer ungeachtet des labilen Gesundheitszustands ihres Vaters entschlossen waren, sich zu zerfleischen. Und obwohl sie Jonahs Zorn verstehen konnte, stellte sie sich zwischen ihn und das Bett, in dem ihr Vater lag, um zu verhindern, dass mehr als Worte zwischen ihnen hin und her fliegen würden.
„Jonah kennt den Mann, der hinter dem Anschlag steckt“, sagte sie.
Declyn war wieder sprachlos. Schweigend starrte er erst Macie und dann Jonah an. „Stimmt das?“ fragte er nach einer Weile.
„O ja, es stimmt“, gab Jonah grimmig zurück. „Weil ich fälschlicherweise geglaubt habe, allein auf der Welt zu sein, habe ich mich für eine berufliche Laufbahn entschlossen, die ich als Ehemann und Vater nicht eingeschlagen hätte.“
„Wovon reden Sie?“ fragte Declyn. „Was für eine Laufbahn?“
„Jonah arbeitet für die CIA“, mischte sich Macie ein. „Als verdeckter Ermittler.“
Plötzlich verschwand der verächtliche Ausdruck aus Declyns Gesicht. Er hätte sich gern abgewandt, aber Jonah hatte offenbar Antworten auf Fragen, die ihn so beschäftigten, dass sie ihn fast um den Verstand brachten. „Was sagen Sie da?“
„Felicity musste sterben, weil Sie sich damals für die Lüge entschieden haben. Sie wurden wegen dieser Lüge angeschossen, und mein Sohn – von dessen Existenz ich bis vor ein paar Tagen keine
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