Eine fast perfekte Lüge
sagte sie.
„Ich weiß, Honey, aber es lässt sich nun mal nicht ändern. Möchtest du ins Krankenhaus fahren?“
Sie schwieg einen Moment, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich glaube, besser nicht. Nicht jetzt, solange es ihm so schlecht geht. Womöglich spürt er meine Anwesenheit irgendwie und regt sich wieder auf, und dann könnte alles noch schlimmer werden.“
„Wie du willst. Aber wahrscheinlich ist es wirklich besser so … zumindest im Moment.“
Macie nahm Jonahs Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Seine Haut war warm, sein Händedruck sanft und entschlossen gleichermaßen – genauso wie er selbst. Sie versuchte in seinem Gesicht zu lesen, aber er gab nichts von seinen Gefühlen preis. „Und du bleibst bei deinem Entschluss … dich Calderone auszuliefern?“
„Es ist der einzige Weg.“
Macie schlug die Decke zurück.
„Was hast du vor?“ fragte Jonah. „Es ist noch Nacht. Geh wieder zurück ins Bett.“
„Du erwartest von mir, dass ich schlafe, obwohl ich weiß, was du vorhast? Das ist absurd. Ich ziehe mich an, dann mache ich Frühstück.“
„Es ist drei Uhr morgens.“
„Hast du noch nie um diese Uhrzeit gefrühstückt?“
Er lächelte verschmitzt. „Ich habe schon alles gemacht, Baby, aber nicht mit dir.“
„Dann wird es höchste Zeit“, sagte sie und streckte die Hand nach ihrem Morgenrock aus.
Als um kurz nach vier Uhr morgens Collum McAllister eintraf, stellte Macie gerade die benutzten Teller in die Spüle. Ruger war immer noch nicht zurück. Jonah forderte McAllister auf, mit in sein Zimmer zu kommen, und als Macie bat, sie begleiten zu dürften, nickte er.
Collum McAllister arbeitete seit sechsundzwanzig Jahren bei der Firma und ging davon aus, dass er bereits alles gesehen hatte, was man in seinem Beruf sehen konnte. Er hatte schon mehr als einmal mit Jonah Slade zusammengearbeitet und war gern bereit gewesen, es auch diesmal wieder zu tun. Als Jonah ihn jedoch bat, ihre Pläne vorerst noch für sich zu behalten, reagierte er schockiert.
„Verdammt, Slade, das kommt mir irgendwie nicht richtig vor“, sagte Collum. „Was ist, wenn irgendwas schief geht? Dann haben wir keine Verstärkung vor Ort.“
Macie fühlte Panik in sich aufsteigen. „Jonah, vielleicht solltest du nicht …“ Sein Gesichtsausdruck veranlasste sie, ihren Satz nicht zu beenden. „Verzeih.“
Jonah wusste, dass sie Angst um ihn hatte. Er hatte ebenfalls Angst, wenn auch nicht davor, Calderone gegenüberzutreten. Ihm graute am meisten vor dem Gedanken, dass er seinen Sohn zwar finden würde, jedoch nicht in der Lage sein könnte, ihn aus seinem Gefängnis herauszubringen.
„Ich habe keine andere Wahl, Honey, das weißt du ganz genau. Und mit dem, was Collum mitgebracht hat, wird es klappen.“
„Aber warum willst du weder Ruger noch Carl etwas davon sagen?“
Er dachte an Carl French, mit dem er seit einer halben Ewigkeit befreundet war. „Carl würde ich es ja erzählen, aber er ist nicht da, und ich weiß nicht, wann er zurückkommt. Ich habe ihm zweimal auf seinen Anrufbeantworter gesprochen und ihn gebeten, mich anzurufen, aber bis jetzt hat er sich noch nicht gemeldet, und deshalb …“
Macie nickte. „Schon gut, entschuldige, dass ich mich eingemischt habe. Du bist der Profi, du musst es wissen. Ich mache mir nur Sorgen um dich.“
„Ich mir auch“, sagte Jonah. „Aber die größten Sorgen mache ich mir um Evan. Ich bin mir sicher, dass er noch lebt, obwohl wir keinen Beweis dafür haben. Und ich bin mir auch sicher, dass Calderone seinetwegen alles darangesetzt hat, um aus dem Gefängnis herauszukommen.“
Collum schaute ihn verblüfft an. „Calderone? Wieso? Ich denke, der ist tot?“
„Ich verwette meinen Kopf – und Evans –, dass er nicht tot ist, sondern sich irgendwo darauf vorbereitet, das, was er angefangen hat, zu beenden. Und ich muss ihn aufhalten, bevor er sich Evan vorknöpft.“
„Und was ist, wenn Calderone Ihnen bereits zuvorgekommen ist?“ fragte Collum.
Diesen Gedanken wollte Jonah erst gar nicht zulassen. „Was ist, wenn nicht?“ konterte er.
Collum grinste. „Genau das gefällt mir so an Ihnen“, sagte er, dann zog er seinen Aktenkoffer zu sich heran. „So, hier ist das Wunderwerk der Technik“, meinte er und nahm ein ganz normal aussehendes Oberhemd aus dem Koffer.
Macie schaute ihn verblüfft an. „Was soll er denn damit?“
Jonah lächelte. „Das ist ein ganz besonderes Oberhemd, richtig?“
Belustigt zog Collum
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