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Eine Feder aus Stein

Eine Feder aus Stein

Titel: Eine Feder aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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sarkastisch.
    »Schätze, das ist wahre Liebe«, fuhr sie fort. »Wenn ich meiner wahren Liebe begegnen würde, würde ich auch mit ihr zusammenbleiben.« Sie warf Jules einen Blick zu, doch er war damit beschäftigt, etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in ein Glas zu gießen.
    »Danke, Babe«, sagte Claire, als sie ihren Drink entgegennahm, und wandte sich wieder an Sophie. »Manon hat es ganz schön schwer. Sie und Richard … das ist doch zum Kotzen. Aber das mit dir und Manon, das ist gut. Ihr wirkt glücklich zusammen.«
    Sophie nickte und fragte sich, wie ehrlich Claire es wohl meinte. Seit einem schlimmen Streit 1931 hatten sie kein so persönliches Gespräch mehr geführt.
    »Ich glaube, ich statte Richard nachher einen Besuch ab.« Claire nahm einen tiefen Schluck und leerte fast das halbe Glas. »Richard und Luc.«
    »Gut.« Sophie leerte ihr Glas und stand erleichtert auf. »Danke dir, Jules, ich rufe dich später an. Schön, dich wiedergesehen zu haben, Claire. Ich bin sicher, wir laufen uns bald wieder über den Weg … ob wir wollen oder nicht.«
    Claire lachte bitter. »Was hältst du von Daedalus’ Plan, Sophie?«
    Das war eine sehr direkte Frage, eine, um die viele Mitglieder der Treize schon herumgeschlichen waren, ohne sie je wirklich auszusprechen.
    Achselzuckend ging Sophie zur Tür. »Ich muss noch ein wenig darüber nachdenken«, antwortete sie. »Ich weiß nicht, was genau er alles bereits ausgearbeitet hat, und ich will besser darüber Bescheid wissen, was danach passiert.«
    Jules nickte ihr zu – sie würden später darüber sprechen.
    »Danke.« Sophie öffnete die Tür. Die Sonne war gerade untergegangen, und etwas Magisches lag in der Luft, der alltägliche Zauber, wenn der Tag in die Nacht überging. Sie lief nach draußen, hinein ins magische Licht, zurück zu ihrem Auto. Ihr Besuch war ein kompletter Fehlschlag gewesen.
    Plötzlich begriff sie: Wenn Claire da war, dann war es Marcel wahrscheinlich auch. Beim Gedanken an ihn verzog Sophie das Gesicht. Sie wollte ihn nicht sehen. Es wäre, im Gegenteil, ganz wunderbar, wenn sie ihn nie wiedersehen müsste.

Kapitel 17
    Kein Platz für sie
    Wahrsagerei war eines der Teilgebiete, die Daedalus am wenigsten mochte. Sie war allenfalls unpräzise und im schlimmsten Fall sogar regelrecht irreführend. Und seiner Meinung nach auch kein amüsanter Zeitvertreib für einen Samstagmorgen. Eigentlich hatte er gedacht, Jules würde ihm bei diesem Zauber helfen, doch Jules war heute Morgen nicht ans Telefon gegangen. Da Claire jetzt bei ihm wohnte, waren die beiden wahrscheinlich unterwegs oder vielleicht hatte Claire auch das Telefon ausgesteckt.
    Verächtlich kräuselte Daedalus die Lippen. Wenn er nur irgendwie auf Claire hätte verzichten können, er hätte es sofort getan. Er hatte keine Ahnung, was Melita in ihr gesehen hatte, welchen Zweck sie hatte erfüllen sollen. In den vergangenen Jahrhunderten hatte sie immer wieder bewiesen, dass sie genauso unnütz und schwach war, wie sie ihm damals im Dorf vorgekommen war. Und jetzt war er für alle Zeit an sie gekettet, ja er befand sich sogar in der abscheulichen Lage, von ihr abhängig zu sein, sie für den Ritus zu brauchen.
    Also noch eine Sache, die Melita verbockt hatte, wobei dies zugegebenermaßen eins der geringeren Probleme war.
    Daedalus malte einen Kreis auf den Holzboden. Axelle war abends ausgegangen und bisher nicht zurückgekehrt. Vielleicht war sie mit Claire und ein paar der anderen Taugenichtse unterwegs, die er zusätzlich noch am Hals hatte. Richard oder Luc zum Beispiel. Daedalus mochte Richard, doch er machte sich keine Illusionen über ihn. Von der ganzen Treize war Richard wahrscheinlich der mit den niedrigsten moralischen Standards, derjenige, den der kleine, aber feine Unterschied zwischen Gut und Böse am wenigsten kümmerte. Luc hingegen kümmerte er durchaus, doch er war gewissermaßen gezwungen, immer und immer wieder die falsche Entscheidung zu treffen. Und dann davon gequält zu werden. Axelle wiederum war leicht zu beeinflussen, leicht zu führen, und tat immer gerne das, was ihr am zuträglichsten war, solange es sich nicht als zu beschwerlich erwies.
    Mit ein paar ruhigen und gleichzeitig zügigen Handgriffen stellte Daedalus die noch fehlenden Utensilien für seinen Zauber auf. Einen Zauber, den er über die Jahrzehnte bereits unzählige Male angewandt hatte, doch immer ohne Erfolg. Aber jetzt … jetzt mochten die Dinge anders liegen. Er fühlte es. Er

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