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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Händen und zog sie zusammen. Er brüllte voll wütender Verachtung und setzte mir seine Kraft entgegen. Feuer brauste zwischen uns, Qualm schwärzte die Spiegel an der Decke. Meine Vermutung war richtig gewesen, er hatte tun wollen, was er schon einmal getan hatte, das Tor in das Herz eines Vulkans öffnen. Endlose Sekunden verharrten wir so, vollkommen ausbalanciert, ein von Flammen umzüngeltes Tableau.
    Derweil spielte der Nodus um uns verrückt.
    Während ich drei Dinge auf einmal zu bewerkstelligen versuchte, nämlich nicht zu verbrennen, das Tor zu schließen und White außer Gefecht zu setzen, sah ich aus den Augenwinkeln das Foyer um uns Karussell fahren - Topfpalmen, Glastüren und Rezeption (dahinter Odile, stumm vor Entsetzen) flogen in einem wild kreisenden Strudel vorbei. Doch all das nahm ich nur am Rande wahr, ich konzentrierte mich auf White mit seinen vorstehenden Augen und seinem aufgedunsenen, bärtigen Gesicht, wie er vor mir sein Bakulum schwenkte und Haß und Verachtung aus jeder Pore schwitzte. Er haßte die gesamte Zunft der Magids, aber darüber hinaus auch mich persönlich, ganz speziell, nicht nur, weil ich ihm im Weg stand, sondern physisch, weil ich ich war. Und ich haßte ihn auf die gleiche Weise. Ich verabscheute ihn, dieses billige Klischee mit der albernen Kutte und dem Stab und seine melodramatische Taktstockmagie.
    Und ich war wütend, wütender als je zuvor in meinem Leben. Dieser niederträchtige Wicht mit seinem hemmungslosen Machthunger hatte vielleicht Maree auf dem Gewissen. Er hatte auf seinen eigenen Sohn geschossen. Er hatte drei unschuldige Kinder ermordet und versucht, Rob zu töten. Ich wollte ihn vernichten, aber einem Magid war es nicht erlaubt, mit seinen Kräften zu zerstören. Ich hätte schreien können vor Frustration! Und ihm war keinerlei Beschränkung auferlegt. Er zog sich in dem wirbelnden Foyer ein Stück von mir zurück und schleuderte mir aus seinem Stab einen Schwall Noxen entgegen, die bei mir Krebs auslösen sollten. Ich wischte ihn beiseite und dabei stellte ich fest, daß er auch dieses Mittel erst vor kurzem eingesetzt hatte. Ich dachte: Das hast du Derek Mallory angetan, nicht wahr? Und mein Zorn steigerte sich ins Unermeßliche.
    Ich schlug ihn mit einer Peitsche aus gleißendem Schmerz - wenigstens das war erlaubt -, und als er sich winselnd krümmte und taumelte, sandte ich eine extreme Stasis hinterher.
    Das Karussell hielt an; alle Dinge befanden sich wieder an dem Platz, wo sie gewesen waren, mehr oder weniger, und Gram White, starr und steif und etwas windschief, stand in der Mitte. Warum hatte ich das nicht gleich getan? Meine Stasis hatte den Nodus zur Ruhe gebracht, aber das Tor stand noch offen, ein schmaler, wabernder, rauchender Spalt. Ich schloß und versiegelte es. Ich reinigte die rußgeschwärzten Spiegel. Ich ersetzte die in der Hitze gesprungenen Marmorfliesen. Eine der Topfpalmen war umgekippt, ich stellte sie hin. Dann wandte ich mich Odile zu, die ebenfalls von der Stasis betroffen war. Ich nahm sie von ihr, sie rührte sich und schaute mich an, als hielte sie mich für einen entsprungenen Irren.
    »Haben Sie noch etwas Geduld«, sagte ich. »Ich muß diesem Mann ein geis auferlegen. Dann ist es vorbei.«
    »Sie müssen sich mit Ihrer Beschwerde an den Manager wenden«, erwiderte sie.
    Ein hoffnungsloser Fall.
    Das Problem bei einem geis besteht darin, daß man es laut aussprechen muß, in Hörweite dessen, gegen den der Bann gerichtet ist. Nicht anzunehmen, daß Gram White auf Abruf bereitstehen würde, bis ich mir Ort und Zeit ausgesucht hatte; es hieß: jetzt oder nie. Nun gut. Während ich mich fragte, was Odile wohl über das Folgende denken würde, ging ich zur Treppe zurück und ein paar Stufen hinauf, bevor ich mich White zuwandte und den lähmenden Bann etwas lockerte, damit er aufrecht stehen konnte und anhören, was über ihn verhängt wurde. Von meiner Kanzel hinab sagte ich:
    »Gram White, hiermit sei dir das geis auferlegt, daß du weder jetzt noch künftig Magie gleich welcher Art gegen Dinge oder Geschöpfe gebrauchen sollst, seien sie lebendig oder tot, unbelebt, körperlos oder in einem Stadium des Übergangs begriffen. Von diesem Augenblick an sei der Gebrauch und die Ausübung von Magie dir so fern, wie die Sonne fern ist von der Erde, und jeder Versuch, diesem Gebot zuwiderzuhandeln, wird deinen Tod zur Folge haben. Solltest du die Magie oder anderen Kräfte deiner Göttin im Dornbusch anrufen oder

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