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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Stühle und die Brandspuren wandern. »Wir wünschen den kommandierenden General Dakros zu sprechen«, sagte er.
    Dakros eilte zwischen zwei krummen Stuhlreihen hindurch, und als er in den von Rob und der Ehrengarde gebildeten Halbkreis trat, beugte er das Knie. Es wirkte völlig selbstverständlich. »Hier bin ich, Sire«, sagte er. »Vergebt mir. Nie hätte ich Euch gezwungen, nach Minderwärts zu kommen, wenn ich ... «
    »Wir kennen die Fakten. Ihr mußtet eingreifen«, unterbrach ihn Koryfos. »Wir sind gekommen, um Eure Aktionen zu legitimieren und Euch als Marschall des Reichs zu bestätigen. Aber diese Angelegenheit muß zu einem raschen Ende gebracht werden. Die Tatsachen erfordern, daß Wir ein zweites Mal gekrönt werden. Und dieser Kentaur ist Unser Erbe, auch sein Status muß ratifiziert werden. Also erhebt Euch und berichtet Uns dann, ob es Euch gelungen ist, die Verbrecher zu fangen, deretwegen Ihr hergekommen seid.«
    Dakros stand auf. »Jaleila wurde gefunden und zu Tode gebracht«, sagte er, »Gramos Albeck hingegen hält sich verborgen ... «
    Der alte/neue Kaiser unterbrach ihn mit einer kleinen Handbewegung. »Wir danken Euch. Wo ist Gramos Albeck?«
    Er schaute über die verstreuten Trüppchen staunender Menschen hin, und die Macht seines Auges zerrte Gram White buchstäblich aus seinem Versteck. Ich hatte so etwas noch nie erlebt. Ich wünschte, ich wäre als Magid nur halb so stark. Gram White kam hervorgekrochen, auf allen vieren, Stühle buckelnd, sichtlich gegen seinen Willen, doch er kam. Er schlurfte zwischen den Sitzreihen entlang und zwischen Leuten hindurch, die alle vor ihm zurückwichen, den Kopf gesenkt und Widerstreben in jeder Bewegung, doch er konnte nicht anders, als dem Ruf seines Herrschers Folge leisten. Ungefähr auf halbem Weg brachte er es fertig, in sein Gewand zu greifen und nach der Pistole. Koryfos schüttelte nur leicht den
    Kopf. Whites Gesicht verzerrte sich vor Wut, doch er zog die Hand zurück und setzte weiter marionettengleich Fuß vor Fuß, bis er sich auf gleicher Höhe mit mir befand. Dort blieb er stehen - die Willensanstrengung war so gewaltig, daß die Adern neben seinen Augen anschwollen - und schaute mich an.
    Ich konnte in seinem Gesicht lesen, was er dachte. Ich sagte: »Sei kein Narr!«
    Doch White hatte nichts zu verlieren. Obwohl er fast seine gesamte Kraft aufwenden mußte, um entgegen Koryfos’ Befehl stehenzubleiben, und am ganzen Leib zitterte, versuchte er noch einmal, ein Tor zu öffnen und mich zu entseelen. Das geis wirkte augenblicklich. Für mich sah es aus wie ein Herzinfarkt. Das Gesicht des Mannes färbte sich blaurot, seine Arme zuckten, dann krallte er die Hand in die Brust, als wäre der Schmerz so furchtbar, daß er nicht anders konnte. Er krümmte sich ein wenig zusammen. Bei all dem hielt er den Blick auf mich gerichtet und starrte mich herausfordernd an. »Siehst du?« sagte sein Blick. »Siehst du, was du mir angetan hast?« Er hoffte, ich würde mich für den Rest meines Lebens schuldig fühlen an seinem Tod. Manchmal kämpfe ich tatsächlich gegen ein Schuldgefühl an, aber im Grunde genommen hat er es sich selbst angetan. Davon abgesehen, Koryfos hatte nichts unternommen, um ihn zurückzuhalten. In gewisser Weise war es eine Exekution.
    White brach vor meinen Füßen zusammen. Während ich auf ihn hinunterschaute und dachte, wie wenig - aber Grundsätzliches! - einen lebenden Menschen von einem toten unterscheidet, hörte ich, wie Koryfos anordnete: »Die beiden Toten sollen zu dem hinteren Orlog gebracht und eingeäschert werden. Wir werden in dem vorderen Orlog die befaßten Personen in Audienz empfangen. Rupert.«
    Als ich den Blick hob, sah ich, daß mein ehemaliger Nachbar mich anschaute, und seine Miene war ebenso höflich wie sonst, wenn er kam, um sich eine Tasse Zucker zu borgen, und doch hätte der Unterschied nicht größer sein können. Diese Höflichkeit wirkte wie ein Rammstoß.
    »Wir werden Euch in Kürze rufen lassen«, sagte er. »Zunächst sagen Wir Euch nur Dank.«
    Er drehte sich um und schritt hinaus. Der Saal wirkte dunkler ohne ihn. Als die anderen, unter ihnen Dakros, sich ihm anschlössen, legte Rob mir die Hand auf den Arm und sagte leise: »Auch ich danke Euch.«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, wofür um alles in der Welt - den Welten - der eine oder der andere von ihnen mir danken sollte. Ich hatte nichts weiter getan, als herumzustolpern wie ein Elefant im Porzellanladen. Zu guter Letzt kam

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