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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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frühesten Erinnerungen sind die an uns beide, wie ich mich recke, um den Griff von Nicks plumpem, hohem Sportkarren zu fassen und ihn den Hügel zu den Downs hinaufzuschieben. Nach dem langen, anstrengenden Weg dort angekommen, nahm ich ihn heraus, und wir setzten uns ins Gras und dachten uns Geschichten aus. Meinen ersten richtig häßlichen Streit mit Janine hatte ich, als sie merkte, daß Nick lieber bei mir bleiben wollte, als mit ihr irgendwohin zu gehen. Sie warf mir vor, ich würde Nick Hirngespinste in den Kopf setzen. Ich wandte ein, Nick würde das meiste davon selbst erfinden. Sie sagte, durch mich könnte er nicht Realität und Phantasie auseinanderhalten. Und ich sagte, doch, das könne er durchaus, denn er wüßte, daß er sich mit ihr zusammen nur langweilen würde.
    Wahrscheinlich hilft es bei der Wiederbelebung der alten Freundschaft, daß Nick immer noch derselbe bemerkenswert hübsche Knabe ist wie damals, als ich ihn im Kinderwagen spazierenfuhr und alte Damen mich anhielten und sagten, was für ein süßes kleines Brüderchen ich hätte (und ich protestierte: »Er ist nicht mein Bruder, er ist mein Vetter.«). Nur, daß er heute ungefähr einen Meter größer ist und ich den Kopf zurücklegen muß, um ihm ins Gesicht zu schauen. Nick sagt, ich hätte mich auch nicht verändert. Er hat recht. Ich habe mit zwölf Jahren aufgehört zu wachsen. Und immer noch dasselbe runde Gesicht, wie ein schlecht gezeichnetes Herz auf der Valentinskarte eine Zweitkläßlers, und meine Nase ist auch nicht weitergewachsen, deshalb rutscht auch meine Brille immer noch wie früher. Derselbe Haarschopf undefinierbarer Farbe, derselbe Mangel an Figur. Außerdem habe ich, während ich bei Mum war, meinen Liebeskummer mit Essen zu bekämpfen versucht (ich dummes Huhn bildete mir ein, kalorienreduzierte Produkte wären dazu da, um zu verhindern, daß Leute dick werden), deshalb bin.ich jetzt nicht mehr nur pummelig, sondern richtig FETT. Ich habe eben noch einmal in den Spiegel geschaut und frage mich, was Robbie je an mir gefunden hat...
    ... mir gesagt, ich hätte die Fahrprüfung nicht bestanden. Kann ich vielleicht etwas dafür, daß Bristol so verwirrend ist? Es ist ungerecht von ihm, mich durchfallen zu lassen, nur weil ich die Orientierung verloren habe - oder lag es daran, daß ich rückwärts die Totterdown hinuntergerollt bin (ich glaube, die Steigung dort ist 15%), weil ich mich irgendwie nicht mehr erinnern konnte, wie Anfahren am Berg geht? Jetzt muß ich einen Monat warten, bevor ich die Prüfung wiederholen kann. Pah!
    Noch gehörig in Rage, stürmte ich in das Sekretariat der Fakultät Veterinärmedizin und verkündete, ich wolle zum Fach Philosophie wechseln. Sie sagten, ich stünde doch sehr gut und ob ich das ernst meinte. Ich sagte ja. Wenn sie sich einbildeten, ich würde hierbleiben und zusehen, wie Robbie Payne Davina Frostick anhimmelt, wären sie schief gewickelt. Sie sagten, das wäre kein vernünftiger Grund, das Studienfach zu wechseln. Ich sagte, es sei der einzig vernünftige. Sie wiegten die Köpfe und blätterten und tuschelten und meinten schließlich, es ginge frühestens nach Ostern oder vielleicht auch erst im Herbst, und sie hofften wahrscheinlich, bis dahin hätte ich meine Meinung wieder geändert.
    VON WEGEN. Während ich mich um Vater kümmerte, hatte ich mir die Fingernägel wachsen lassen. Jetzt gelobe ich, daß ich sie ein ganzes Jahr lang nicht schneiden werde. Man kann mich nicht zwingen, mit zehn Zentimeter langen Krallen Tiere zu verarzten. Ätsch.
    FRUST! Der Antrag für die Wiederholung der Führerscheinprüfung hat mich fast meine ganze restliche Barschaft gekostet. Ich mußte Onkel Ted sagen, ich würde alle sechs Monate mein Kostgeld bezahlen. Er war einverstanden. Er ist sowieso ziemlich reich, und Janine besteht nur aus Geld.
    Aber Gott, die zwei sind so langweilig!
    Ich kann verstehen, daß Nick sich jeden Abend in sein unterirdisches Reich verkrümelt. Bevor ich begriff, daß niemand etwas dagegen hatte, wenn ich unter dem Vorwand, zu arbeiten, ebenfalls früh Gute Nacht wünschte, verbrachte ich ein paar endlose Abende nach dem Essen mi t ihnen zusammen im Wohnzimmer. (Apropos Essen. Janine kocht nicht, muß man wissen. Ihr Gefrierschrank ist voll mit portionsweise abgepackten sogenannten Schlankheitsmenüs. Nick und Onkel Ted essen sie mit zwanzig Zentimeter hohen Bergen wiederaufbereiteter Kartoffeln. Janine und ich essen sie einfach. Jede Nacht liege ich mit

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